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Erster Band
XVII
Wo die Petarden von Camille nachbrennen

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Als man seinem Entzücken über das Talent der zukünftigen Debutantin jeden Ausdruck gegeben, als man zu ihren Gunsten alle Formeln des Lobes erschöpft hatte, ließ sich jeder von den glücklichen Zuhörern, indem er sie in seinem Kreise gehörig zu rühmen versprach, allmählich dem Boudoir nach dem Salon hinziehen, wo die ersten Arcorde des Orchesters ertönten, und ging von der Musik zum Tanze über.

. Die einzige des Erwähnens würdige Episode bei der Bewegung, welche bei dieser Gelegenheit stattfand, und die wir anführen werden, weil sie sich auf eine ganz natürliche Art mit unserem Drama verbindet, ist der Mißgriff, den Camille von Rozan dadurch machte, daß er unbesonnener Weise Leute anredete, welche die Geschichte von Carmelite ganz genau kannten.

Frau von Rozan, seine Gattin, eine hübsche fünfzehnjährige Creolin, war vorläufig den einer Witwe von amerikanischer Abkunft, die sich für ihre Verwandte erklärte, in Beschlag genommen worden. Camille, als er seine Frau in Familie sah, benutzte diesen Umstand, um wieder Junggeselle zu werden.

Er erblickte Ludovic, seinen alten Kameraden, fast seinen Freund; und sobald die Ruhe in Folge des Abgangs von Carmelite, deren Ohnmacht er der einfachen Aufregung zuschrieb, wiederhergestellt war, stürzte er auf den jungen Doctor zu, mit der Lebhaftigkeit eines so eben angekommenen Fremden, der einen alten Bekannten wiederfindet, reichte ihm die Hand und rief:

»Beim Hippokrates! es ist Herr Ludovic! . . . Guten Morgen, Herr Ludovic! wie befindet sich Herr Ludovic?«

»Schlecht,« antwortete kalt der junge Arzt.

»Schlecht?« wiederholte der Creole. »Ei! Sie haben den Monat April auf dem Backen!«

»Gleichviel, mein Herr, wenn ich den December im Herzen habe!«

»Sie haben Kummer?«

»Mehr als Kummer: Schmerz!l«

»Einen Schmerz?«

»Einen tiefen!«

»Mein Gott! mein armer Ludovic, sollten Sie einen Verwandten verloren haben?«

»Ich habe Jemand verloren, der mir theurer war, als ein Verwandter!«

»Was gibt es Theureres, als einen Verwandten?«

»Ein Freund . . . weil dies seltener ist.«

»Kannte ich ihn?«

»Genau.«

»Einer unserer Kameraden aus dem Collége?«

»Ja.«

»Ah! der arme Junge!« sagte Camille mit der höchsten Gleichgültigkeit. »Und wie hieß er?«

»Colombau,« antwortete trocken Ludovic, indem er Camille grüßte und ihm den Rücken zuwandte.

Der Creole hätte beinahe Ludovic an der Gurgel gepackt; doch wir sagten anderswo, er habe Geist besessen: er sah ein, daß er einen falschen Weg eingeschlagen hatte, pirouettirte auf den Absätzen und verschob seinen Zorn auf eine bessere Gelegenheit.

In der That, war Colombau todt, so hatte Ludovic das Recht, sich zu wundern, daß Camille ein solches Ereigniß nicht mehr betrübte.

Doch wie konnte er über dieses Ereigniß betrübt sein? Er wußte es nicht.

Armer Colombau, so jung, so schön, so stark, woran hatte er sterben können? "

Camille suchte mit den Augen Ludovic, um ihm zu sagen, er wisse von Allem nichts, und von ihm die Einzelheiten über den Tod ihres gemeinschaftlichen Freundes zu verlangen, doch er war verschwunden.

Während er Ludovic suchte, fielen die Blicke von Camille auf einen jungen Mann, dessen sympathetisches Gesicht er zu erkennen glaubte; nur war es ihm unmöglich, einen Namen auf dieses Gesicht zu setzen. Er hatte ihn gesehen, dessen war er sicher; er hatte ihn gekannt, er glaubte dessen sicher zu sein. War es in der Rechtsschule, – was wahrscheinlich, – so könnte ihm dieser junge Mann die gewünschte Auskunft geben.

Er ging auf ihn zu und sagte zu ihm:

»Verzeihen Sie« mein Herr, ich komme heute Morgen von Louisiana an, was ungefähr halb Weges von den Antipoden ist; ich habe natürlich zweitausend Meilen zur See gemacht, und in Folge hiervon bleibt in meinem Gehirne eine Art von intellectuellem Stampfen und Schlingern, was mir zugleich die Unterscheidungskraft und das Gedächtniß raubt. Verzeihen Sie mir also die Frage, welche ich an Sie zu richten die Ehre haben werde.«

»Ich höre, mein Herr,« antwortete ziemlich artig, aber dennoch mit einer gewissen Trockenheit derjenige, welchen er angeredet hatte.

