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Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch das kleine Fenster in die Hütte. Die Freunde saßen am Tisch und frühstückten ausgiebig, was bei Spinolas Vorräten eine Kleinigkeit für sie war. Chaco hatte starken Kaffee gekocht. Dem Verletzten konnten sie davon allerdings nichts geben, da er noch nicht erwacht war.

Ein weißer, dicker Verband spannte sich um Jiminez Spinolas Brust. Er atmete ruhig und gleichmäßig.

Draußen wieherte ein Pferd. Die Herde wurde unruhig.

Chaco erhob sich, ging zur Tür, öffnete sie und sagte: „Einer der Kerle von gestern aus der Stadt.“

Carringo war mit einem Satz auf den Beinen, lief an Spinolas Lager vorbei und trat neben den Freund.

Der Reiter hatte bereits die Remise pariert, sah die Freunde plötzlich und zügelte sein Pferd. Erschrocken schaute er zu ihnen.

Carringo ging hinaus und schob den Patronengurt sowie die Holster zurecht, um für alle Fälle gerüstet zu sein.

Da hatte sich der Mexikaner schon wieder gefasst. „Was wollt ihr denn hier?“

Chaco folgte dem Freund. Ein rascher Blick nach allen Seiten ließ ihn zu der Annahme gelangen, dass der Kerl allein unterwegs war.

Carringo hielt das Pferd am Kopfgeschirr fest.

„Ist Spinola da?“, fragte der Kerl. „Ich will zu Spinola. Und du lass mein Pferd los.“

„Willst du auch so eine Abreibung wie dein Kumpan gestern in der Kneipe?“, fragte Chaco freundlich.

„Ich will zu Spinola, zum Teufel. Ist er in der Hütte?“

„Hast du ihn schon auf der Piste zum Rio Verde gesucht?“, fragte Carringo. „Und bist du nur hier, weil du ihn dort nicht als Leiche finden konntest?“

Der Kerl trat nach Carringo. Carringo taumelte und musste loslassen.

Der Mexikaner sporte das Pferd an, ritt haarscharf an Chaco vorbei und galoppierte über den Hof. Chaco zog den Revolver.

„Lass ihn“, sagte Carringo. Er wandte sich ab und ging in die Hütte zurück.

Spinola war erwacht und schaute ihm entgegen. „Was war denn eben los?“

„Ein Reiter war da.“

„Ein Fremder?“ Spinola erweckte den Eindruck, völlig klar und frei von Fieber zu sein.

„Für uns ein Fremder.“ Carringo setzte sich an den Tisch und trank seine Tasse leer. „Wir haben uns übrigens selbst bedient, Señor. Wie fühlen Sie sich?“

„Ich denke, es geht mir ganz gut. Und ich wäre ohne Sie nicht mehr am Leben, nicht wahr?“

„Reden wir nicht mehr darüber.“

„Doch, darüber sollten wir reden! Mein Bruder hätte Sie in den Bergen beinahe umgebracht. Und nun verdanke ich es Ihnen, noch am Leben zu sein, Señor.“

„Wir verdanken Ihnen wohl das Gleiche. In dem Loch da oben in den Bergen wären wir irgendwann auch vor die Hunde gegangen.“

Der Hufschlag des Flüchtenden hatte sich entfernt. Chaco trat ein und schloss die Tür.

Er lächelte dem Verletzten zu und fragte: „Wie fühlen Sie sich?“

„Das habe ich ihn eben auch gefragt“, sagte Carringo.

„Der Kerl wollte wissen, ob Sie noch leben“, sagte Chaco an Spinola gewandt.

„Sagte er das?“

„Nein. Aber er hatte bestimmt den Auftrag, an der Piste zum Rio Verde nachzusehen, ob Sie dort noch liegen. Ich will meinen Hut verspeisen, wenn es anders ist. Und nun wollte er hier nachsehen.“

„Wir sahen diesen Burschen gestern in Rio Verde. Zusammen mit noch einem solchen Typ und einem riesigen Mann, den sie Mario Ramirez nennen.“

„Mein Gott!“

„Was haben Sie denn?“ Carringo stand auf, ging zu dem Mann hinüber und setzte sich auf das Felllager.

