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EINS 1.1

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In Gedanken versunken stand Bastian auf dem Hügel und sah über den weiten, grünen Abhang zum Fluss hinab, der still in der mittäglichen Hitze ausgebreitet lag. Die Vögel in den Bäumen waren verstummt, selbst die Brise hatte sich gelegt und ein tiefes, beängstigendes Schweigen hinterlassen, das die gesamte Wiese einhüllte. Bastian beschlich ein ungutes Gefühl. Er hatte die Befürchtung, dass ihm etwas Schreckliches bevorstand. Aufmerksam sah er um sich. Plötzlich erblickte er sie: Schüler, bekleidet mit teurer Markenkleidung, die hinter der Mauer hervorkamen und darauf sprangen. In Reih und Glied hatten sich die vier Jungs auf der Steinwand aufgestellt und schauten drohend in seine Richtung. Selbst aus der Entfernung und gegen die blendende Sonne konnte Bastian ihre Ohrringe funkeln sehen. Einen Augenblick später rannten sie auf ihn zu. Intuitiv sprintete Bastian in vollem Tempo den Hügel hinab, direkt auf das hohe Gras am Flussufer zu. Sein Sichtfeld schwankte im Rhythmus der schnellen Schritte auf und ab. Das trübe Wasser des Flusses, das wie zerbrochenes Glas durch das Schilf hindurch glitzerte, konnte er bereits sehen.

Hinter Bastian erscholl ein Aufschrei der Empörung: „Die blöde Schwuchtel versucht zu fliehen!“

Bastians Beine fühlten sich an, als ob sie sich verselbständigt hätten, um ihn vor der aufgebrachten Meute in Sicherheit zu bringen. In einem Moment der Unachtsamkeit stolperte er und landete mit dem Gesicht voran im Grün. Und trotz dieses Missgeschicks gab er die Hoffnung, doch noch davonzukommen, nicht auf. Er war dabei aufzuspringen, als ihn auf einmal jemand brutal von hinten am Shirt packte, hochzog und geradewegs ins flache Wasser schubste.

Die Schüler lachten aus vollem Hals, klatschten einander ab und zeigten mit den Fingern auf ihn.

„Och, bist du nass geworden?“, höhnte einer der Angreifer.

Eisern unterdrückte Bastian die Tränen, die ihm in die Augen schossen. Er wusste, dass wenn er auch nur im Geringsten angedeutet hätte, traurig zu sein, sie ihm vermutlich niemals von der Pelle rücken würden. Kniend und mit gesenktem Kopf verweilte er bewegungslos im Nass.

„Du bist so erbärmlich!“, meinte einer der Aggressoren voller Gehässigkeit und spuckte in die Richtung des Regungslosen. „Schwuchtel!“ Voller Schadenfreude lachten sie und redeten amüsiert durcheinander. Ganz cool kamen sie sich nun vor, wie Gewinner, die etwas Großes erreicht hatten.

„Lass uns gehen, Mann! Diese Schwuchtel widert mich an!“ Sie warfen ihm einen letzten abfälligen Blick zu, ehe sie davongingen und so taten, als sei nichts geschehen.

Bastian strich sich die triefenden, braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht und schaute den Jungs bekümmert nach. Nur langsam schaffte er es, sich zu erheben. Er war nahezu komplett durchnässt. Sein Rucksack trieb wie eine Blüte auf dem Wasser. Bastian ergriff ihn und schleppte sich zur Wiese. Er ließ sich auf die Knie fallen. „Warum immer ich?“, fragte er sich flüsternd. Der Neuntklässler hängte sich den Rucksack um und trat, vertieft in einer Welt ohne Kummer und Leid, den Heimweg an.

CHAOS

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