»Mein Herr, ich glaube Sie unter verschiedenen Umständen bei meiner letzten Reife nach Paris gesehen zu haben, und als ich Sie so eben erblickte, fiel mir Ihr Gesicht als das eines alten Bekannten auf . . . Haben Sie mehr Gedächtniß als ich, und habe ich die Ehre, Ihnen bekannt zu sein ?«

»Sie haben Recht, ich kenne Sie vollkommen, Herr von Rozan,« antwortete der junge Mann.

»Ah! Sie kennen meinen Namens« rief Camille freudig.

»Wie Sie sehen.«

»Und werden Sie mir das Vergnügen machen, mir den Ihrigen zu sagen?«

»Ich heiße Jean Robert.«

»Ah! so ist es, Jean Robert . . . Bei Gott! Ich wußte wohl, daß ich Sie kannte, einen unserer berühmtesten Diener, und einen der besten Freunde meines Kameraden Ludovic, wenn ich mich nicht täusche . . . «

»Der selbst einer der besten Freunde von Colombau war,« erwiderte Jean Robert, indem er den Creolen trocken grüßte und sich umwandte.

Camilla hielt ihn aber zurück.

»Mein Herr, ich bitte!« sagte er: »Sie sind die zweite Person, die mir vom Tode von Colombau spricht . . . Könnten Sie mir wohl einzelne Umstände über diesen Tod mittheilen?«

»Welche?«

»Ich wünschte zu wissen, an welcher Krankheit Colombau gestorben ist.«

»Er ist nicht an einer Krankheit gestorben.«

»Sollte er im Duell getödtet worden sein?«

»Nein, mein Herr, er ist nicht im Duell getödtet worden.«

»Aber wie ist er denn gestorben ?«

»Er hat sich mit Kohlendampf erstickt.«

»Und diesmal grüßte Jean Robert Camille so kalt, daß dieser, – übrigens ganz von Erstaunen ergriffen, – nicht daran dachte, ihn ferner zurückzuhalten.

»Todt!« murmelte Camille, »gestorben durch Erstickung! Wer hätte das von Colombau denken können? er, der so fromm! Ah! Colombau!«

Und Camille erhob die Hände zum Himmel als ein Mensch, der, um die Sache, die man ihm gesagt, zu glauben, nöthig hätte, daß man sie ihm zweimal wiederholen würde.

Indem er die Hände erhob, erhob Camille auch die Augen, und die Augen erhebend erblickte er einen jungen Mann, der in die tiefsten Reflexionen versunken zu sein schien.

Er erkannte in ihm einen Künstler, den man ihm während der Unruhe, die auf die Ohnmacht von Carmelite gefolgt war, gezeigt, und von dem man ihm gesagt hatte, es sei einer der ausgezeichnetsten Maler. Das Gesicht des jungen Mannes drückte die lebhafteste Bewunderung aus.

Es war Petrus, den die erhabene Anstrengung von Carmelite zugleich mit Traurigkeit und mit Stolz erfüllte . . . Die Künstler hatten also ein anderes Herz als die übrigen Menschen? Die Künstler hatten also eine andere Seele? Die Künstler waren also vielleicht privilegierte Wesen für den Schmerz? Da sie so königlich den Schmerz besiegten, so waren sie besondere Wesen.

Camille täuschte sich im Gesichtsausdrucke von Petrus: er hielt ihn einfach für einen Dilettanten in Entzückung, und auf ihn zugehend, um ihm ein äußerst angenehmes Compliment zu machen, sagte er:

»Mein Herr, wäre ich Maler, ich würde keine andere Physiognomie als die Ihrige wählen, um das Entzücken eines großen Herzens bei Anhörung der göttlichen Musik des großen Meisters auszudrücken.«

Petrus schaute Camille mit einer verächtlichen Kälte an und verbeugte sich, ohne zu antworten.

Camille fuhr fort:

»Ich weiß nicht genau, wie weit die Begeisterung der Franzosen für die Musik des göttlichen Rossini geht; doch in unsern Colonien macht sie Furore: das ist Leidenschaft, Wuth, Fanatismus! Ich hatte einen Freund, einen Liebhaber der deutschen Musik, der im Duell getödtet wurde, weil er behauptet hatte, Mozart stehe höher als Rossini, und er ziehe Figaros Hochzeit dem Barbier von Sevilla vor. Ich, was mich betrifft, ich gestehe, daß ich ein Anhänger von Rossini bin, und daß ich ihn hundert Fuß über Mozart stelle . . . Das ist meine Meinung, und ich würde sie im Rothfalle bis zum Tode behaupten.«

»Ich glaube, das war nicht die Meinung Ihres Freundes Colombau, mein Herr,« erwiderte Petrus, indem er kalt den Creolen grüßte.

