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Während die überwiegende Zahl der Gläubigen, die das Heilige Haus aufsuchten aus Gehörnten bestand, waren die Priester ausnahmslos Insektoide von meiner eigenen Größe und Statur.

Natürlich waren sie flugunfähig und unterschieden sich damit deutlich von dem Drogendealer, der es nach meiner Ankunft auf dieser Welt auf mich abgesehen hatte und der dann letztendlich im Magen des Krakenartigen gelandet war (falls er einen Magen hatte, was aber unter Organischen weit verbreitet ist).

Ich erfuhr durch den Krakenartigen, dass die Priester die Gabe hatten, die drachenwurmartigen Tempelwächter zu beeinflussen. “Nur wenn die Tempelwächter es gestatten, ist es möglich, zum Tempel selbst zu gelangen”, erklärte mir der Krakenartige.

“Wie geschieht das genau?”, wollte ich wissen. “Benutzen die Pilger die Tunnel der Tempelwächter, um zum Tempel der Alten Götter auf dem Geheimen Mond zu gelangen?”

“Natürlich nicht”, widersprach der Krakenartige. “Das wäre viel zu gefährlich.”

“Wie geschieht das dann?”

“Die Tempelwächter öffnen ihr Maul. Sie sind größer als die meisten Gleiter oder Raumtransporter. Bis zu fünfhundert Gehörnte haben im Inneren eines Tempelwächters Platz. Dann machen sich die Tempelwächter auf und bewegen sich dem ankommenden Mond entgegen. Der Mondwelle widerstehen sie.”

“Wird es den Gläubigen auch gestattet, den Tempel zu betreten - oder sind sie schon zufrieden damit, wenn ihre besonderen Sinne durch die Subraumsignale stimuliert werden und sie ihren Rausch des Glaubens ausleben können?”

“Mitunter wählen die Priester jemanden aus, der den Tempel auch betreten darf und beeinflussen dann den jeweiligen Tempelwächter so, dass er dies ermöglicht.”

“Wie kann man so ein Auserwählter werden?”, fragte ich.

Das Glucksen des Krakenartigen war so laut, dass er einigen der gehörnten Gläubigen bereits unangenehm auffiel. Und auch zwei der insektoiden Priester drehten sich in seine Richtung um und bewegten dabei ihre Fühler und antennenartigen Fortsätze, die aus ihren Köpfen herauswuchsen. Welche Funktion sie hatten, wusste ich natürlich nicht. Aber das erschien mir im einzelnen auch nicht so wichtig.

“Vor allem braucht man ein kleines Vermögen in der Hauptwährung des Großen Tauschplatzes”, sagte der Krakenartige dann. “Offiziell geht es natürlich zum spirituelle Reife, falls deinesgleichen weiß was so etwas ist.”

“Durchaus”, gab ich zurück.

“In der Praxis reifen aber diejenigen, die nicht arm sind, spirituell etwas schneller als diejenigen, die das nicht vorweisen können.”

Ich gebe gerne zu, dass mir der Gedanke, dass Maul eines gewaltigen Geschöpfes zu betreten, um in dessen Körper zum Tempel der Alten Götter gebracht zu werden, nicht gefiel.

Aber manchmal war man gezwungen, auch unangenehme und beschwerliche Wege zu gehen, um schließlich ans Ziel zu gelangen.

Ich konnte beobachten wie Gruppen von Gehörnten durch die insektoiden Priester gesegnet wurden. Eine Gruppe bestand aus fünf bis sechs Personen. Die Priester bewegten die Fühler, die aus ihren Köpfen herauswuchsen und zerstäubten damit Substanzen, die aus einer Öffnung zwischen ihren Facettenaugen hervortraten.

Die Priester erzeugten dabei einen Chor von sonoren Brummlauten, vermischt mit einem durchdringenden Schnarren, dass durch Aneinanderreiben der Beißwerkzeuge entstand.

Nach dem Segen wurden die gehörnten Pilger von mehreren Priestern in die Mitte genommen und und zu einem Ort an der anderen Seite der Kuppelhalle geführt. Dort führt eine Treppe in die Tiefe.

“Dort geht es zu den Tunneln der Tempelwächter ", erläuterte mir der Krakenartige.

"Das bedeutet, dort steigt man in das Maul dieser Riesentiere ", vergewissert ich mich.

“Hör ich da ein gewisses Ressentiment heraus?", gab der Krakenartige zurück.

