Читать книгу Krimi Paket Mörderisches Lesefutter im August 2021: 16 Romane - A. F. Morland - Страница 12
5.
ОглавлениеAnielda hockte in ihrem Büro und füllte Druckerpatronen mit farbiger Tinte auf. Sie hatte geschickte Hände und Posipil, der Ahnenforscher, versorgte sie mit den elektronischen Bauteilen, um die eingebauten Sperren in den Patronen zu überlisten. Seit Anielda im Fernsehen eine junge, arbeitslose Frau bewundert hatte, die ihr Geld damit verdiente, dass sie für andere Leute Stapel alter Fotografien ordnete und humorvolle Alben anlegte, war sie auch damit manchmal beschäftigt. Man durfte vieles über Anielda sagen, aber nicht, dass sie faul war.
»Sag mal, Anielda, als du das Haus Bismarckstraße 51 beobachtet hast, in das Lankenow gegangen ist, sind dir da irgendwelche verdächtige Typen auf gef allen, die ihm in das Haus gefolgt sind?«
»Nein. Warum fragst du?«
»Weil ich mir jetzt einmal das Haus und dann diese merkwürdige, stinkende Fabrik im Wald ansehen will.«
»Soll ich mitkommen?«
»Wenn du Zeit hast ...?«
Zum Schmierestehen war Anielda immer geeignet. Und weil sie etwas von Kramers Geschäft verstand, wehrte sie sich auch nicht, wenn er sie, weil von Passanten oder Hausbewohnern überrascht, plötzlich an sich zog und mit ihr die große, leidenschaftliche Liebesszene spielte, verlangte allerdings hinterher einen so genannten Knutschaufschlag, der sich gewaschen hatte.
»Fein. Dann holen wir die Piepser.«
Die Piepser waren Eigenbauten. Ein winziger Sender, den Anielda in einer Kleid oder Hosentasche verstecken konnte. Die Antenne bestand aus einem isolierten Draht, den sie unter ihrem Oberteil auf dem blanken Rücken trug. Das wichtigste Teil war ein großer, griffiger Druckknopf. Kramer trug einen Empfänger in der Jacke und einen Knopfhörer im Ohr. Wenn Anielda den Druckknopf drückte, summte es leise im Ohrhörer. Sie hatten einen simplen Code für alle möglichen Fälle verabredet, und sobald sie die Geräte gebraucht hatten, kamen die Akkus in das Ladegerät. Kramer holte aus dem Stahlschrank die Kamera und legte einen leeren Speicherchip ein. Währenddessen warf Anielda einen neugierigen Blick auf seinen Schreibtisch und entdeckte den kleinen Stapel von Anna-Bildern, die Denzel ihm gegeben hatte. Obenauf lag ein Bild von dem Mädchen im Badeanzug. »Ist das die verschwundene Anna?«
»Ja.«
»Du, die kennen wir, die haben wir mehrmals im Thermalbad in Dreschbach gesehen. Meistens in Begleitung einer Freundin, die kleiner ist, ein rundliches, noch sehr kindliches Gesicht hat und einen brünetten Lockenkopf.«
»Das ist die Freundin Gunda Simrock. Mit der habe ich schon gesprochen.«
Anielda kaute auf ihren Lippen. »Moment. Rolf, manchmal war noch eine Freundin dabei. Fast so groß wie Anna. Mit schulterlangen glatten, pechschwarzen Haaren und einem Teint, als sei ein Elternteil Südeuropäer.«
»Ich erinnere mich nicht. Wenn du sie morgen sehen solltest, darfst du sie anreden und zu mir auf die Decke verschleppen.«
»Dafür ein zweites Dessert!«
»Abwarten. Wenn sie nicht da ist, kein Dessert!«
»Bist du verrückt?«
»Lass uns lieber gehen. Ich muss schließlich das Geld für deine Fressorgien verdienen.« An Anieldas Orgien ärgerte ihn nicht nur das Geld, das er dafür opfern musste, sondern auch die Tatsache, dass sie Unmengen in sich hineinstopfen konnte, ohne dicker zu werden. Dagegen zeigte bei ihm die Waage schon ein Kilo mehr an, wenn er nur begehrliche Blicke auf die Speisekarte geworfen hatte.