»Ah! bei Gott! da sich hier alle Welt das Wort gegeben hat, mit mir von Colombau zu sprechen, und da Sie es machen wie alle Welt, so werden Sie mir sagen, ob er sich wegen des Sieges von Rossini über Mozart mit Kohlendampf erstickt hat.«

»Nein, mein Herr ,« antwortete Petrus mit äußerster Höflichkeit: »er hat sich erstickt, weil er Carmelite liebte, und eher sterben, als seinen Freund verrathen wollte.«

Camille stieß einen Schrei aus und drückte seine beiden Hände an seine Stirne, als ob eine Blendung vor seinen Augen vorüberzöge.

Während dieser Zeit ging Petrus, wie es nach und nach Jean Robert und Ludovic gethan hatten, vom Boudoir in den Salon.

In dem Momente, wo Camille, nachdem er sich ein wenig von dem Schlage, den er erlitten, erholt hatte, seine Hände von seinem Gesichte zurückzog und die Augen wieder öffnete, sah er vor sich, – was ihm seit seinem Eintritte in die Salons von Frau von Marande noch nicht begegnet war, – einen jungen Mann von schöner und hoffärtiger Tournure, der sich bereit hielt, ihn anzureden, wenn er selbst bereit wäre, diesem Anreden zu entsprechen.

»Mein Herr,« sagte der junge Mann zu ihm, »ich höre, daß Sie diesen Morgen von den Colonien ankommen, und daß Sie zum ersten Male heute Abend Herrn und Frau von Marande vorgestellt worden sind. Wollen Sie mir die Ehre erweisen, mich als Pathe in den Salons unseres gemeinschaftlichen Banquiers und als Führer durch die Lustbarkeit der Hauptstadt anzunehmen?«

Dieser zuvorkommende Cicerone war der Graf Lorédan von Valgeneuse; er hatte schon bei ihrem Eintritte die hübsche Creolin bemerkt, welche von Camille von Rozan in Frankreich importiert worden war, und er suchte sich gut mit dem Manne zu stellen, um eintretenden Falles noch besser mit der Frau zu stehen.

Camille athnte, als er einen Mann traf, der zehn Worte mit ihm sprach, ohne daß der Name Colombau mit diesen zehn Worten Vermischt wurde.

Es versteht sich von selbst, daß er mit allem Eifer das Anerbieten von Herrn von Valgeneuse annahm.

Die zwei jungen Leute eilten in die Tanzsalons; man hatte zu einem Walzer präludirt. Sie traten gerade in dem Augenblicke ein, wo der Walzer anfing.

Die erste Person, der sie in den Solon eintretend begegneten, – man hätte glauben sollen, ihr Bruder habe ihr hier Rendez-vous gegeben, so sehr schien sie zu warten! – war Fräulein Susanne von Valgeneuse.

»Mein Herr,« sagte Lorédan, »erlauben Sie mir, Ihnen meine Schwester, Fräulein Susanne von Valgeneuse, vorzustellen.«

Alsdann, ohne die Antwort von Camille abzuwarten, die man übrigens in seinen Augen lesen konnte, fügte der Graf bei:

»Meine liebe Susanne, ich stelle Ihnen einen neuen Freund, Herrn Camilla von Rozan, einen amerikanischen Edelmann, vor.«

»Oh!« erwiderte Susanne, »Ihr neuer Freund, mein lieber Lorédan ist für mich ein alter Bekannter.«

»Gut! und wie dies?«

»Was!« rief Camille mit einer stolzen Freude, »sollte ich die Ehre haben, Ihnen bekannt zu sein, mein Fräulein?«

»Oh! genau, mein Herr,« antwortete Susanne.

»In Versailles, in der Pension, wo ich vor nicht langer Zeit noch war, stand ich in enger Verbindung mit zwei Von Ihren Landsmänninnen.«

In diesem Augenblicke traten Regina und Frau von Marande, nachdem sie der Sorge einer Kammerfrau Carmelite, welche aus ihrer Ohnmacht wieder zu sich gekommen war , anvertraut hatten, in den Ballsaal ein.

Lorédan machte seiner Schwester ein unmerkliches Zeichen, worauf ihm Susanne mit einem unmerklichen Lächeln antwortete.

Und während zum dritten Male an diesem Abend Lorédan mit Frau von Marande die immer unterbrochene Conversation wieder anzuknüpfen suchte, stürzten sich Camille und Fräulein von Valgeneuse, um weitere Bekanntschaft zu machen, in den schwindelerregenden Wirbel des Walzers und verloren sich unter einem Ocean von Gaze, Atlaß und Blumen-.

Salvator

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