Читать книгу Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte - Achim Albrecht - Страница 8

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Sehr geehrter Herr Polizeipräsident,

in Erwiderung auf das auf eine anonyme Anzeige hin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Tierquälerei, Sachbeschädigung und Erregung öffentlichen Ärgernisses, gebe ich folgende Stellungnahme zur Kenntnis:

1. Der anonyme Anzeigenerstatter hat die von ihm gemachten Beobachtungen, das zweite Stockwerk meines Einfamilienhauses betreffend, falsch wiedergegeben.

2. An besagtem Donnerstag gegen 23.00 Uhr befand sich kein perverser Taucher in meinen Privaträumen, der bei geöffnetem Fenster und starkem Kunstlicht ein Kamel mit einem knüppelartigen Gegenstand vergewaltigte.

3. Das Kamel war kein Kamel, sondern ein Dromedar.

4. Das Dromedar war aus Plastik. Zum Beweis mag die Zeugenaussage des Umzugsunternehmens Mölle dienen, das an selbigem Donnerstag das Dromedar anlieferte und mit viel Mühe in das Atelier im zweiten Stock meines Hauses schaffte.

5. Der Taucher war kein Taucher, sondern der allseits geschätzte und vom internationalen Kunstbetrieb hochgelobte Actionkünstler Frank Pesser, der es unternahm, in meinem Haus letzte Schweißarbeiten an besagtem Dromedar durchzuführen, um das Exponat für die große Werkschau ‚Tiere der Wüste verletzt‘ zu fertigen.

6. Der kreative Prozess wurde durch lautes Rufen und eine durchaus drohende Haltung meiner Nachbarin, Frau Ogonnek, gestört, die auch die Anzeigenerstatterin sein mag.

7. Der knüppelartige Gegenstand war ein Schweißbrenner, die Taucherbrille eine Schweißbrille und die Lichtblitze mitsamt schwefligem Geruch ein notwendiger Ausfluss des Arbeitsprozesses und kein Beweis für die Anwesenheit Satans. Frau Ogonneks Rufen war genau diese Besorgnis zu entnehmen.

Zusammengefasst versichere ich, dass am vergangenen Donnerstag gegen 23.00 Uhr in der zweiten Etage meines Einfamilienhauses kein Kamel von einem perversen Satanstaucher mit einem knüppelartigen Gegenstand penetriert wurde, sondern vielmehr eine hoch seriöse künstlerische Performance zelebriert wurde, deren Bedeutung für die Stadt und den Kreis noch gar nicht abzusehen ist.

Der Künstler selbst lehnt jeden Kontakt mit der Polizei ab, ist aber damit einverstanden, auf dem Schriftwege befragt zu werden. Derzeit verständigt sich der Künstler ausschließlich in arabischer Sprache, weil er es für unerlässlich hält, mit den Gesamtumständen seiner künstlerischen Projekte vollkommen zu verwachsen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben und verbleibe respektvoll, Ihr

Peter Korff

Projektleiter Gegenwartskunst

Der Verleger, der seinen Verstand verlor und sich auf die Suche machte

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