Sie standen allein auf dem kleinen Parkplatz vor der Cosmas und Damian-Kapelle. Kramer packte Kamera, Dietriche, Handschuhe und die neu gekaufte Stablampe in einen Leinenbeutel, steckte sich den Knopf ins Ohr, Anielda machte eine erfolgreiche Probe, und dann riskierte er sein Leben beim Überqueren der Bismarckstraße. Das Haus Nummer 51 hatte seine besten Tage hinter sich, dagegen sah das Klingelschild ausgesprochen neu aus. Fünf Stockwerke mit je drei Mietparteien, wenn er sich nicht irrte. Kramer überflog die Namen. Keiner kam ihm bekannt vor. Das Haustürschloss konnte einem Profi nur ein müdes Lächeln entlocken. Vorsichtshalber machte Kramer von dem Klingelbrett eine Aufnahme, vielleicht brauchte er doch einmal alle Namen. Das Treppenhaus war geräumig, kühl und auffallend hell. Der Aufzug stammte aus vorindustrieller Einzelstückproduktion, das Schutzgitter mit goldglänzenden Ranken und Rosen quietschte mächtig, und als Kramer den Knopf neben der Ziffer Fünf gedrückt hatte, setzte sich der Käfig nach einem unangenehmen, Furcht einflößenden Ruck mit Gerumpel und Geschaukel in Bewegung. Wer es noch nie gewesen war, konnte hier drin seekrank werden. Wenn die Kabine an den Entriegelungsnasen für die Stockwerkstüren vorbeiglitt, knirschte und knackte es, als sollten überflüssige Teile abgebrochen werden. Bei dem mehr als gemächlichen Tempo konnte Kramer auf allen Etagen Stimmen und Alltagslaute hinter den Wohnungstüren hören. Die Fahrt endete im obersten Stock.
Kramer stieg aus und lauschte. Ganz normale Geräusche hinter den drei Wohnungstüren. Für alle Fälle blieb er einige Sekunden vor jeder Tür stehen. Bewohnt, Radio lief. Jemand übte Gitarre. Die Treppe knarrte nicht. Im vierten Stock hing in einer Wohnung der Haussegen schief, ein Mann brüllte, eine Frau kreischte und zeterte, dann klirrte zerbrechendes Porzellan. Bei den Nachbarn klingelte nervtötend laut und ausdauernd ein Telefon, aber niemand nahm ab. Dritte und zweite Etage: nichts. Im ersten Stock bearbeitete jemand einen Schrank oder Tisch mit dem Hammer. Parterre laute Klaviermusik, der oder die musste aber selbst für den Fröhlichen Landmann noch viel üben. Kramer ärgerte sich: Was hatte er eigentlich erwartet? Dass irgendwo ein Schild oder ein Blatt Papier hing: Hier verkehrt der sexbesessene Apotheker Bernhard Lankenow aus Werlebach. Bitte zweimal klingeln.
Anielda hockte vergnügt im Auto und las Zeitung. Sie roch Kramers schlechte Laune und verkniff sich jede Frage und Bemerkung. Bis Kumberg wechselten sie keine zehn Worte. Dann dirigierte Anielda ihn in die Lesserstraße, die aus dem Ort hinausführte. Links und rechts wuchs Krüppelwald, nicht systematisch aufgeforstet, sondern verwildertes Acker und Weideland. Als der dunkle Backsteinklotz mit dem hohen Schornstein in Sicht kam, kurbelte Kramer ein Seitenfenster herunter. In der Luft lag tatsächlich ein ganz merkwürdiger Geruch, der an eine chemische Fabrik erinnerte, unangenehm stechend und zugleich fauligfeucht. Hinter dem Gebäude klappte eine Wagentür und Kramer fuhr rechts ran.
»Was ist los?«, zappelte Anielda.
