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Juli 2013

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Walsend, Texas

Der Regen prasselte beständig auf das Pflaster und die gelben Straßenlaternen spiegelten sich auf dem schwarzen Bürgersteig. Die kleine Stadt Walsend vermittelte einem das Gefühl, hundert Jahre in der Vergangenheit zu leben. Sie hätte auch in Europa liegen können. Die Straßen waren schmal und wiesen uraltes Kopfsteinpflaster auf. Auch die Häuser waren alt und aus Stein gebaut. Untypisch für diese Gegend, doch sehr beliebt. Die Nähe zu Huntsville tat ihr Übriges. Wer hier wohnte, gehörte zu den Besserverdienern.

Valea starrte durch die Windschutzscheibe auf die andere Straßenseite und murmelte einen leisen Fluch.

Jetzt würde sie zum dritten Mal an diesem Tag nass werden, und das wegen eines Telefongesprächs, das noch nicht einmal für sie relevant war.

Sie seufzte und stieß schwungvoll die Wagentür auf. Dann rannte sie los.

Vor einer großen dunklen Tür hielt sie und suchte nach der Klingel. Als sie keine fand, klopfte sie energisch.

Fast sofort öffnete sich ein Schiebefenster, das sie bei der schlechten Beleuchtung übersehen hatte.

„Sie wünschen?“, fragte eine dunkle Männerstimme.

Valea räusperte sich.

„Äh, ich suche eine Freundin, die hier zu Besuch ist. Ich habe eine sehr wichtige Nachricht für sie.“

„Sind sie Mitglied?“

„Nein. Aber ehrlich, ich will mich nicht einschleichen. Die Nachricht ist wirklich dringend, und ich verspreche Ihnen, ich bleibe so kurz wie möglich.“

„Einen Moment.“

Das Schiebefenster wurde verschlossen.

Valea trat ungeduldig von einem Bein aufs andere. Mittlerweile war sie völlig durchnässt. Nach endlos scheinenden Minuten wurde die Tür aufgeschlossen und sie trat erleichtert ein.

Neugierig spähte sie durch das Halbdunkel. Der Türsteher war ein hochgewachsener junger Mann, der sie skeptisch von oben bis unten betrachtete.

Valea konnte ihm das nicht übelnehmen.

Während er einen Smoking trug und wie geschniegelt aussah, steckte sie in verwaschenen Jeans und einem schmuddeligen Parka, der beständig vor sich hin tropfte. Ihr Freizeitoutfit nach getaner Arbeit.

„Tut mir leid, dass ich nicht clubgemäß angezogen bin“, meinte sie entschuldigend. „Aber heute Abend ging bei mir alles drunter und drüber.“

„Sie können ihre Jacke dort an der Garderobe abgeben. Darf ich fragen, wen sie suchen?“

„Natürlich. Jasmin Lenz. Soweit ich weiß, ist sie seit zwei Jahren ein begeistertes Mitglied.“

Valea konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken, während sie ihren Parka auszog.

„Können Sie mir einen Tipp geben, wo ich sie eventuell finden kann? Oder können Sie sie vielleicht ausrufen lassen?“

Der Türsteher schüttelte den Kopf.

„Tut mir leid, das geht nicht. Die Mitglieder sind weitgehend anonym hier, und Ausrufe würden die Intimsphäre verletzen. Ich weiß aber, dass Miss Lenz noch anwesend ist. In welchen Räumlichkeiten kann ich Ihnen aber nicht sagen.“

Valea zuckte die Schultern.

„Na, dann werde ich sie wohl suchen müssen. Ich beeil mich auch.“

„Darf ich sie noch um Ihren Führerschein bitten?“

Valea stutzte. „Warum?“

Der Türsteher setzte ein unverbindliches Lächeln auf.

„Nun, sie sind noch kein Mitglied, und deshalb muss ich darauf bestehen. Sobald Sie uns wieder verlassen, werden Sie ihren Ausweis selbstverständlich zurückerhalten.“

Valea zog achselzuckend ihre Börse heraus und händigte das Gewünschte aus.

