Читать книгу 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006 - Alfred Bekker - Страница 61

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Die Freunde zügelten die Pferde, als sie das Anwesen im Mondlicht erkannten.

Vor den Hütten standen einige Korrals. Eine Herde Pferde galoppierte am Zaun entlang.

Jiminez Spinola lag auf dem Pferdehals. Als sie hielten, war sein leises Stöhnen wieder zu hören.

„Das muss sein Rancho sein“, sagte Chaco. „Es ist niemand da. Er lebte mit dem erschossenen Peon hier allein.“

Sie ritten mit dem Verletzten zwischen sich um die Korrals herum und hielten vor der weißen Hütte aus Adobelehm. Das Haus war größer, als es ausgesehen hatte.

Carringo zog den Verletzten mit sanfter Gewalt vom Hals des Pferdes in die Höhe.

Spinola blickte verständnislos auf das Pferd, und als Carringos Griff sich lockerte, sank er sofort wieder auf den Hals des Tieres.

„Sinnlos“, sagte Chaco, saß ab und ging zur Hütte.

Ein Balken war in große Holzkrampen vor der Tür gehängt. Chaco nahm ihn heraus und warf ihn an die Wand. Er ging hinein und zündete eine Lampe an. Eine lange Lichtbahn fiel in den Hof.

„Ja, hier sind wir schon richtig“, sagte Chaco, als er wieder nach draußen trat. Er hielt den Verletzten fest.

Carringo stieg ab, ging um die Pferde herum und fasste mit an. Gemeinsam hoben sie den stöhnenden Mexikaner herunter, trugen ihn ins Haus und legten ihn auf eine Pritsche an der Wand, die mit Fellen bedeckt war.

Während sich Chaco um die Pferde kümmerte, entfachte Carringo im gemauerten Herd das Feuer, legte Holz auf und trat mit dem Wasserkessel hinaus, um ihn zu füllen.

Chaco durchsuchte erst noch die Remise und die andere Hütte. Als er zurückkam, hatte Carringo dem Verletzten Jacke und Hemd ausgezogen und wusch mit kaltem Wasser die Wunde aus.

Chaco nahm auch diese Hütte noch in Augenschein, um auf jeden Fall vor einer Überraschung sicher zu sein.

„Und?“, fragte, er, als er bei dem Freund stehenblieb.

„Die Kugel ist unter der zweiten Rippe eingedrungen. Sie steckt noch drin.“

„Dann will ich zusehen, dass ich geeignete Werkzeuge finde.“

„Ja, tu das.“ Carringo wusch die Haut des Mannes weiter ab.

Spinola befand sich noch immer in einem Zustand der Abwesenheit, der zwar keine Ohnmacht war, von dieser aber auch nicht sehr weit entfernt sein konnte. Manchmal hatte er die Augen offen und blickte Carringo an, aber es trat kein Zeichen des Erkennens in seine Augen.

Chaco schob den Wasserkessel etwas weiter zur Mitte des Herdes, öffnete die Feuerklappe und blies in die Flammen, die fauchend in die Esse fuhren und Funken aus dem Schornstein über dem Hüttendach schleuderten.

„Hast du die Werkzeuge?“

„Liegen schon hier.“

Carringo schaute sich um. Auf dem Tisch lagen eine lange Schere, zwei spitze Messer, Verbandstoff, ein Stück Draht und ein Stück Holz.

„Whisky oder so etwas Ähnliches fehlt noch. Sieh mal nach, ob du nicht eine Pinzette finden kannst.“

„Habe ich schon gesucht. Ist hier leider nicht zu finden. Wegen des Whiskys sehe ich gleich noch mal nach.“

Carringo setzte sich neben dem Verletzten auf die Pritsche.