»Da ist jemand, der sich wie wir für den Bau interessiert«, sagte Kramer leise. »Ich schau mal nach. Neugierige verwundern mich immer. Du schlägst Alarm, falls noch jemand auftaucht.«
Wie ein Indianer schlich er an dem Gebäude vorbei, durch Brennnesseln und hohes Gras. An der ersten Ecke streckte er vorsichtig den Kopf vor. Nichts zu sehen und nichts zu hören. Wahrscheinlich stand das Auto auf der anderen Seite des alten Bauwerks. Hier war der Boden übersät mit Scherben und feuchten, glitschigen Kartonresten, über die man wie auf einem Seil balancieren musste. An der nächsten Ecke wartete Kramer zwei Minuten. Keine neuen Geräusche. Er riskierte erneut einen Blick. Tatsächlich ein Pickup, von oben bis unten verdreckt. Kramer hatte Mühe, das Kennzeichen zu lesen. Der unangenehme chemische Geruch war stärker geworden. Ein Mann in einem Monteuranzug hatte Kisten, Säcke und Tonnen von dem Pickup abgeladen und baute nun eine erste Fuhre auf einer Sackkarre zusammen. Direkt neben dem Kleintransporter schien eine breite Tür in das Gebäude offen zu stehen. Kramer hörte ein merkwürdig knirschendes Geräusch; es klang wie eine riesige Kaffeemühle in Betrieb. Der Mann schnappte sich die Sackkarre und schob damit los. Kramer wartete und wagte es nicht, ihm zu folgen. Die Jalousien, von denen Anielda berichtet hatte, waren hochgezogen, drinnen musste es hell genug sein, um jeden zu erkennen, der sich hineindrückte.
Nach etwa drei Minuten kehrte der Mann im Monteuranzug mit der leeren Karre zurück, um den Rest seiner Ladung in die Fabrikhalle zu transportieren. Unter der Tür erschien ein anderer Mann mit einer ulkigen Ballonmütze und rief: »Soll ich mit anfassen?«
»Nein, räum lieber im Lager auf. Nachher, wenn wir die Gasflaschen anschließen müssen, kannst du helfen.« Neben der Tür standen vier mannshohe, rote Stahlflaschen mit ExplosivWarnzeichen.
Ballonmütze rief laut: »Geht in Ordnung«, und verschwand wieder im Inneren des Baus.
Der Fahrer verstaute den Rest auf der Sackkarre und Kramer musste sich entschließen: draußen bleiben oder einen Blick in das Gebäude wagen? Als Monteuranzug in dem Bau
verschwand, wagte Kramer es, schob sich dicht an der Wand entlang und erreichte die offene Tür, ohne dass jemand rief oder etwas unternahm. Dann schlüpfte er hinein und drückte sich ins Dunkle. In der Mitte des fast quadratischen Raums erhob sich ein halbkugeliges Gebilde, aus Ziegelsteinen im Kreis gemauert, dessen Mittelpunkt der Schornstein bildete. In einigen Ecken lagen Stroh und Holz und die Reste von Steinkohle. In einer anderen Ecke waren rote Gasflaschen in einem Metallgestell montiert. Es handelte sich um einen ausgedienten Ringbrennofen für Tonwaren.
Der Mann lud seine Sackkarre ab und packte die Teile auf ein Brett, rief dann laut: »Los, Manni!«
Ballonmütze trat aus 'einer Nische hervor und begann zu kurbeln, das Brett schwebte an vier Seilen in die Höhe, und als es die Galerie erreicht hatte, wurde die Winde arretiert, Ballonmütze lief mit dröhnenden Schritten eine Eisentreppe hinauf und entlud auf der Galerie das Schaff. Kramer hatte die Kamera zur Hand genommen, die Vorblitzautomatik ausgeschaltet und knipste auf gut Glück. Von der Galerie führten Türen in mehrere große Räume.
»So, und jetzt noch die Flaschen.« Ballonmütze lief wieder die Treppe hinunter, dass es nur so dröhnte, und half Monteuranzug, die alten Gasflaschen auszubauen und nach draußen zu tragen, von dort brachten sie neue Flaschen herein, die sie gleich in dem Gestell auf richteten. Sie waren sehr geschickt und machten das eindeutig nicht zum ersten Mal.
Nach der vierten Flasche sagte Ballonmütze laut: »Ich schließe noch die Leitungen an und du räumst schon mal auf, okay?«
Kramer trat einen Schritt vor, um besser sehen zu können, und stieß eine leere Saftflasche an, die mit einem Höllenspektakel die Neigung zu dem Ringofen hinunterzurollen begann, dabei ganz beachtlich beschleunigte und schließlich an einem Metallpfeiler zerschellte. Der Mann mit der Ballonmütze rief sofort: »Was ist passiert?«
»Keine Ahnung.«
»Ist dir etwas aus der Hand gefallen?«
»Nein, das hörte sich so an, als käme es vom Eingang.«
»Mach mal die Tür zu.«
Monteuranzug setzte sich in Bewegung und Kramer startete sofort. Das durfte ihm nicht passieren, dass die beiden Kerle ihn hier einsperrten und systematisch suchten.