Dann stieg sie gespannt eine Wendeltreppe nach unten.

Jasmin hatte ihr ja schon oft von diesem Club vorgeschwärmt. Hauptinteresse der Mitglieder war Sex, und angeblich gab es keine Tabus. Dies war eine absolut neue Welt für Dr. Valea Noack, und bisher hatte sie auch noch nie den Wunsch verspürt, dieses Milieu kennenzulernen. Doch an diesem Abend musste sie sich wohl oder übel dazu entschließen. Es ging immerhin um Jasmins Zukunft und ihre Freundin hatte ihr das Versprechen abgerungen, sie sofort zu benachrichtigen.

Als sie die Kellerräume betrat, blieb sie erst einmal verblüfft stehen.

Der Saal vor ihr war riesig und großzügig mit Stühlen, Tischen, Couchs und einer zentralen Bar ausgestattet. Alles wirkte gediegen und edel, aber nicht überladen. Nie hätte sie in einem Keller solch luxuriöse Größe vermutet. Und er schien gut besucht zu sein. An allen Tischen saßen Gäste und freizügig bekleidetes Personal. Jasmin konnte sie allerdings nirgendwo entdecken.

Als etwas gegen ihre Beine stieß, blickte sie nach unten und gewahrte einen riesigen schwarzen Hund, der interessiert an ihrer Hose schnüffelte.

Lächelnd hielt sie ihm ihre Handfläche vor die Nase.

„Hallo, mein Hübscher. Magst du meinen Geruch? Das wundert mich wirklich. Ich stinke bestimmt fürchterlich nach Chemikalien, Blut und Leichen.“

Der Hund schaute auf und ihr direkt in die Augen.

Verblüfft registrierte sie, dass diese von einem tiefen Blau waren.

„Na so was“, lächelte sie. „Ein blauäugiger, schwarzer Riesenhund. Das gefällt mir.“

Sie hockte sich nieder, so dass sie mit dem riesigen Hundekopf auf einer Höhe war und kraulte den haarigen Hals.

Der Hund legte den Kopf etwas zur Seite und blinzelte sie an. Ein zufriedenes Grollen drang aus seiner Kehle.

Valea lachte.

„Du lässt dich wohl gerne verwöhnen, was? Aber ein so hübscher Kerl wie du findet da bestimmt immer jemanden, der dazu bereit ist.“

Das Grollen verstummte und ehe Valea sich’s versah, hatte der Hund seine Pfoten auf ihre Schultern gestellt.

Von dem plötzlichen Gewicht überrascht kippte sie nach hinten gegen das Treppengeländer. Kichernd wehrte sie den Hund ab, der spielerisch nach ihrem Arm schnappte.

„Cato, benimm dich!“, kam ein barscher Befehl.

Frau und Hund blickten wie ertappt auf.

Vor ihnen stand ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann, etwa Ende Dreißig, der streng auf den Hund sah. Dieser zog sofort den Schwanz ein und machte ein paar Schritte rückwärts.

Der Mann hielt Valea die Hand hin.

„Ich hoffe, er hat Sie nicht allzu sehr belästigt.“

Valea erhob sich mit seiner Hilfe.

„Oh nein, ganz und gar nicht. Er ist wirklich ein netter Kerl.“

„Finden sie?“ Er warf dem Hund einen belustigten Blick zu. „Normalerweise ist er der Schrecken der Gäste. Er sollte gar nicht hier herumlaufen. – Sie sind zum ersten Mal hier, Miss …?“

„Noack“, half Valea. „Valea Noack. Jawohl, bin ich, und ich bin auch kein Mitglied.“

Er betrachtete sie ausgiebig.

„Und wie haben sie Lex überredet, sie hereinzulassen?“

„Sie meinen diesen reizenden Türsteher? Ich habe ihm erzählt, dass ich dringend meine Freundin suche.“

„Soso, und das hat er ihnen geglaubt?“

Valea blitzte ihn empört an.