Spinola hatte auf einmal die Augen auf und schaute ihn offenbar völlig klar an. „Sie ha... habe ich ...“

„Es ist besser, Sie sprechen nicht“, erwiderte Carringo. „Wir sind hier in Ihrer Hütte.“

„In meiner ...“

„Ja. Und Sie haben eine Kugel in der Brust, die wir Ihnen herausholen müssen. Dort, wo wir Sie fanden, wäre der Weg nach Rio Verde zu weit gewesen. Wir müssen es also allein versuchen. Sie wurden überfallen?“

„Über... überfallen?“ Spinola schien nachzudenken. „Ein Schuss! Plötzlich ein Schuss!“

„Gesehen haben Sie niemanden?“ „In der ... Ferne. Rauch. Ein Mann – Ramirez!“

„Sie haben ihn erkannt?“ Carringo stand erregt auf.

Doch der Verletzte schüttelte langsam den Kopf. „Nein, nicht erkannt. Aber er war es. Die ... Sharps-Rifle!“ Carringo wischte dem Mann den Schweiß von der Stirn. „Lassen Sie es sein, Mister Spinola. Es schwächt Sie und bringt uns doch nicht weiter. Wir können darüber später noch reden.“

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis das Wasser im Kessel auf dem Herd endlich leise zu singen begann.

„Bald ist es so weit“, sagte Chaco. Er rückte die Geräte zurecht und hatte indessen auch eine Flasche Tequila gefunden.

Carringo gab dem Verletzten aus der Flasche zu trinken.

Spinolas Wangen hatten sich gerötet. Auch seine Stirn war heiß.

Chaco ging hinaus und brachte eine Eisenstange aus der Remise, die so lang wie sein Unterarm war. Er schob sie, ohne dass Spinola es sehen konnte, in das Feuerloch, um sie dort zum Glühen zu bringen, damit sie später die Wunde damit ausbrennen und einer möglichen Blutvergiftung vorbeugen konnten.

Carringo gab dem Mann immer wieder zu trinken, bis die Flasche über die Hälfte geleert war und die Wangen Spinolas zu brennen schienen.

Chaco drehte die Stange im Feuer herum.

Dampf stieg aus dem Wasserkessel.

„Wir sind jetzt so weit“, sagte Carringo zu dem Verletzten.

Spinola nickte tapfer, obwohl die Angst in seinen Augen nicht zu übersehen war.

Chaco kam auf der anderen Seite um den Tisch herum, nahm das Holz und hielt es dem Verletzten hin. „Nehmen Sie es zwischen die Zähne, Señor. Es ist besser. Sie spüren dann sicher nur die Hälfte der Schmerzen.“

Spinola ließ sich das Holz zwischen die Zähne schieben.

Carringo stand auf und legte die Messer mit den Spitzen ins kochende Wasser. Sie hatten nichts anderes, und er konnte nur hoffen, dass die Kugel nicht zu tief steckte. Er musste sie zwischen die Messer kriegen und herausziehen. Dabei würde sich die Wunde noch vergrößern, was sie jedoch in Kauf nehmen mussten.

„Halte seine Oberarme fest, Chaco!“

Der Freund beugte sich vom Kopf her über den Mexikaner und presste ihm die Arme auf die Felle.

Carringo neigte sich seitlich über den Mann, der die Zähne in das Holz grub, dass es krachte und ein Riss durch das Kiefernscheit ging.

Die Messer fuhren in die Wunde. Blut lief dem Mann über die Haut. Carringo ertastete die Kugel, aber da schrie der Mann wie von Sinnen auf und spie das Holz aus.

Chaco hielt ihn fest. Doch der Körper bäumte sich auf.

Carringo ließ die Messer los und donnerte dem Mexikaner die Faust ans Kinn. Spinolas Schmerz ging in einer gnädigen Ohnmacht unter. Er lag still, so dass Carringo die Kugel herausziehen und Chaco ihn loslassen und die weißglühende Eisenstange holen konnte.

Spinola schrie erneut auf, als Carringo ihm die Wunde ausbrannte und der süßliche Geruch verbrannten Fleisches die Hütte erfüllte.

Da versetzte ihm Chaco noch einen Kinnhaken und sagte dabei: „Tut mir leid, Amigo, aber es geht nicht anders. Du hast es ja schon hinter dir.“

Carringo warf die immer noch glühende Stange in den Hof, nahm die Tequila-Flasche und trank sie selbst fast völlig leer. „Das ist schlimmer als eine ganze Woche lang Arbeit von früh bis in die Nacht, mein Junge.“

9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006

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