Das war richtig gedacht, führte aber unvermeidlich dazu, dass Kramer offen durch die Tür nach draußen rennen musste. Natürlich bemerkte ihn Monteuranzug und brüllte: »Manni, ein Spion!«
Kramer raste, so gut es das Gerümpel und der glitschige Abfall auf dem Boden erlaubten, zur Hausecke. Drei oder vier Meter vor der Ecke splitterte es neben ihm, als eine Kugel eine Ziegelsteinoberfläche zertrümmerte, erst danach hörte er den Krach eines Schusses, wirbelte um die Ecke und hatte den Eindruck, die zweite Kugel reiße eine lange Furche in das Mauerwerk. Staub, Putz und Steinsplitter fegten ihm schmerzhaft in Nacken und Kragen.
Zum Glück hatte Anielda auf gepasst, und als Kramer auf den Wagen zustürmte, ließ sie den Motor an und stieß die Fahrertür auf, er warf ihr den Leinenbeutel zu und sprang regelrecht hinter das Steuer. Der Motor heulte auf, die Reifen quietschten und dann hatte Kramer das Gefühl abzuheben oder umzukippen, als er einen engen Wendekreis fuhr. Die beiden Männer traten in sein Blickfeld, Ballonmütze trug tatsächlich ein Gewehr, legte an und schoss noch einmal. Es schepperte dumpf, er hatte den Kofferraumdeckel getroffen und Kramer steuerte einen medaillenreifen Slalomkurs.
»Was soll denn das?«, keuchte Anielda.
»Ich denke, du bist für Geheimnisse zuständig.«
»Blödmann!«
Nachdem sie über das Gleis geholpert waren, konnte Kramer auf der leeren Lesserstraße Gas geben. Der Pickup hatte nach mehreren gefährlich klingenden Fehlzündungen die Verfolgung auf genommen und schlingerte um die Kurve, als wollte er auf der Seite liegend weiterfahren.
Die mehrere Jahrzehnte alten Betonplatten waren gesprungen und an den Fugen zum Teil hochgedrückt. Die Stoßdämpfer stöhnten erbarmungswürdig. Bei der ersten Gelegenheit bog Kramer mit Vollgas nach links ab. Er hörte mit Schrecken, was er dem Fahrwerk antat, aber dafür blieb der Rückspiegel leer. Monteuranzug und Ballonmütze hatten wohl nicht aufgepasst oder versuchten nicht länger, sie zu verfolgen. Mit Höchstgeschwindigkeit brausten sie an einem Hinweisschild Tongrube vorbei. Kramer bremste, obwohl Anielda Protest fiepte, und setzte zurück. Die Abzweigung war mit rutschigen Buckelsteinen gepflastert und führte steil zu einer Wasseroberfläche hinab. Die Tongrube war mit Regenwasser voll gelaufen, doch die Oberfläche schimmerte öligschwarz und undurchsichtig. Schmutzspuren zeigten, dass Autos direkt bis an die gemauerte Einfassung der Grube herangefahren waren. Um dort abzuladen? Rechts neben der Zufahrt stand eine Art Winde, die auf der anderen Seite der Grube ein Gegenstück hatte. Von beiden Winden führte ein Stahlkabel in das Wasser. Kramer hatte eine Idee, wozu das dienen mochte.
Anielda schwieg. Sie amüsierte sich zwar oft über Kramers Job, war aber immer wieder beeindruckt, wenn sie bei ihren Aushilfsaktionen auf Gewalt stieß. Wahrscheinlich hatte man heute zum ersten Mal auf sie geschossen, und wie Kramer sie einschätzte, würde sie dafür eine Gefahrenzulage verlangen.
Sie konnten von der Abzweigung unbehelligt wieder in die Lesserstraße einbiegen. Der Pickup wartete dort nicht, keine neuen Schüsse.
Im Büro telefonierte Kramer hinter Caro Heynen her, die sich eine halbe Stunde später aus dem Präsidium meldete. »Ich bin nicht arg begeistert, dass du mir mein freies Wochenende verdirbst.«
»Warte mal ab, was ich zu vermelden habe.«
Sie staunte nicht schlecht und versprach, sich sofort um
diese alte Ziegelei zu kümmern ja, sie würde einen Chemiker mitnehmen oder hinschicken.