„Natürlich, schließlich ist das ja auch die Wahrheit. – Wer sind sie eigentlich? Der Club-Detektiv?“

Der Mann lachte leise.

„Nein, ich bin Raz Gor.“

„Oh.“ Valea war peinlich berührt. „Jasmin hat mir von Ihnen erzählt. Sie sind der Besitzer dieses Etablissements, nicht wahr? Tut mir leid.“

Raz Gor nickte und Valea hätte schwören können, dass es in seinen blauen Augen spöttisch blitzte. Nachdem sie sich von ihrer ersten Überraschung erholt hatte, betrachtete sie ihn etwas genauer.

Raz Gor war etwa einen Kopf größer als sie und sah zweifellos sehr gut aus. Seine braunen Haare waren kurzgeschnitten und wirkten gepflegt. Genauso wie sein gesamtes Äußeres. Überhaupt strahlte seine ganze Haltung Selbstbewusstsein und Autorität aus.

Valea war sich überhaupt nicht sicher, ob sie ihn sympathisch fand oder eher beängstigend.

„Nun, Miss Noack, ich will Sie nicht von ihrer dringenden Suche abhalten. Wenn Sie ihre Freundin gefunden haben, lade ich Sie gerne noch zu einem Glas ein.“

Valea zögerte.

„Das ist ja sehr nett von Ihnen, aber ich schätze, ich verschwinde lieber so schnell wie möglich von hier, sonst werde ich noch von Ihrem Türsteher gesteinigt.“

Raz Gor lachte wieder leise.

„Ich denke, er wird darüber hinwegsehen, wenn ich ihn darum bitte.“

Valea errötete leicht.

„Äh, ... natürlich. Ja also, dann … bis später.“

Etwas hastig zog sie sich von Raz Gor zurück. Innerlich schalt sie sich wütend. Wie konnte sie sich nur so dumm benehmen, beinahe wie ein Schulmädchen. So etwas war ihr schon jahrelang nicht mehr passiert, dafür war sie viel zu selbstbewusst. Aber irgendetwas an diesem Mann verunsichert sie. Kurz blitzte Roman Rothensteins Gesicht vor ihr auf. War es diese überhebliche Selbstsicherheit, die sie von ihm kannte?

Sie schüttelte das unwohle Gefühl ab, und durchstreifte den Raum, um nach Jasmin Ausschau zu halten.

Aber diese war nirgends zu sehen.

Schließlich betrat sie die Nebenräume.

Waren in dem großen Raum allenfalls schmusende Pärchen und trinkende Singles zu finden, so ging es in den anderen Räumen schon härter zu Sache.

Unangenehm berührt beobachtete Valea die mehr oder weniger bekleideten Gäste, die teilweise recht hemmungslos miteinander umgingen. Es war viel nacktes Fleisch zu sehen und die Geräusche, die an Valeas Ohren drangen, ließen sie ihre Schritte beschleunigen. Sie war nicht prüde, doch eine solch ungezügelte Sexualität war nicht ihr Ding.

Erst nach einiger Zeit merkte sie, dass sie nicht alleine war.

Cato, der riesige Hund, klebte ihr dicht an den Fersen.

Valea seufzte und hockte sich vor ihm nieder.

„Na, mein Freund? Spielst du Leibwächter? Wie wäre es, wenn du mir hilfst und Jasmin suchst? Jasmin Lenz, etwa einen Meter siebzig groß, blond und ein hemmungsloses Plappermaul. Das würde mir hier eine Menge Peinlichkeit ersparen.“

Cato sah sie mit schiefgelegtem Kopf an. Dann drehte er um und trabte zu einer Tür. Dort blieb er stehen und sah sie auffordernd an.

Valea starrte zurück. Sie war sich überhaupt nicht sicher, wie sie dieses Verhalten deuten sollte.

