Читать книгу Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte - Achim Albrecht - Страница 7

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Hochverehrte Redaktion,

bitte verzeihen Sie meine bisweilen barocke Ausdrucksweise. Sie erklärt sich aus meinen langjährigen Studien wertvoller Texte, deren Bewahrung und Pflege ich mein Leben gewidmet habe.

Als Einwohner dieses schönen Fleckchens Erde, kam ich nicht umhin, beim Studium des Lokalteils Ihrer geschätzten Tageszeitung ‚Der Regionalbote‘ Notiz von einer Rezension des unlängst zelebrierten Literaturfestivals Kenntnis zu nehmen. Ohne jeden Zweifel hat der von Ihnen entsandte Redakteur, der, wie mir bekannt ist, auch den Sportteil und die Todesanzeigen betreut, gute, ja beste Arbeit geleistet, doch ich möchte einige wenige, aber bedeutsame Korrekturen zu seinem vierspaltigen Text anbringen.

Seien Sie versichert, dass meine Anmerkungen keinen Kern der Kritik beinhalten, sondern vielmehr beweisen, dass der brave und gutgläubige Redakteur infolge seiner Menschenfreundlichkeit und potenziellen Arbeitsüberlastung das Opfer übler Machenschaften geworden ist, wie sie der Literaturbetrieb leider seit Anbeginn der Zeiten sein Eigen nennt. Ich darf an dieser Stelle nur die Verwerfungen um unseren geschätzten Freund, Kollegen und Vorfahren William Shakespeare anführen, dessen dichterisches Genie bis heute von dunklen Mächten und eigennützigen Blendern infrage gestellt wird. Muss ich mehr sagen? Ich glaube und hoffe nicht.

Ganz offensichtlich ist dem Redakteur des Regionalboten unter dem Deckmantel der Arbeitserleichterung ein höchst einseitiger Text der Initiatoren dieses sogenannten Literaturfestivals angedient worden und auch zum Abdruck gekommen. Die dankbare Reaktion des Redakteurs und der ungeprüfte Abdruck des Fremdtextes sind nur allzu verständlich.

Umso verwerflicher erscheint mir, der ich mich bei aller Bescheidenheit rühmen darf, einen vollständig neutralen Überblick über die Literaturszene im weiteren Sinne zu besitzen, die unlautere Vorgehensweise der Organisatoren des Literaturfestivals.

Es handelte sich nach meinem Dafürhalten keineswegs um die Präsentation ‚der wichtigsten zeitgenössischen Literaten‘, sondern allenfalls um eine Auswahl zweitklassiger Mainstream-Autoren zweifelhafter Begabung. Auch wurden nicht die ‚gewichtigsten Stimmen der Literaturkritik‘ in die Jury geladen, sondern die Ehegatten bestimmter Honoratioren und das Gefolge von Sponsoren. Das alles wäre nicht weiter erwähnenswert, ja sogar der Üblichkeit entsprechend, wenn man sich von Veranstalterseite aus nicht das Mäntelchen literarischer Exzellenz wider besseres Wissen umgehängt hätte.

Den verschleierten Amateurstatus des Festivals erkennen Sie allein an der Tatsche, dass der über die nationalen Grenzen hinaus renommierte Verlagsleiter, Herausgeber und Kritiker Peter Korff nicht eingeladen war. Er ist der Literat, der Irvine Bristlewaithe entdeckt und zur Reife gebracht hat, den Mann, der Wort und Installation in einen bisher nicht gekannten Zusammenhang setzte. Und das ist nur ein Beispiel. Wer einen solchen Kenner und Könner ignoriert und seine Veranstaltung dennoch ,Literaturfestival‘ nennt, ist hoffnungslos dekadent, um nicht zu sagen verlogen.

Um mir weitere Worte zu ersparen, die meine Empörung ohnehin nicht ausreichend widerspiegeln würden, habe ich diesem Leserbrief eine Gegendarstellung zu Ihrem Redaktionsartikel beigefügt. Bitte machen Sie gerne Gebrauch davon.

In gerechter Verärgerung,

ein aufrechter Literaturfreund

Anlage

Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte

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