Читать книгу Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte - Achim Albrecht - Страница 25
ОглавлениеKapitel 4
Nach Ostern im April
Rechtsanwaltskanzlei Derner & Meininger
Familiensache Korff/Korff
Sehr geehrte Rechtsanwälte,
ich kann mich nur darüber wundern, wie viele Antworten auf nie gestellte Fragen ich von Ihnen erhalten habe und wie wenig dessen, was ich in Erfahrung zu bringen wünschte, in Ihrem Schreiben enthalten ist.
Sie geben zu verstehen, dass meine Frau Marie keinerlei Kontakt zu mir wünscht und jegliche Korrespondenz nur über Ihre Kanzlei zu führen ist. Sie fordern mich zudem auf, mich von einem Anwalt im Scheidungsverfahren vertreten zu lassen. Außerdem fordern Sie Auskunft über meine Vermögensverhältnisse, Getrenntlebendenunterhalt für Ihre Mandantin und drohen mit einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung, wenn ich mich meiner Frau Marie körperlich nähere oder sonst Kontakt zu ihr aufnehme.
Ich gehe davon aus, dass ich Ihr Schreiben so einigermaßen richtig wiedergegeben habe, wobei ich Wortwahl, Grammatik und Duktus einmal unbewertet lassen will.
Bitte nehmen Sie Kenntnis davon, dass ich meine Frau so lange als meine Frau betrachte, bis sie nicht mehr meine Frau ist. Das Letztere wäre nach einer Scheidung der Fall. Eine Scheidung wird es aber nicht geben. Meine Frau macht eine Krise durch und benötigt Zeit, sich zu orientieren. Diese Zeit will ich ihr gerne einräumen.
Unterlagen werden Sie von mir nicht enthalten. Der Grund ist, dass meine Frau eben diese Unterlagen bei ihrem überstürzten Auszug mitgenommen und nicht wieder zurückgegeben hat. Sie ist diejenige, die meine und unsere Vermögensverhältnisse am besten kennt. Ich bin der akademische Leiter eines hochangesehenen Verlages und meine Frau besorgte die Buchhaltung und bekleidete die Funktion der kaufmännischen Leitung. Als Sonderpädagogin verfügt meine Frau über ein geregeltes Einkommen. Die Trennung hat mich in eine tiefe Schaffenskrise gestürzt, sodass der Verlag über Monate keine Einkünfte generierte. Die beigelegten Dokumente meiner Korrespondenz mit meiner Hausbank und der Finanzbehörde beweisen zur Genüge, dass nicht nur kein Einkommen vorhanden ist, sondern ein nicht unerheblicher, um nicht zu sagen existenzvernichtender Schuldenberg besteht.
Nicht meine Frau kann Unterhalt von mir fordern, sondern umgekehrt ich von meiner Frau. Außerdem muss sie sich an der Schuldentilgung beteiligen, unseren Hamster Freddy herausgeben oder mir ein regelmäßiges Besuchsrecht einräumen und endlich die Geschäftsunterlagen zurücksenden. Für alle diese einfach nachzuvollziehenden Forderungen muss ich keinen Anwalt beschäftigen, den ich derzeit auch nicht bezahlen könnte.
Einen Unterhalt von 700 €, zu zahlen auf mein Konto bei der Kreissparkasse, erachte ich für angemessen. Bitte vergessen Sie nicht, die Monate Oktober bis April nachzuzahlen. Einen Rabatt kann ich nicht gewähren. Die Schuldentilgung können Sie im Namen Ihrer Mandantin direkt mit dem Finanzamt und der Kreissparkasse aushandeln. Was Freddy betrifft, bestehe ich auf einem Lebenszeichen, das auch in Form eines Fotos erbracht werden kann, auf dem Freddy und eine Tageszeitung mit lesbarem Datum gemeinsam abgebildet sind. An den Fütterungs- und Erhaltungskosten von Freddy beteilige ich mich mit monatlich 35 €, die Sie für die Zeit der Unterhaltspflicht meiner Frau von den 700 € in Abzug bringen können. Einer Scheidung stimme ich ausdrücklich nicht zu.
Mit vorzüglicher Hochachtung,
Peter Korff
Ehemann
PS: In einer anderen Angelegenheit möchte ich Ihrer Kanzlei als Repräsentant eines internationalen Kunst- und Literaturfestivals ein hochinteressantes Angebot unterbreiten. Ich werde diesbezüglich noch einmal gesondert auf Sie zukommen.