„Teufel noch mal“, murmelte sie. „Wenn du mich wirklich zu Jasmin bringst, dann werde ich nie wieder über Lassie oder sonst welche Hundeserien schimpfen.“

Sie erhob sich und ging auf die Tür zu. Als sie diese geöffnet hatte, lag vor ihr ein langer Gang mit weiteren Türen zu beiden Seiten. Die Wände waren mit rotem Samt tapeziert, der Boden mit einem ebenso roten Teppich ausgelegt. Eine diffuse Beleuchtung erhellte den Korridor.

Cato eilte schnurstracks auf eine Tür zu und hockte sich davor.

Valea blickte erst auf die Tür und dann auf den Hund.

„Also gut“, meinte sie dann leise. „Vielleicht bin ich ja bescheuert, aber ich glaube dir einfach, okay? – Du hast nicht zufällig noch einen Vorschlag parat, was ich jetzt machen soll?“

Cato sah sie nur unverwandt an.

Valea seufzte.

„Dachte ich‘s mir doch. In der wichtigsten Phase kneifst du.“

Zaghaft klopfte sie an die Tür.

Als keine Antwort ertönte, drückte sie leise die Klinke herunter und öffnete sie.

Vorsichtig spähte sie in den Raum.

Er war relativ klein, gemütlich mit Sofa und Tisch sowie einem flauschigen Teppich eingerichtet, und wurde von einem großen Bett beherrscht.

Und auf dem Bett lag eine völlig nackte Jasmin, über ihr ein ebenso unbekleideter Mann.

Der Mann hielt die junge Frau eng umschlungen an sich gepresst und hatte sein Gesicht in ihrem Hals vergraben. Jasmin hatte die Augen geschlossen und zeigte einen völlig verzückten Gesichtsausdruck. Peinlich berührt wollte Valea sich zurückziehen, als der Mann seine Haltung änderte.

Sie hatte das Gefühl, dass ihr das Blut in den Adern stockte. Deutlich sah sie einen dünnen Blutfaden am Hals ihrer Freundin entlanglaufen. Direkt von der Stelle, an der der Mann seinen Mund an ihren Hals presste.

Bevor Valea sich fassen konnte, spürte sie kräftige Hundekiefer an ihrem Knöchel, die sie sanft, aber energisch zurückzogen.

Innerlich völlig erstarrt schloss sie leise die Tür und ließ sich mit weichen Beinen zu Boden rutschen. Dort holte sie erst einmal tief Luft.

Cato hockte direkt vor ihr und ließ sie nicht aus den Augen.

Valea starrte ihn an und versuchte ihre Gedanken zu sortieren.

Also gut. Ganz offensichtlich hatte sie da etwas sehr Ungewöhnliches gesehen. Andererseits hatte Jasmin ihr ja von ausgefallenen Sexpraktiken erzählt. Dass dabei auch gebissen wurde, war zwar neu, doch Jasmin schien es genossen zu haben.

Valea seufzte tief und sah wieder auf den Hund.

„Also gut“, meinte sie, „ich weiß noch nicht so ganz genau, was die beiden da machen, aber Jasmin scheint es dabei ja ganz gut zu gehen. Belassen wir es erstmal dabei, okay?“

Catos Antwort war ein Hecheln.

„Nichtsdestotrotz ist die Nachricht an sie dringend, darauf hat sie selbst bestanden. Also muss ich sie stören. Sprich, ich werde noch mal klopfen, aber dieses Mal lauter. Einverstanden?“

Der Hund legte sich auf den Bauch. Valea beschloss, dies als ein Ja zu deuten, und rappelte sich hoch.

Energisch klopfte sie gegen die Tür.

„Jasmin, ich bin’s, Valea. Darf ich mal stören?“

Ein erstickter Ruf war zu hören. Oder war es ein Fluch?

Es dauerte noch etwa eine Minute, dann wurde die Tür aufgerissen und der Mann stürzte heraus, bekleidet mit einer Jeans und nacktem Oberkörper.

Er warf Valea einen wilden Blick zu, so dass sie unwillkürlich zurückstolperte.

Cato knurrte den Mann mit gefletschten Zähnen an.

Dieser ließ sich davon nicht beeindrucken, und ging ohne ein Wort davon.

