Читать книгу Genesis V - Alfred Broi - Страница 17

XIII

Оглавление

Melia schob sich durch eine schmale Nische in den ohnehin engen Gang, dann sprang sie einen kleinen Absatz hinunter, der sie auf eine recht große, beinahe waagerechte Felsplatte führte.

Während sie ein wenig verschnaufte, konnte sie Chalek einige Meter links von sich sehen, wie er ihren Weg bereits weiter erkundete. Der Junge stand vor einem schmalen Durchgang und warf ihr einen kurzen, lächelnden Blick zu, bevor er dahinter verschwand.

Doch Melia entschied, ihm nicht zu folgen. Obwohl sie sehr gut vorangekommen waren, war ihr Weg doch stets sehr gefährlich und sehr anstrengend. Sie brauchte jetzt einfach eine Pause, ein wenig Nahrung und einen Schluck Wasser. Sie nahm ihren Rucksack vom Rücken und streckte sich einmal zu ihrer vollen Größe aus, reckte ihre Arme weit in die Höhe, drückte ihren Rücken durch und stöhnte ausgiebig. Dann holte sie ein Stück Brot und eine kleine Ruari-Frucht aus ihrem Rucksack, die an eine Tomate erinnerte, allerdings nur eine wässrig-orange Farbe besaß, der man bereits ansah, dass sie kaum wirklich gesund war. Dennoch biss Melia herzhaft hinein und ließ sich nicht anmerken, dass der Geschmack eigentlich nur fade zu nennen war. Mit einem Schluck Wasser, dass zumindest noch einigermaßen neutral und frisch schmeckte, ließ es sich aber ertragen.

Während sie kaute, schaute Melia sich um. Sie stand auf einer Felsplatte, die nach vorn hin offen war und einen weiten Blick in das südliche Tibun ermöglichte, wenngleich der Dschungel dort von vielen Nebel- und Dunstschwaden verdeckt war. Einem inneren Impuls folgend, trat Melia bis an den Rand der Platte vor und schaute dann vorsichtig hinunter. Schon eine Sekunde später war ihr klar, dass sie es hätte wissen müssen, denn der Blick in die noch immer schier bodenlose Tiefe raubte ihr erneut den Atem und jagte Schwindelgefühle durch ihren Körper. „Oh warte!“ stieß sie hervor, als sie plötzlich eine Hand an ihrem rechten Oberarm spürte, die sie sanft zurückzog.

Es war Chalek, der zurückgekehrt war, weil Melia ihm nicht gefolgt war.

„Danke!“ sagte Melia und lächelte ihn an.

Alles okay?

„Ja!“ Sie nickte. „Ich brauche nur eine kleine Pause!“

Jetzt nickte Chalek, ging zu der Stelle, wo sie ihren Rucksack gelassen hatte, entledigte sich seines Exemplars und genehmigte sich ebenfalls einen Schluck Wasser.

Währenddessen drehte Melia sich herum und hob ihren Kopf an. Weit über sich erkannte sie den Gipfel des Tafelberges. „Wir sind gut vorangekommen!“ meinte sie schließlich zufrieden und setzte sich neben den Jungen.

Ich schätze, wir haben schon über dreihundert Höhenmeter zurückgelegt!

„Echt?“ Melia war sichtlich überrascht. „Wow, das ist viel!“ Sie atmete einmal tief durch. „Gib mir fünf Minuten, dann können wir auch schon weiter!“

Chalek nickte ihr mit einem sanften Lächeln zu, dann wandte er seinen Kopf nach vorn und schaute scheinbar unbestimmt in die Ferne. Melia bemerkte, dass er sein Lächeln verlor, sobald er sich unbeobachtet fühlte und sich sogar ein dunkler Schatten über sein Antlitz legte. Melia tat so, als würde sie sich entspannen, behielt ihn aber immer irgendwie im Auge. Als sich sein Ausdruck auch nach einer Minute noch immer nicht geändert hatte, begann sie sich Sorgen zu machen. „Chalek?“ fragte sie etwas unsicher.

Der Junge reagierte im ersten Moment nicht, dann erst drehte er seinen Kopf zu ihr. Sein finsteres Gesicht war sofort verschwunden. Ja?

„Ist alles in Ordnung mit dir?“

Warum?