»Ich kann dir auch einen Tipp auf einen der Beteiligten geben.«
»Bist du Hellseher?«
»Nein, der Knabe fuhr einen uralten Pickup mit dem Kennzeichen TAL 474.«
»Prächtig, Rolf. Ich formuliere dann doch den Antrag, dich umgehend zum Hilfspolizisten zu ernennen egal, was es kostet.«
»Heißen Dank. Aber warte damit bitte, bis ich im Fall Anna Laysen weitergekommen bin.«
»Fürchtest du, dass wir ihre Leiche in der Tongrube finden werden?«
»Nein, das nehme ich nicht an. Die Tongrube und die Ziegelei haben wohl mit Annas Verschwinden nichts zu tun.«
»Das geht also wieder auf das bekannte Kramer’sche Sonder-Saubermach-Konto ?«
»Vielleicht. Ich bin noch nicht so weit. Guck zwischendurch doch bitte noch einmal in die Akte Keiler-Bande. Unter welchem Winkel ist die Kugel in Nachtwächters Hals eingedrungen, wo kann oder muss der Schütze gestanden haben?«
Anielda hatte sich schon die Kamera geschnappt und begonnen, den Inhalt des Speicherchips auf Kramers Computer zu überspielen. Sie inspizierte seinen neuen Farbdrucker und fluchte unfein über die leeren Patronen, lief nach drüben, um Ersatz zu holen, wobei sie gleich eine Rechnung mitbrachte, und legte dann los, bis sie den Stuhl räumen musste.
Kramer hatte gerade das letzte Protokoll abgespeichert, als Caro wieder anrief. »Mach den Fernseher an«, sagte sie kurz. »Kanal 12, Stadtprogramm!«
Kramer besaß in seinem Büro keinen Fernseher und verzog sich deshalb mit Anielda in ihr Zukunftsstudio. Sie hatte den Kaffee mitgenommen und beide richteten sich bequem
auf der breiten Couch ein. Die Reporter überschlugen sich fast, ein Großbrand in Kumberg. Eine alte Ziegelei stand in Flammen. Der Einsatzleiter fuchtelte empört mit den Armen. »Können Sie sich vorstellen, dass alte Ziegelsteine und etwas Kohle so gewaltig brennen?«, fauchte er den Reporter an. »Dieser verdammte Kasten steckt voll mit Sachen, die da nicht hineingehören und die vor allem gut brennen. Na klar, unerlaubte Chemikalien. Brandstiftung? Denkbar, aber das kann ich im Moment nicht beweisen ...«
Der gute Mann brachte den Satz nicht zu Ende, hinter ihm flogen ohne Vorwarnung ein Fensterrahmen, Glasscheiben und eine metallische Sichtblende aus einer Wand, ein heiße, orangefarbene Zunge leckte aus der Höhlung und dann donnerte es wie am Jüngsten Tag. In der Ziegelei explodierte etwas mit unglaublicher Wucht. Aus den Wänden wurden einzelne Steine regelrecht herauskatapultiert, tiefe Risse entstanden. Türgroße Löcher taten sich auf, aus denen gelber Rauch hervorquoll und dann fiel die der Fernsehkamera zugewandte Mauer einfach in sich zusammen. Mörtelstaub stieg auf und verdunkelte die Stichflamme. Erst jetzt wurden Schreie und Rufe hörbar.
»Glaubst du, dass die beiden den Laden angesteckt haben?«, wisperte Anielda, schwer beeindruckt.
»Woher soll ich das wissen?«
Eine ähnliche Frage stellte Caro, die sich wenig später abermals meldete. »Die Halterabfrage für diesen Pickup gelingt nicht. Es gibt einen Namen, aber mit einer falschen Anschrift.«
»Wie heißt denn der Halter?«
»Sigurd Kaminski.«
Kramer lachte hell heraus. »Caro, an deiner Stelle würde ich einmal in der Bismarckstraße 51 nachschauen.«
»Langsam wirst du mir unheimlich«, stöhnte sie und legte auf.
Kramer kniff Anielda zärtlich in eine Pobacke, was die Herrin der Zukunft natürlich als sehr irdische Aufmunterung auslegte. »Sag mal, Rolf, Gewehrkugeln sind in meinem Standardhonorar eigentlich nicht inbegriffen, oder?«
»Das habe ich mir schon gedacht.«
»Und?«
»Darüber reden wir später.«
»Aber nicht vergessen!«
»Wie ich dich kenne, wirst du mich jeden Tag damit belämmern.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus.