Читать книгу Krimi Trio 3306 - Drei Top Thriller - Alfred Bekker - Страница 42
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Einen Tag später saßen wir zusammen mit Rick Grazzo, seinem Anwalt und unserem Verhörspezialisten Kommissar Montcalm in einem Verhörraum.
Grazzo hatte offenbar inzwischen eingesehen, dass es keinen Sinn hatte, auf stur zu schalten und nichts zu sagen. Die Beweislage war, was den Drogendeal anging, so wasserdicht, dass er nur noch hoffen konnte, durch irgendeinen Kooperationsdeal etwas milder davonzukommen.
„Monsieur Grazzo, wissen Sie, wer der Killer mit der Bezeichnung die Hornisse ist?“, fragte Montcalm.
„Wenn Sie meinem Mandanten jetzt zusätzlicher Verbrechen bezichtigen wollen, dann ist dieses Gespräch sofort zu Ende“, mischte sich der Anwalt ein. Er hieß Louis-Jacques Salvadeau und hatte eine gutgehende Kanzlei. Aber abgesehen davon, dass er sich der Rechtspflege widmete, sagten uns uns Informanten, dass er in Menottis Organisation den Rang eines Concilliere ausgeübt hatte und vermutlich auch auf irgendeine Weise an dessen Geschäften beteiligt gewesen war. Beweisen konnte man das leider nicht. Noch nicht.
„Keine Sorge, Monsieur Salvadeau, wir bezichtigen niemanden und Ihr Mandant wird selbst beim größten Wohlwollen der Staatsanwaltschaft recht lange die vergitterte Aussicht aus dem Knast genießen können“, mischte ich mich ein. „Was wir wollen sind handfeste Informationen, von denen wir überzeugt sind, dass Ihr Mandant sie hat.“
„Die vor der Verhaftung Ihres Mandanten aufgezeichnete Audiospur, gibt ein Gespräch wieder, in dem die Hornisse erwähnt wird.“
„Das ist metaphorischer Sprachgebrauch, den Sie missverstanden haben“, erklärte Salvadeau. Salvadeau und Grazzo waren natürlich vorher mit dem Beweismaterial konfrontiert worden. „Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass nicht mein Mandant, sondern ein anderer Angeklagter von einer Hornisse gesprochen hat!“
„Und Ihr Mandant hat nie den Eindruck erweckt, als wäre ihm das alles völlig unverständlich!“, gab Francois zu bedenken.
„Trotzdem interpretieren Sie die Aussagen meines Mandanten auf eine unzulässige, aus dem Zusammenhang gerissene Weise, die ich nicht akzeptieren kann. Wir sind gerne bereit, zu allem Aufklärung zu leisten, was mit den ihm zur Last gelegten Delikt zu tun hat, aber mein Mandant weigert sich, an einer Befragung teilzunehmen, die einen derart spekulativen Charakter trägt!“
„Vielleicht sollten wir Sie einmal über die Hornisse befragen“, wandte sich Francois an Salvadeau. „Man hört auf der Straße, dass Sie da gewisse Insider-Kenntnisse besitzen.“
„Unterstellungen.“
„Schützen Sie jetzt die Interessen Ihres Mandanten oder vielleicht in Wahrheit Ihre eigenen?“
„Jetzt reicht es. Monsieur Grazzo, wir beenden das Gespräch hier.“
„Und wie wäre es, wenn Sie gehen und Monsieur Grazzo nimmt sich einen Anwalt, der etwas mehr an das Strafmaß seines Mandanten und etwas weniger an die eventuellen Komplikationen für die geschäftlichen Interessen seines Anwaltes denkt!“
„Monsieur Grazzo?“, fragte Salvadeau auf eine Weise, die einer Aufforderung gleichkam.
„Sie sollten sich das gut überlegen“, stellte ich fest. „André Menotti ist tot, der Mann, den wir für die Hornisse halten ebenfalls. Ich wüsste nicht, welche Schwierigkeiten Sie sich einhandeln könnten, wenn Sie uns einfach unsere Fragen beantworten.“
„Weder Menotti noch die Hornisse werden Ihren Aussagen übrigens noch widersprechen oder irgendetwas Unangenehmes aus der Vergangenheit auspacken können, Monsieur Grazzo“, ergänzte Francois.
Einige Augenblicke herrschte Stille.
Aber so ein Augenblick der Nachdenklichkeit tat vielleicht allen Beteiligten ganz gut. Die Gemüter hatten sich schließlich ziemlich erhitzt. Ganz besonders das von Salvadeau. Zumindest hatte sein Gesicht den tiefsten Rotton im Raum.
„Monsieur Grazzo, entweder wir verlassen jetzt diesen Raum oder ich lege mein Mandat für Sie nieder.“
„Dann tun Sie das“, entschied Grazzo.
Salvadeau schluckte. „Ganz wie Sie wollen. Mit den Folgen müssen Sie leben – nicht ich.“
„Das werde ich“, versprach Grazzo.