„Du bist so ernst! Irgendwie...!“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „...traurig!“

Nein! Chalek schüttelte den Kopf. Nicht traurig. Nur...nachdenklich!

„Warum?“

Ach, es ist wegen des Flugbootes!

„Ja?“

Die Menschen, die ich im Cockpit gesehen habe!

„Was ist mit ihnen?“

Er verzog das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. Da war ein Mann unter ihnen, der... Jetzt suchte er nach den richtigen Worten. ...ich weiß nicht? Er schaute Melia etwas hilflos an. Er kam mir...bekannt vor!

„Was?“ Melia, die bisher steif dagesessen hatte, drehte sich zu ihm herum und schaute ihm mit großen Augen an. „Aber...?“

Ich bin mir nicht sicher! erwiderte Chalek sofort. Doch... Er blieb einen Moment stumm, dann schüttelte er den Kopf. ...ich spüre etwas...Vertrautes in mir!

„Dann weißt du, wer dieser Mann ist?“

Chalek sah sie einen Moment lang an, dann schüttelte er wieder den Kopf. Nein! Nicht, dass ich wüsste. Ich bin absolut sicher, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen habe, aber dennoch... Es ist total verrückt, ich weiß! Er schaute Melia wieder hilflos an, die sichtlich mitfühlte. Ich habe ein derartiges Gefühl noch niemals zuvor gehabt. Ich kann es kaum beschreiben. Er wartete, bis Melis ihn direkt ansah. Aber es lässt mich nicht mehr los!

Seine Freundin schaute ihn einen langen Moment an, dann nickte sie mit einem traurigen Lächeln. „Dann sollten wir wirklich alles daransetzen, das Flugboot und diesen Mann zu finden, damit du sein Geheimnis lüften kannst!“ Sie nickte ihm bestimmt zu.

Chalek musste sofort lächeln und seine Augen strahlten, bevor sie viel zu schnell wieder ernst und nachdenklich wurden.

„Also ich für meinen Teil habe mich genug ausgeruht!“ meinte Melia und verstaute ihre Sachen wieder in ihrem Rucksack. Ohne auf Chalek zu achten, erhob sie sich und schulterte ihn schließlich wieder. Dann blieb sie reglos neben ihm stehen und schaute auf ihn herab. „Na los, komm!“ Sie streckte ihm ihre rechte Hand entgegen.

Chalek blicke zu ihr auf, dann musste er wieder lächeln, nahm ihre Hand und zog sich an ihr auf die Beine.

Melia grinste breit, klopfte ihm auf die Schulter und deutete ihm an, wieder die Führung zu übernehmen.

Wenige Augenblicke später durchquerten beide den schmalen Felsspalt, durch den Chalek schon vor Minuten gegangen war. Die Bewegungen des Jungen waren hierbei eher mechanisch, denn er dachte noch immer über Melias Worte nach. Sie hatten ihm gutgetan und er war ihr dankbar dafür.

Doch während sich in seinem Gesicht wieder etwas Zuversicht zeigte, war Melias Blick hinter ihm sehr traurig, denn sie befürchtete, dass dieser Mann, der Chalek so vertraut zu sein schien, nichts als Ärger und Enttäuschung über sie bringen würde.

*

Vilos Aktionen waren zum einen nach vorn, zum anderen nach hinten gerichtet.

Nach vorn, um mit größter Aufmerksamkeit den schmalen Weg zu ihren Füßen schnellstmöglich zu sondieren und nach Schwachstellen oder Gefahrenpunkten abzusuchen.

Nach hinten, um zu sehen, ob und wie die Anderen aus seiner Gruppe mit seinem dennoch immens hohen Tempo mithalten konnten.

Doch zu seiner Überraschung machte weder das Eine, noch das Andere im Moment Probleme.

Der Weg, so schmal und steil er auch war, zeigte seine gefährlichen Ecken und Kanten schon frühzeitig, sodass sie gut vorankamen. Leira zeigte natürlich noch keinerlei Ermüdungserscheinungen und auch Jovis war noch immer aufmerksam bei der Sache. Und Kaleena schien eine weitaus bessere Kondition zu haben, als ihr Mann ihr zugetraut hätte. Ein Blick in ihr schmutziges, aber auch jetzt noch atemberaubend schönes Gesicht zeigte weiterhin große Entschlossenheit, die sie sichtlich antrieb. Vilo musste kurz lächeln. Die Suche nach den Menschen auf dem Tafelberg war ihre Idee gewesen und er kannte seine Frau gut genug, um zu wissen, dass sie ihre ganze Kraft darauf verwenden würde, sie zu finden.

