Читать книгу Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte - Achim Albrecht - Страница 12

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Kapitel 2

Anfang März

Marie,

ich bin mir ehrlich gesagt unsicher, wie ich Dich ansprechen soll oder darf. Aus diesem Grund habe ich das schlichte, unaufdringliche ‚Marie‘ gewählt. Ich hoffe, damit alles richtig gemacht zu haben.

Du, dann Deine liebe Mutter und schließlich Deine Anwälte, haben mir mithilfe des Familiengerichtes klargemacht, dass ich in der Vergangenheit so manches – Deine liebe Mutter würde sagen ‚alles‘ – falsch gemacht habe. Ich stehe im Begriff, das Ausmaß meines Versagens zu verstehen und nehme als erste Rate meiner Buße hin, dass Du bei Deinem Auszug aus unserem Haus die gesamte Einrichtung außer dem eingebauten Wandschrank, der Mineraliensammlung meines verstorbenen Onkels Albert und der marokkanischen Sitzgruppe alles mitgenommen hast, was sich demontieren ließ.

Noch immer interessiert es mich, mit wie vielen helfenden Händen Dein Umzugsteam vor Ort war, um ein Haus mit 183 m2 Wohnfläche binnen drei Stunden in eine Geisterkulisse zu verwandeln, während ich versuchte, auf einem Verlegertreffen unsere gemeinsame finanzielle Zukunft zu sichern. Frau Ogonnek jedenfalls, unsere stets wachsame Nachbarin, sprach von einer Invasion seltsamer Kapuzenwesen, was zu dem Gerücht führte, ich kollaborierte mit Aliens, die sich auf Gebrauchtmöbel spezialisiert hätten. Wenigstens fährt die Polizei jetzt häufiger Streife in unserer Gegend, auch wenn ich mich dadurch eher beobachtet als beschützt fühle.

Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich mache Dir keine Vorwürfe und dieser Brief ist auch kein Versuch, Dich zurückzugewinnen, obwohl es ein schöner Gedanke ist, dass Du irgendwann in naher Zukunft zurückkommen könntest. Ab und zu gehe ich einfach für mehrere Stunden ziellos aus dem Haus, um Dir Gelegenheit zu geben, mit der gleichen Konsequenz und Verschwiegenheit wieder einzuziehen. Das ist auch der Grund, weshalb ich das in Auftrag gegebene Schild ‚Umzugs-Aliens Betreten Verboten‘ bezahlt, aber nicht abgeholt habe. So bin ich einfach nicht. Ich wiederhole. So bin ich einfach nicht.

Der Anlass meines Schreibens ist administrativer Natur. Ich kann verstehen, dass Du aus meinem Büro Deine persönlichen Unterlagen mitgenommen hast. Was aber ist mit den Ordnern mit den Versicherungs- und Steuerunterlagen geschehen? Nicht, dass ich sie vermisse, aber der Verlag steckt in einer unerfreulichen Auseinandersetzung mit dem Finanzamt, das eine Rechnung aufgemacht hat, die für den Verlag den Ruin bedeuten könnte. Ich war bei einem Steuerberater, der mir mit spitzen Fingern den Bescheid des Finanzamtes zurückreichte und mir eröffnete, dass er mich vertreten könne, wenn ich eine lange Reihe von Unterlagen beibrächte. Die Liste der Unterlagen lege ich diesem Brief bei und vertraue darauf, dass Du die Nachweise und Buchungsbelege direkt auf den Weg bringst.

Ich will Dich nicht langweilen, aber hast Du Dir Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen soll? Ich meine, mit uns. Deine Anwälte haben mich freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass jegliche Korrespondenz in Sachen Korff gegen Korff ausschließlich mit der Anwaltskanzlei zu führen sei. Nur die Kanzlei korrespondiert nicht. Ich habe der Kanzlei bereits mehrfach geschrieben. Kurze, nicht invasive Nachrichten, so zum Beispiel: Wie geht es Dir? Ich vermisse Dich. Geht es unserem Hamster Freddy gut oder hat er immer noch diese Fellprobleme?

Solche Dinge. Keine Antwort bisher. Das ist bestimmt nicht in Deinem Sinne. Kannst Du bitte Deine Anwälte bei dieser Gelegenheit fragen, ob es eine Besuchsregelung für Haustiere gibt oder für Hamster im Speziellen?

Du kannst mir gerne schreiben. Telefonieren ist schlecht, weil mit dem Telefon etwas nicht stimmt. Mit dem Strom auch nicht, aber das kriege ich hin.

Jetzt geht es mir besser,

Dein Ehemann

Peter

Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte

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