Salvadeau nahm Mantel und Aktenkoffer und ging zur Tür, um zu klopfen, damit ihn einer der Wächter hinausließ. „Guten Tag, Messieurs“, sagte er noch, bevor er hinausging.
„Legen Sie Wert darauf, dass erst ein anderer Anwalt verständigt wird?“, fragte Montcalm.
„Nein, stellen Sie einfach Ihre Fragen.“
„Wer steckt hinter der Bezeichnung 'die Hornisse'?“, fragte ich.
„Einen Klarnamen weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass André Menotti ab und zu jemanden anheuerte, der so bezeichnet wurde. Das war eigentlich ein offenes Geheimnis. Manche machten Witze darüber. Die Hornisse war für das sehr grobe Handwerk zuständig und ich glaube, es reichte oft schon, damit zu drohen, diesen Kerl zu engagieren, um sich durchzusetzen. Das war eigentlich immer der Stil von André Menotti. Martialisch drohen, aber möglichst nichts tun, was einem später als juristischer Strick um den Hals gelegt wird.“
„Haben Sie die Hornisse je gesehen?“, fragte ich.
„Einmal. Aber das ist schon Jahre her.“
„War es dieser Mann?“
Ich schob ihm ein Foto von Delaville hin.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, der Kerl, den ich gesehen hatte, hatte volleres Haar, außerdem war er dunkelhaarig und hatte einen Schnauzbart.“
„Also sah er so aus“, sagte ich und gab ihm ein Standbild aus den Videoaufzeichnungen, die in der Flughafenhalle gemacht worden waren.
Grazzo runzelte die Stirn, nahm das Bild mit der linken näher an die Augen und nickte dann.
„Ja, das ist er“, bestätigte er. Dann sah er auf das erste Bild. „Ist das derselbe Typ?“
„Ja.“
„Erstaunlich. Aber es hieß ja auch immer, dass 'die Hornisse' fünf oder sechsmal den Namen gewechselt hat. Ein richtiges Chamäleon.“
Es war also durchaus möglich, dass noch einige Überraschungen auf uns warteten, wenn wir die verschiedenen Vorleben der Hornisse erst einmal alle verifiziert hatten.
„Uns interessieren vor allem zwei Dinge“, sagte ich. „Warum hat die Hornisse ihren Ruhestand aufgegeben? Das ist Frage Nummer eins. Und zweitens: Wer könnte Ihren Boss umgebracht und dabei die typische Mordmethode der Hornisse kopiert haben?“
„Die Antwort auf die Frage Nummer eins ist leicht“, meinte Grazzo.
„So?“
„Es ist immer dasselbe. Geldmangel. Auf zu großem Fuß gelebt, Fehlspekulationen. Und abgesehen davon sind die Preise für Auftragskiller in den vergangenen Jahren auch stark gefallen. Die Preise werden gemeinhin stark überschätzt, die ein Profikiller erzielen kann.“
„Für wen könnte die Hornisse Selma Laplace umgebracht haben?“
„Wer soll das sein?“
„Eine leitende Angestellte bei 'Les Partenaires du Succès' – und bei dieser Investmentfirma hatte auch André Menotti über einen Strohmann seine Finger im Spiel.“
„Wirklich keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Von dem Skandal um 'Les Partenaires du Succès' habe natürlich gehört. Ich würde mal sagen, jeder der ein paar Euros zum Anlegen übrig hatte, ist davon betroffen worden. Die haben ja damals auch geradezu fantastische Renditen versprochen.“
„Noch besser, als im Drogenhandel?“, fragte Francois spitz.
Grazzo sah ihn ihn schief an. „War vielleicht einen Fehler meinen anwaltlichen Kampfhund vor die Tür zu schicken!“, knurrte er. Francois sah mich an. Ein stummes ‘Pardon!' war das. Besonders geschickt war das nämlich nicht gewesen, aber jedem von uns können mal kurzfristig die Pferde durchgehen.
„Ich weiß allerdings, dass Monsieur Menotti für die Hornisse einen Kunden vermittelt hat“, eröffnete Grazzo nun.
„Wann war das?“, hakte ich nach.
„Noch nicht lange her.“
„Wer der Kunde war, wissen Sie nicht zufällig?“
„Es gibt Dinge, die will man gar nicht wissen. Die hört man nur und vergisst sie wieder.“ Er zuckte die Achseln. „Wie hätte ich auch ahnen können, dass Sie mich danach fragen und ich dafür ein paar Jahre weniger Knast bekommen kann?“
„Was glauben Sie, wer hat Menotti umgebracht?“
„Keine Ahnung. Aber ich an Ihrer Stelle würde immer auf das Geld sehen.“
„Wie meinen Sie das?“
„Wo es hinfließt und an wem der Strom bisher vorbeigegangen ist. Das Geld führt immer zur Wahrheit.“