Читать книгу TESLAS GEHEIMNIS (Project 5) - Alex Lukeman - Страница 11
Kapitel 5
ОглавлениеDer Mann, der die Geschicke von AEON leitete, sah aus Fenstern seines Penthouse auf die Londoner Innenstadt hinaus. Von hier aus konnte er beinahe die gesamte Stadt überblicken – ein guter Ort, um über seine Macht nachzudenken.
Malcolm Foxworth war ein kleiner Mann mit einer ungeheuren Ausstrahlung. Sein Haar war schwarz, mit silbernen Strähnen durchsetzt und gut frisiert. Seine Ohren schienen ein wenig zu groß für seinen Kopf zu sein. Seine Augenbrauen bildeten dünne, schwarze Striche über schmalen Augen so blau wie Eisgletscher. Foxworths Gesicht war unauffällig, beinahe gewöhnlich. Wenn er wütend wurde, lief er rot an. Wenn er jedoch sehr wütend wurde, wurde sein Gesicht so weiß wie Kreide.
Foxworth hatte seine Karriere mit einer kleinen Zeitung begonnen, die er von seinem Vater geerbt hatte. Über die Jahre hatte er daraus ein weltweites Medienimperium geschaffen, indem er unzufriedenen Menschen genau das erzählte, was sie hören wollten. Er kontrollierte Radiostationen, Zeitungen, Magazine und Fernsehsender, die alle eine Sache gemein hatten: Sie dienten dazu, jene unheilvolle Wolke der Zwietracht zu nähren und auf der ganzen Welt Angst zu schüren.
Angst war Foxworths Mittel zum Zweck. Angst siegte fast immer über Vernunft. Ängstliche Menschen wurden wütend und ließen sich so leichter manipulieren. Die großen Politiker hatten die Ängste der Menschen immer wieder dafür genutzt, ihre Ziele zu erreichen. Dann gratulierten sie sich selbst zu ihren Erfolgen und hielten sich für die Herrscher der Welt. Aber nur sehr wenige wussten, wer tatsächlich die Fäden in der Hand hielt und die Welt an ihnen zappeln ließ.
Foxworth wusste es, denn er war einer von ihnen. Die Verschwörungstheoretiker hatten tatsächlich recht in ihrer Annahme, dass es eine verborgene Geheimgesellschaft gab, welche die Weltherrschaft anstrebte – sie lagen nur mit allem anderen falsch.
Über die Jahrhunderte hinweg hatte AEON viele Namen getragen. Die Illuminaten. Die geheimen Freimaurer. Die neue Weltordnung. Die trilaterale Kommission. Die Bilderberger. Das alles waren nützliche Ablenkungsmanöver gewesen, Futter für die menschliche Paranoia. Taschenspielertricks. Niemandem war es je gelungen, die wirkliche Verschwörung aufzudecken.
Doch in den letzten Jahren war ihm zunehmend jemand in die Quere gekommen.
Irgendwer hatte Harkers Laufburschen auf die Fährte der Demeter-Operation gebracht. Das war, als hätte man Sand ins Getriebe einer komplexen Maschine geworfen. Jahre der Vorbereitung waren auf diese Art binnen weniger Stunden von einem von einer Frau angeführten Team aus ignoranten, abgehalfterten Soldaten ruiniert worden. Und das war nicht das erste Mal gewesen, dass sie eine AEON-Operation zum Scheitern gebracht hatte. Wann immer er an Harker dachte, spürte Foxworth das Verlangen, sie an der Gurgel zu packen und ihr das Genick zu brechen.
Harker bezog ihre Macht aus ihrer Nähe zum Präsidenten. Präsident Rice spielte nicht nach den Regeln. Er ließ sich nicht bestechen oder dazu überreden, zu verstehen, welche Dinge wirklich eine Rolle spielten. Er war schwach, lehnte Kriegseinsätze kategorisch ab. Ohne ihn würde Harker bedeutungslos werden.
Rices Gegner in den anstehenden Präsidentschaftswahlen war eine Marionette der AEON-Gruppe. Wahlen aber waren unvorhersehbar, egal was die Umfragen im Vorfeld sagen mochten. Foxworth hatte nicht die Absicht, bis November zu warten und zu hoffen, dass sein Mann als Sieger hervorgehen würde.
Er würde zuerst Rice umbringen lassen und dann Harker töten.
Er blickte auf die sich ständig verändernde Skyline Londons hinaus. Ein leichter Regen klopfte gegen das Glas. Jenseits der Themse zeichnete sich das gigantische Riesenrad, das die Londoner auch das Auge nannten, vor dem grauen Himmel ab.
Ein plötzlicher, schmerzhafter Stich durchfuhr ihn. Er presste seine Hand gegen das dicke Fensterglas, um sich abzustützen. Alles verschwamm vor seinen Augen. Dann verlor sich der Nebel wieder und der Schmerz in seinem Schädel ebbte ab. Unsicher wankte er zu seinem Schreibtisch und setzte sich.