“Das erscheint mir überinterpretiert”, sagte ich.

“Und mir scheint dein Drang nach wahrer Erleuchtung nicht allzu stark zu sein”, erklärte der Krakenartige.

“Was weißt du vielarmiges Ungeheuer schon”, meinte ich. Dieser sogenannte Informationsdealer war mir ohnehin schon ziemlich auf die Nerven gegangen, um mich mit einer Metapher auszudrücken wie sie organischer Lebensformen gerne verwenden, sofern sie so etwas wie Nerven besitzen. Ich kann damit ja nicht dienen. Man könnte sagen leider. Man könnte aber auch sagen zum Glück. Unter dem menschlichen Sprachmaterial meines Translators befindet sich eine Redensart bei der von einem Mann ohne Nerven gesprochen wird, womit offenbar ausdrücklich

Niemand gemeint ist, der Nervenschäden davongetragen hat oder an einem körperlichen Defekt leidet, der den Verlust oder das Nichtvorhandensein von Nerven beinhaltet. Vielmehr verwendet man diesen Ausdruck in einer Redeweise und meint damit jemanden, der sich nicht durch emotionale Schwankungen oder vermeintlich ungünstige Umstände von seinem Ziel abbringen lässt, sondern stattdessen ganz und gar auf die Sache fokussiert ist, die er erreichen möchte. In diesem Sinn bin ich wahrscheinlich auch ein Mann ohne Nerven. Auf der körperlichen Ebene natürlich sowieso, denn die Übertragung von körpereigenen Steuersignal wird in einem Canyaj-Körper auf andere Weise gewährleistet, als es bei organischen Lebensformen normalerweise der Fall ist.

“Ich könnte ein Treffen mit dem Oberpriester für dich arrangieren”, sagte der Krakenartige. “Und das würde natürlich etwas extra kosten. Aber wenn du tatsächlich darauf wert legst, den Tempel wirklich mit deinem eigenen Füßen oder worauf immer du auch stehen magst, zu betreten, dann geht das nur, wenn du von den Priestern zum Auserwählten erkoren wirst. Die Chancen dafür ausgewählt zu werden, sind nicht besonders hoch, es sei denn, du…”

“...kannst ein lukratives Angebot an die Priesterschaft machen. Das erwähntest du bereits.”

“Noch ein zweiter Faktor spielt eine Rolle.“

"Welcher Faktor ist das?”

“Niemand würde das so offen zugeben, aber sagen wir mal so: Die Wahrscheinlichkeit für jemanden zum Auserwählten erkoren zu werden, ist extrem gering, wenn man nicht der Oberschicht der gehörnten Oligarchen angehört. Und die wiederum haben nicht das geringste Interesse daran, den Kreis der Auserwählten unnötig zu vergrößern, denn wenn jemand tatsächlich von der Priesterschaft auserwählt wurde, und nachweisen kann, dass er den Tempel der Alten Götter betreten und dort die Erleuchtung erfahren hat, dann hat es erhebliche Konsequenzen für seine gesellschaftliche Stellung.“

Etwas in der Art hatte ich mir schon gedacht.

Seitdem ich ein Verstoßener war und mehr oder minder ständig in der Gesellschaft von organischen Lebensformen lebte, war ich immer wieder auf derartige Strukturen gestoßen, die für die Gesellschaften organische Intelligenzen geradezu typisch waren.

Mir war durchaus klar, dass die Chancen für mich, den Status eines Auserwählten zu erreichen, unter diesen Gegebenheiten extrem gering waren.

Gedanklich suchte ich daher bereits nach Alternativen.

Trotzdem – ein Versuch war es sicherlich wert. Wie weit und einflussreich die Verbindungen des Krakenartigen waren, konnte ich letztlich auch nicht einschätzen.

Es war nicht völlig ausgeschlossen, dass er tatsächlich etwas für mich tun konnte und gute Verbindungen zur Priesterschaft unterhielt. Einige meiner bisherigen Beobachtungen sprachen durchaus dafür. Andererseits war es genauso gut möglich, dass er in Wahrheit gar nichts für mich tun konnte und mir gegenüber nur den Anschein erweckte, um mir möglichst lange seine Dienste verkaufen zu können. Jemandem der geschäftliche Mitbewerber verspeiste und da dieser Grad an Skrupellosigkeit durchaus zuzutrauen.

"Versuchen wir es”, sagte ich.

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