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1.1.3.2 Beschreibung der »Eltern-Kind-Beziehung« mittels psychologischer Termini

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1. Passung: Der Begriff der »Passung« kann nicht ohne seine funktionale Bedeutung definiert werden. Demnach ist jeweils die Frage zu beantworten, wozu denn die Passungsherstellung dient. Dies soll an einem Beispiel erläutert werden: Die Betrachtung einer Eltern-Kind-Fütter-Episode kann z. B. unter der Fragestellung erfolgen, ob es Elternteil und Kind gelingt, den Hunger des Kindes zu stillen. Die Beobachtung wird in diesem Fall auf Sättigungszeichen des Kindes gelenkt. Erst in zweiter Linie ist dann vielleicht von Interesse, wie effizient die Fütterung durch den Erwachsenen erfolgte. Eine Frage, die sich dagegen nicht selten bei essgestörten Eltern stellt, ist ob und inwiefern diese in der Fütter-Episode Schwierigkeiten haben, die kindlichen Affekte angemessen zu spiegeln. Weitere Fragestellungen sind denkbar. Ferner ist es erforderlich, die Passung in verschiedenen Situationen zu beobachten. Ritterfeld und Franke (1994/2009 und neuerdings: Franke & Schulte-Hötzel, 2019) inszenieren hierfür Aufgaben, die zum einen Stress evozieren und zum anderen emotionale Abstimmung und Kooperation erfordern. Die Passung kann dabei natürlich sehr unterschiedlich ausfallen. Mit Blick auf eine Gesamteinschätzung ist daher zu fragen, wie und wozu der Passungsbegriff verwendet werden kann. Ein einfaches quantitatives Urteil reicht nicht aus, da es unterschiedliche Interaktionshandlungen unzulässig miteinander verrechnen würde.

Passung

2. »Interaktionsverantwortung« legt den Fokus darauf, wer die Führung in welcher Interaktionsepisode sowie im gesamten Interaktionsprozess übernimmt (Franke & Schulte-Hötzel, 2019, in Weiterführung der Ideen von Ann M. Jernberg und Marianne Marschak).

Interaktionsverantwortung

3. »Kontakt« beschreibt, wer von beiden Interaktionsbeteiligten den kommunikativen Austausch auf welche Weise (Modus, Frequenz, Intensität) initiiert, aufrechterhält und beendet. Downing (2009) erweitert die Bedeutung um einen dynamischen Aspekt, nämlich den der Fehlerkorrektur (»match-mismatch-repair-cycles« in Anlehnung an Tronick, 2007; vgl. auch Favez, Scaiola, Tissot, Darwiche, & Frascolo, 2011). Es bleibt zu klären, ob dieser Aspekt nicht dem der »Passung« zuzurechnen ist, da diese die Wiederherstellung gelingender Kommunikation nach einem »Miss-Verstehen« impliziert.

Kontakt

4. Die Kategorie der »Entwicklungsadäquanz « (Kastner-Koller & Deimann, 2009) zielt auf die Einschätzung, inwieweit die Interaktion quantitativ für das Kind eine Unter- oder eine Überforderung bedeutet und ob sie qualitativ dem kindlichen Entwicklungsstand adäquat gestaltet wurde.

Entwicklungsadäquanz

5. Bindungsqualität: Diese Kategorie scheint in der Fachliteratur nicht vollständig ausdefiniert zu sein, weil in der Regel unklar bleibt, ob beobachtbares kindliches Bindungsverhalten beschrieben wird (was ja eher der Perspektive des Kindes zuzurechnen wäre) oder ob es sich tatsächlich um eine neue bidirektionale Gesamtqualität handelt, wofür die Autorinnen und Autoren auf die klassischen Bindungsmusterbegriffe bzw. die dazu passenden elterlichen Verhaltensweisen zurückgreifen.

Bindungsqualität

6. »Joint attention « (auch »geteilte Aufmerksamkeit«) »wird als Anzeichen einer triadischen Interaktion gewertet, weil Mutter, Kind und Objekt beteiligt sind, auf das beide fokussieren. […] Baron-Cohen […] interpretiert dies als einen Hinweis auf ein erstes Verständnis mentaler Zustände. Das Kind verstehe, dass die Mutter seine Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt hinlenken möchte. Im umgekehrten Fall möchte das Kind die Mutter dazu bringen, dasselbe zu sehen wie es selbst, um ihre Aufmerksamkeit mit ihm zu teilen« (Bischof-Köhler, 2011, S. 248; vgl. auch Pauen, Frey & Ganser, 2012, S. 31; Siposova & Carpenter, 2019).

Joint attention

Diese Kategorien bilden – bis auf die der Entwicklungsadäquanz, die wohl eher der Elternperspektive zuzurechnen ist – eine erste Anregung zur weiteren Erforschung und fundierten Beschreibung der Eltern-Kind-Beziehung, wurden jedoch bisher wissenschaftlich noch nicht so weitgehend operationalisiert, dass eindeutige Beobachtungsindikatoren ableitbar sind.

Interaktionsbeobachtung von Eltern und Kind

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