Auf der anderen Seite des Raums öffnete sich eine Tür. Eine große, elegant gekleidete Frau mit blasser Haut und langen schwarzen Haaren kam herein. Sie bewegte sich mit einer unbekümmerten Leichtigkeit und voller sexueller Verheißung. Ihr cremefarbenes Kostüm hob sich leuchtend von ihren dunklen Haaren ab, ihre rote Bluse zeigte gerade genug Dekolletee, um das Auge abzulenken, und in ihrem Blick funkelten unausgesprochene Gedanken.
Mandy Atherton war als Modell auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen, als sie vor zwei Jahren auf Foxworth traf. Im mörderischen Geschäft der Modedesigner und schönen Frauen gab es immer jemanden, der an ihrem Stuhl sägte. Mandy war nicht dumm. Sie wusste nur zu gut, worin ihre Zukunft lag, und das war nicht die Modeindustrie, sondern das Bett eines reichen Mannes.
In der letzten Zeit war es Foxworth zwar zunehmend schwergefallen, darin seinen Mann zu stehen, aber das war für Mandy kein Problem. Sie kannte andere Wege, um ihre Bedürfnisse zu stillen. Sie war mindestens so einfallsreich und intelligent wie schön. Tagsüber trat sie als Foxworths Assistentin auf.
»Malcolm, Doktor Morel ist hier.«
»Das wurde auch Zeit. Schick ihn herein.«
Doktor Morel trug einen Kinn- und Schnurrbart und einen dreiteiligen dunklen Anzug, der eine Menge Geld gekostet haben musste. Er war fünfzig Jahre alt, wurde langsam kahl und bekam eine Wampe. Er sah aus wie ein Schauspieler, der Sigmund Freud verkörperte. Handgefertigte Schuhe ließen ihn noch etwas größer wirken, und ein Hauch von Parfüm war ein Indiz für seine Eitelkeit. In seiner rechten Hand trug er einen glatten schwarzen Lederkoffer voller ausgewählter medizinischer Präparate bei sich.
Morel war kaum einen Meter siebzig groß, und das war einer der Gründe, warum Foxworth ihn gern um sich hatte. Zusätzlich zu seiner geringen Körpergröße war Morel verschwiegen. Er war ein Mann, der genau wusste, wie man seinen Kunden das Gefühl gab, umsorgt und respektiert zu werden. Noch viel wichtiger aber war, dass er wusste, wie man ihnen half, sich besser zu fühlen.
»Gottverdammt, Morel, wieso hat das so lange gedauert? Ich kann nicht denken mit diesen Kopfschmerzen.«
»Tut mir leid, Malcolm, auf der M1 war eine Baustelle. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Bitte, nehmen Sie Platz.«
Foxworth bestand darauf, dass ihn enge Mitarbeiter mit dem Vornamen ansprachen. Die einfachen Arbeiterbienen nannten ihn Sir.
Foxworth setzte sich an den Schreibtisch. Morel legte seinen Koffer auf dem Tisch ab, öffnete ihn und zog einen Stuhl heran. Dann nahm er ein Instrument heraus und leuchtete damit in Foxworths Augen.
»Sehen Sie nach oben. Jetzt nach rechts. Und jetzt nach links.« Er legte das Instrument wieder beiseite und nahm stattdessen eine Ampulle mit einer klaren Flüssigkeit darin und eine Spritze heraus.
»Noch irgendwelche anderen Symptome, Malcolm? Verschwommenes Sehen? Hörverlust? Gleichgewichtsprobleme?«
»Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Gib mir einfach etwas gegen die Kopfschmerzen. In zwanzig Minuten habe ich ein wichtiges Treffen.«
»Natürlich.« Morel zog die Spritze auf und ließ ein paar Tropfen herausquellen. »Die Hose, bitte.«
Foxworth stand auf. Morel bemerkte, dass er dabei ein wenig schwankte, behielt es jedoch für sich. Foxworth entblößte seinen Hintern und Morel verabreichte ihm die Injektion.
»In ein oder zwei Minuten sollten Sie sich bereits besser fühlen«, sagte er. »Sind Sie immer noch nicht bereit für ein paar Tests? Nur über Nacht.«
»Ich will keine Tests.« Foxworth spürte bereits, wie das Mittel zu wirken begann. Der Schmerz verflog. Er atmete tief durch. »Ich brauche keine Tests. Diese Kopfschmerzen kommen vom Stress.«
»Malcolm …«
»Ich sagte, ich will keine verdammten Tests, Morel.«
Foxworths Stimme war eisig geworden. Etwas Uraltes und sehr Gefährliches schien in ihr zu liegen. Morel wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als ob er gerade etwas unaussprechlich Böses gesehen hätte. Lächerlich, schalt er sich. Das hast du dir nur eingebildet.
Foxworth beruhigte sich wieder. »Erwähnen Sie es einfach nicht wieder. Solange ich Sie erreichen kann, brauche ich nichts anderes.«
»Für Sie bin ich immer erreichbar.« Morel klappte seinen Koffer zu.
Das Geld, das er für diese Besuche verdiente, garantierte dafür. Wenn sein Patient keine Untersuchungen wollte … nun, dann war das seine Entscheidung. Morel hatte getan, was er konnte. Er würde das Thema nicht wieder zur Sprache bringen, nicht nach Foxworths Ausbruch soeben. Für einen Moment hatte er sich tatsächlich bedroht gefühlt.