Kurz darauf erschien Jasmin. Sie wirkte etwas verwirrt, aber als sie Valea sah, lächelte sie erfreut.

„Was machst Du denn hier? Hab ich Dich endlich neugierig gemacht?“

Valea blickte unwillkürlich auf ihren Hals, aber es war nichts Blutiges mehr zu sehen, auch keine Bisswunden. Vielleicht hatte sie sich das Ganze ja eingebildet.

„Äh … geht’s dir gut?“, fragte sie zögernd. Jasmin lachte und zwinkerte ihr schelmisch zu.

„Mir ging es nie besser, wirklich. Tobias ist ein fantastischer Liebhaber. Jedes Mal danach habe ich schwache Beine.“

Valea konnte sich vorstellen, dass schwache Beine bei Blutverlust recht normal waren. Aber offensichtlich war Jasmin absolut ahnungslos und fühlte sich gut. Zumindest so gut, dass sie in ihrer gewohnten Art weiter plapperte.

„Aber jetzt erzähl, warum bist du hier? Du wolltest doch noch nie mit.“

„Dreimal darfst du raten. – Lisa Randell hat angerufen.“

Jasmin riss die Augen auf.

„Und? Was sagt sie?“

„Na, was soll sie schon sagen? Du hast den Job, Schätzchen. Ab Morgen bist du Assistenzärztin im Marian Hospital.“

Jasmin stieß einen begeisterten Schrei aus und fiel ihr um den Hals.

„Im Ernst? Das ist ja spitze! Oh mein Gott, einfach irre! Weiß Josef schon davon?“

„Natürlich nicht. Er ist schließlich nur dein Freund“, antwortete Valea spöttisch. „Außerdem hätte er sich bestimmt gewundert, dass du nicht bei mir bist.“

„Du bist wirklich ein Schatz“, strahlte Jasmin. „In allem. Aber dann muss ich jetzt los und es ihm erzählen. Wir telefonieren morgen miteinander, okay?“

Als sie an Valea vorbei wollte, wäre sie fast über Cato gestolpert, der sie daraufhin anknurrte. Jasmin wich erschrocken zurück.

„Was macht der denn hier?“

Ein Anflug von Panik lag in ihrer Stimme.

„Oh, er hat auf mich aufgepasst“, meinte Valea lakonisch. „Sei still, Cato. Eigentlich müsstest du Jasmin doch besser kennen als mich.“

Jasmin machte einen großen Bogen um den Hund, soweit es der Korridor zuließ.

„Er mochte mich noch nie, und ich ihn auch nicht“, meinte sie. „Du weißt doch, dass ich Hunde nicht ausstehen kann. Aber dass er dir hinterherrennt, hätte ich mir denken können. Gibt es eigentlich irgendein Geschöpf auf dieser Welt, das dich nicht mag?“

Valea musste lachen.

„Davon kannst du ausgehen. Aber Cato ist wirklich gut erzogen, nicht wahr, mein Junge?“

Sie tätschelte den massigen Hundekopf.

Cato hatte das Knurren auf ihren Befehl hin tatsächlich eingestellt und rieb jetzt den Kopf gegen ihre Hand.

Jasmin verdrehte die Augen, kicherte dann aber.

„Na dann amüsier dich mal mit deinem neuen Verehrer. Womit wiedermal der Beweis erbracht wurde, dass in diesem Club jeder einen passenden Partner findet. – Bis später.“

Immer noch kichernd eilte sie davon.

Valea blickte ihr halb ärgerlich, halb amüsiert hinterher.

Schließlich betrat sie wieder den großen Saal und spähte zu der Theke. Sie war erleichtert, als sie Raz Gor nirgendwo erblicken konnte.

„Na ja“, meinte sie zu Cato, der wieder dicht neben ihr lief. „Ist auch besser, wenn ich deinen Herrn nicht sehe. Umso eher komme ich nach Hause.“

Cato gab einen kurzen Beller von sich und verschwand zwischen den Tischen.

Valea sah ihm nachdenklich hinterher. Dann überfiel sie plötzlich der heftige Drang, sich zu beeilen.