Im nächsten Moment trafen sich ihre Blicke. Kaleena blieb stehen, schaute ihn zunächst etwas überrascht an, dann aber lächelte sie zurück und nickte ihm zu. Offensichtlich dachte sie, er wolle sehen, ob noch alles okay war.

Vilo erwiderte ihr Nicken und wandte sich wieder um. Bevor er weiterging, machte er einen halben Schritt nach rechts und schaute an der beinahe senkrechten Felswand hinab in die Tiefe. Sofort riss er seine Augen auf und schürzte die Lippen, während er den Kopf zufrieden hin und her wiegte. Sie waren schon viel weitergekommen, als er gedacht hätte. Unter ihnen lagen sicher schon mehr als zweihundert Höhenmeter. Wenn sie weiterhin Glück hatten und in ihrer Kraft und Ausdauer nicht allzu sehr nachließen, konnten sie den Gipfel in weniger als vier Stunden erreichen.

Doch wer wollte schon ernsthaft damit rechnen, dass in dieser schier endlosen Zeit nichts geschehen würde, was ihre Pläne durchkreuzen konnte?

*

Etwa einhundert Meter, nachdem sie die Kitaja verlassen hatten, hatten sie den Gipfel der Verwerfung erreicht und es begann ein steiler Abstieg nach Norden durch dichten Dschungel, der tückisch war, da der Boden sich oft genug weich und rutschig präsentierte und auf dem Abhang überall scharfkantige Felsbrocken im Weg lagen.

Sie mussten höllisch aufpassen, nicht auszurutschen und sich daran zu verletzen.

Buras hatte die Führung übernommen. Ihm folgten Mavis und Matu. Die Nachhut bildete Captain Tibak. Sie alle bewegten sich schnell, aber dennoch beinahe lautlos. Die hohe Luftfeuchtigkeit hier sorgte dafür, dass ihre Kleidung sehr bald durchgeschwitzt war und eklig an ihren Körpern klebte. Sie machten selten Rast, tranken aber regelmäßig Wasser.

Der dichte Dschungel sorgte für eine fast permanente Dämmerung am Boden, was ihren Weg nicht einfacher machte. Nur hier und da stach die Sonne wie Säbelklingen durch das Blätterdach und sorgte für einen bessern Blick auf ihre Umgebung. Und die lebte eindeutig! Immer und überall waren Geräusche zu hören. Laute, Rufe, Scharben, dumpfe Schläge, Rascheln. Und immer und überall war Bewegung zu spüren. Schritte, dunkle Schatten, die umherhuschten.

Nein, sie waren ganz sicher nicht allein hier, doch blieb ein Kontakt, welcher Art auch immer, bisher aus. Mavis führte das darauf zurück, dass es noch immer helllichter Tag war, wenngleich man dieses Gefühl hier nicht unbedingt haben konnte. Die Zeit der größeren Räuber aber würde sicherlich der Abend und noch mehr natürlich die Nacht werden. Vielleicht war es eine wirklich gute Idee, zu diesem Zeitpunkt den Dschungel verlassen zu haben. Mavis beschloss, diesen Gedanken nicht mehr zu verwerfen und sich zu gegebener Zeit rechtzeitig wieder daran zu erinnern.

Jetzt aber bemerkte er, dass der Weg vor ihnen merklich flacher wurde. Offensichtlich mussten sie den Fuß der Verwerfung erreicht haben. Damit waren sie ihrem Ziel schon ziemlich nahegekommen.

Wenige Minuten später lichtete sich der Dschungel um sie herum allmählich. Immer mehr Sonnenlicht strömte hinab und sie konnten jetzt nicht mehr einfach so ihren Weg fortsetzen, sondern mussten darauf achten, den Schutz der Bäume und des Unterholzes zu nutzen. Die Wahrscheinlichkeit auf feindliche Spezies, insbesondere der widerlichsten Art, zu treffen, stieg von Minute zu Minute.

Genesis V

Подняться наверх