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V. Darstellung aller Anspruchsgrundlagen im Gutachten?

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Meistens können sich aus einem Sachverhalt mehrere Anspruchsgrundlagen ergeben, die inhaltlich auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet sind.

Beispiel

Mieter M beschädigt fahrlässig die Fensterscheibe in der von ihm gemieteten Wohnung seines Vermieters V. Hier bestehen Schadensersatzansprüche des V aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 einerseits und § 823 Abs. 1 andererseits. Schadensersatzansprüche aus §§ 989, 990 können hingegen nicht entstanden sein, da diese einen Herausgabeanspruch des V aus § 985 (sog. „Vindikationslage“) zum Zeitpunkt der Beschädigung voraussetzen. Wegen der aus dem Mietvertrag folgenden Besitzberechtigung des M bestand aber gem. § 986 Abs. 1 S. 1 zum Zeitpunkt der Beschädigung kein Herausgabeanspruch aus § 985.

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Ihr Gutachten ist grundsätzlich nur vollständig, wenn alle auf die geforderte Rechtsfolge gerichteten Ansprüche geprüft worden sind. Durch die Bejahung einer Anspruchsgrundlage ist „die Luft noch nicht raus“.

Häufig stellen sich im Hinblick auf weitere Anspruchsgrundlagen schwierige Konkurrenzfragen, die Sie in der Klausur beantworten sollen, nämlich: Bestehen die Anspruchsgrundlagen nebeneinander im Sinne einer Anspruchskonkurrenz oder verdrängt die eine Anspruchsgrundlage die andere? Besteht eine Konkurrenz, stellt sich die nächste Frage: Ist die Konkurrenz selbstständig oder beeinflusst die eine Grundlage die andere?

Insbesondere in Anwaltsklausuren kommt folgender Aspekt hinzu: Ein bestimmter Anspruch kann für den Mandanten vorteilhafter sein als andere konkurrierende Ansprüche, etwa weil er einer anderen Verjährungsfrist unterliegt oder weil damit ein für den Mandanten günstigerer Gerichtsstand[11] begründet werden kann.

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Dabei verlangt niemand von Ihnen, dass Sie alle Ansprüche in der gleichen Ausführlichkeit darstellen. Es kommt auf die richtige Gewichtung an. Häufig äußern die Parteien im Sachverhalt Rechtsauffassungen oder betonen bestimmte Fakten (versteckte Hinweise des Klausurstellers), so dass Sie gehalten sind, sich mit diesen Punkten in jedem Fall ausführlich auseinanderzusetzen. Ist die Zeit knapp, können Sie die Erörterung konkurrierender und für das Ergebnis inhaltlich nicht mehr erheblicher Ansprüche auf ein eben noch verständliches Mindestmaß zurückführen, indem Sie die konkurrierenden Ansprüche mit kurzer, urteilsartiger Begründung des Ergebnisses erwähnen, z.B. bei § 823 Abs. 2 nach Bejahung des § 823 Abs. 1, bei § 1007 nach § 985 oder bei der Haftung des fahrzeugführenden Halters aus § 18 StVG nach § 7 Abs. 1 StVG.[12] Sie zeigen dem Korrektor damit zum einen, dass Ihnen diese Ansprüche geläufig sind, und zum anderen, dass Sie Ihre Darstellung auf das Wesentliche konzentrieren.

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Wie bei jedem Grundsatz gibt es vom Gebot vollständiger Erörterung Ausnahmen:

Zum einen kann Ihnen nach dem Bearbeitervermerk die Prüfung bestimmter Ansprüche erlassen sein. Dann müssen Sie sich natürlich an die Vorgaben des Bearbeitervermerks halten. Zum anderen sind in der schriftlichen Ausarbeitung solche Ansprüche nicht mehr zu erwähnen, deren Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen. Sätze wie:

„Vertragliche Ansprüche bestehen nicht, weil im vorliegenden Fall gar kein Vertrag geschlossen wurde.“

gehören also nicht ins Gutachten.

1. Teil „Ein Rundflug“B. Wie geht das? › VI. Die Anspruchsprüfung

BGB Allgemeiner Teil I

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