Hastig strebte sie zum Ausgang.

Gerade als sie die Wendeltreppe erreichte, schob sich Raz Gor in ihr Blickfeld und nickte ihr zu.

„Ihre Freundin hatte es plötzlich sehr eilig. Ich nehme deshalb an, dass ihre Suche erfolgreich war.“

„Äh, ja“, murmelte Valea. Dann fiel ihr Blick auf Cato, der wieder neben ihr stand und sie mit offenem Maul anzugrinsen schien.

„Du Verräter“, entfuhr es ihr. Raz Gor zog fragend die Augenbrauen hoch.

„Hat er sie gestört?“

„Wie? Äh nein, eigentlich hat er mir sogar sehr geholfen.“

Sie warf dem Hund noch einen vernichtenden Blick zu und wandte sich dann ihrem Gesprächspartner zu. Dieser wies auf die Bar.

„Darf ich mein Angebot wiederholen?“

„Hm, also eigentlich ... ich will sie nicht kränken, aber eigentlich hatte ich einen anstrengenden Tag und möchte so schnell wie möglich in mein Bett.“

Raz Gor schien nicht beleidigt zu sein. Er nickte nur und warf dann einen Blick auf Cato.

„Nun, ich will Sie zu nichts drängen. Sie können jederzeit wiederkommen und auf mein Angebot zurückgreifen. – Und ich schätze, Cato wäre darüber begeistert.“

„Äh … hm ja.“

Valea war sich nicht sicher, ob sie gerade auf den Arm genommen wurde. Es fiel ihr sehr schwer, diesen Mann einzuschätzen. Ob er wusste, was dieser Tobias mit Jasmin angestellt hatte?

Sie beschloss, jetzt nicht darüber nachzudenken. Am besten brachte sie möglichst schnell viel Abstand zwischen sich und diesen Club.

„Ohne sie beleidigen zu wollen, Mr. Gor, aber ich möchte sie fairerweise darauf aufmerksam machen, dass ich keinerlei Interesse habe, diesem Club hier beizutreten.“

„Und warum nicht?“

Raz Gor wirkte eher amüsiert als beleidigt.

Weil mein Sexualleben zurzeit nicht existent ist, dachte Valea, antwortete aber: „Vielleicht weil ich mir nicht vorstellen kann, dass mein Traumprinz in so einem Club herumrennt.“

Raz Gor lachte leise und ergriff ihre Hand, um sie elegant zu küssen.

„Wie gesagt, sie können jederzeit wiederkommen – auch ohne Mitgliedskarte. Menschen, die Cato sympathisch findet, sind äußerst selten und bei mir gern gesehene Gäste. Außerdem können sich auch altmodische Vorstellungen einmal ändern. Es hat mich sehr gefreut.“

Valea blickte dem hochgewachsenen Mann erleichtert hinterher. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob er es ehrlich meinte, oder ob er sich über sie lustig gemacht hatte.

Altmodisch! Nun vermutlich hatte er recht.

Fühlte sie sich beleidigt? Nein.

Im Auto ließ sie sich erleichtert in den Fahrersitz sinken. Ihre Gedanken kreisten immerzu um diesen Tobias und den spöttischen Blick von Raz Gor. Vor allem fragte sie sich, warum er so an ihr interessiert war. Sie war zwar keine hässliche Frau, aber so hübsch wie zum Beispiel Jasmin war sie nicht. Und so jung erst recht nicht.

Aber vielleicht war das seine Art, Mitglieder zu werben und damit eher geschäftliche Freundlichkeit. Das war zwar nicht sonderlich schmeichelhaft für sie, aber wohl realistischer.

Diese Nacht schlief Valea ungewöhnlich schlecht.

Dauernd schreckte sie hoch und hatte ihre Träume vor Augen: Jasmin nackt auf dem Bett mit blutendem Hals. Zähne, die sich in ihren eigenen Hals bohrten. Sie kam sich vor, als hätte sie einen Horror-Film gesehen.

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