„Die reiten für Don Carlos Falange. Niemand kann das bewiesen. Aber es ist so. Ich weiß es. Ich muss Ihnen das wohl nun auch endlich erklären.“

„Sie brauchen uns nichts zu erklären.“ Carringo stand auf und schaute hinaus. „Wir wissen schon alles. Der Keeper in Rio Verde erzählte uns, was noch einer Klärung bedurft hatte. Sie betreiben diesen Rancho hier und haben gute Pferde gezüchtet. Offenbar bessere als Don Carlos Züchtungen. Und man redet von einer sagenhaften Mustangherde, die Sie und Ihr Bruder irgendwo versteckt hielten. Nur wir wissen außer Ihnen und Ihren Leuten, dass dies kein Gerücht, sondern eine Tatsache ist. Ich nehme an, es geht jetzt für Don Carlos darum, diesen Rancho und seine Bewohner samt Ihrem Bruder zu vernichten und die sagenhaften Rappen selbst zu übernehmen. Da niemand die Herde gesehen hat, würde sie am Ende dem gehören, der sie aus den Bergen bringt. Und das möchte vermutlich Don Carlos gern sein.“

„Ja, so ist es.“ Spinola sank erleichtert zurück. „Genauso ist es, Señor.“ Chaco hatte den Rest seines Brotes gegessen und trank den Kaffee. „Willst du noch etwas?“, fragte er mit einem Blick in die Kanne. „Es ist noch etwas drin.“

„Nein, ich nicht. Aber für ihn müssten wir was Kräftigendes kochen, Chaco.“

„Passiert sofort.“ Chaco ging zum Herd, fachte das Feuer wieder an und durchsuchte danach den Vorratsschrank.

„Mein Bruder müsste gewarnt werden“, sagte Spinola gepresst. Das Reden strengte ihn noch sehr an. Auch begannen sich seine Wangen wieder zu röten.

„Bleiben Sie ganz ruhig liegen“, mahnte Carringo. „Sie sind noch lange kein gesunder Mann.“

„Ja. Aber Adolpho, mein Bruder. Verstehen Sie?“

„Wir haben das versteckte Tal in den Bergen rein zufällig gefunden. Es war nicht schwer. Aber genauso gut hätten wir in hundert andere Täler geraten können.“

„In den Bergen suchen seit vielen Wochen Männer“, erwiderte Jiminez Spinola. „Allerdings ohne Glück und oft mehr als zwanzig Meilen von der richtigen Stelle entfernt. Aber die Gefahr ist inzwischen größer. Man wird verstärkt suchen. Don Carlos hat die letzten früheren Leute seiner Hazienda entlassen. Die er jetzt hat, sind für jede Schweinerei gut. Und Adolpho müsste auch wissen, was hier geschehen ist. Wäre es zu viel verlangt, wenn ich ...“ Spinola brach ab und schaute sie flehend an.

Chaco stand wieder neben Carringo. „Nein, es ist nicht zu viel verlangt“, entgegnete Carringo. „Ich werde in die Berge reiten. Schreiben Sie eine Nachricht für Ihren Bruder, damit er mir auch glaubt. Und Chaco wird hierbleiben und sich um Sie kümmern.“

„Es ist vielleicht doch zu viel verlangt.“

Chaco suchte schon nach Papier und einem Bleistift, damit Jiminez Spinola eine Nachricht für seinen Bruder schreiben konnte.

„Das ist sehr nett von Ihnen“, murmelte der Verletzte, als Chaco Papier und einen Stift brachte. Mit zittriger Hand schrieb Jiminez Spinola eine kurze Nachricht an seinen Bruder, die er Carringo gab. Der steckte sie zusammengefaltet in die Tasche, ging hinaus und näherte sich dem Korral, in dem nur sein Pferd und das von Chaco standen.

Carringo pfiff nach dem braunen Hengst. Das Tier schnaubte und trabte auf ihn zu. Er hängte das Gatter aus, tätschelte dem treuen Fox den Hals und sattelte ihn am Zaun. Danach führte er das Tier zur Hütte hinüber, ließ es davor stehen und trat ein.

Chaco brachte sein Gewehr und einen kleinen Beutel Proviant, den er rasch gepackt hatte. Auch die volle Wasserflasche hielt er in der Hand.

Carringo nahm ihm alles ab. „Ich bin morgen oder spätestens in zwei Tagen zurück. Halte solange die Ohren steif. Gute Besserung, Señor Spinola.“

„Haben Sie recht herzlichen Dank, Señor. Ich weiß nicht, wie ich das wiedergutmachen soll.“

„Vergessen Sie es.“

„Sie werden den Weg in das versteckte Tal finden?“, fragte Jiminez Spinola noch besorgt.

„Ich denke schon.“ Carringo verließ die Hütte und schwang sich in den Sattel.

Chaco hob grüßend die Hand, als der Freund wegritt.

9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006

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