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2 Pädagogik als Wissenschaft 2.1 Die „Disziplin“ Pädagogik und Erziehungswissenschaft

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Praxisfelder der Pädagogik

Pädagogik als Wissenschaft umfasst ganz unterschiedliche Teildisziplinen, die sich einerseits mit spezifischen Fragen beschäftigen und andererseits als Antworten auf gesellschaftliche Problemlagen, Anforderungen oder Zielsetzungen gesehen werden. Zudem gliedert sich die Pädagogik in unterschiedliche Praxisfelder, aus denen heraus das Feld der Pädagogik weiter spezialisiert wird. Pädagogische Forschungs- und Arbeitsfelder umfassen die gesamte Lebenszeit des Menschen, angefangen bei Kindheit und Jugend über die Erwachsenenzeit bis ins hohe Alter. Insgesamt also ist Pädagogik ein außerordentlich komplexes, vielschichtiges und in sich ausdifferenziertes Feld. Aufgrund dieser Heterogenität führen die Grundbegriffe Erziehung, Bildung und Sozialisation zu gemeinsamen Fragestellungen, beziehungsweise geschärften Problemstellungen. Die Ausdifferenzierung selbst ist historisch gewachsen und einer zunehmenden „Pädagogisierung“ vieler Lebens- und Gesellschaftsbereiche geschuldet.

An Universitäten findet man heute sowohl den Studiengang Erziehungswissenschaft als auch Pädagogik, wobei sich hinter den unterschiedlichen Bezeichnungen keine besonderen wissenschaftlichen Programme verbergen. Nur selten betont man mit dem Terminus Erziehungswissenschaft eine eher sozialwissenschaftliche, mit dem der Pädagogik eine eher geisteswissenschaftliche Perspektive. Ungeachtet der Bezeichnung lassen sich wissenschaftstheoretisch zwei große methodische Richtungen unterscheiden, die den wissenschaftlichen Spielraum begrenzen: Zum einen die theoretische Pädagogik in philosophisch-reflexiver Orientierung, die vorrangig nach Sinn und Bedeutung von Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsphänomenen fragt, zum anderen die empirisch-positivistische Pädagogik bzw. empirische Bildungsforschung, die derartige Prozesse mit empirischen Methoden „beobachtet“. Theoretische und empirische Forschungen können so gesehen als zwei „Kulturen“, als zwei sich ergänzende Sichtweisen bezeichnet werden.

theoretisch-philosophische Perspektive

Dabei richtet die theoretisch-philosophische Perspektive ihre kritisch-analytischen, hermeneutischen oder phänomenologischen Reflexionen auf pädagogische Gegenstandsbereiche, auf Bedingungen pädagogischer Theorie und Praxis, auf konstitutive normative Grundlagen sowie auf anthropologische oder auch soziokulturelle Voraussetzungen von Bildung und Erziehung. Insgesamt geht es um den Sinn pädagogischen Denkens und Handelns. Damit verbunden ist eine Grundlagenforschung, die pädagogisches Wissen und menschliche Erfahrungen in pädagogischer Hinsicht historisch und systematisch untersucht. Die empirisch-erziehungswissenschaftliche Forschung dagegen stellt methodisches Wissen über Wirklichkeitsbereiche her, um pädagogische Zusammenhänge kausal-analytisch zu erklären. Theoretische Pädagogik und empirische Forschungen sind dabei keine Gegensätze, sondern vielmehr unterschiedlich gestaltbare Räume von allgemeinen theoretischen Vorstellungen und Deutungsmustern, Erklärungsmodellen zu Sachverhalten, Formulierungen von Gesetzen bis hin zu methodisch gelenkten Beobachtungen, Auslegungen erzählter Biografien usw. (vgl. JOAS/KNÖBL 2006, S. 13–38).

Disziplin „Pädagogik“

Das Nachdenken über Erziehung und Bildung reicht bis weit in die Antike zurück und ist dort nicht an ein Fach oder an eine Disziplin gebunden, sondern Gegenstand theoretisch-philosophischen Denkens. Die Disziplin „Pädagogik“ als spezialisiertes Universitätsfach mit wissenschaftlichem Anspruch entsteht erst 1779, also im Zeitalter der Aufklärung. In diesem Jahr wird an der Universität Halle mit Ernst Christian Trapp (1745–1818) der erste Lehrstuhl für Pädagogik besetzt. Vordem existierte das Fach nur als ein Teil der philosophischen Fächer (vgl. u.a. HORN 2008, S. 7–8). Die gesonderte Einrichtung des Faches ist im Zusammenhang mit der Entwicklung der Institution Schule zu sehen, da Entstehung und Ausbau des allgemeinen Schulwesens eine eigene Wissenschaft für die künftigen Lehrer notwendig machten.

Systematisierung des Erziehungsdenkens

Mit der sukzessiven Etablierung des Faches entsteht eine Reihe von pädagogischen Standardwerken, in denen Pädagogik als eigenständige Wissenschaft dargestellt wird. So fordert z.B. Johann Friedrich Herbart (1776–1841) im Jahre 1806 in seiner „Allgemeinen Pädagogik“ (vgl. Kap. 6) die Besinnung auf „einheimische Begriffe“ und leistet eine erste Systematisierung des Erziehungsdenkens. Weitere wichtige Schriften sind Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers (1768–1834) „Pädagogische Vorlesungen“ aus den Jahren 1813/1814 oder Wilhelm Diltheys (1833–1911) Auseinandersetzung „Über die Möglichkeiten einer allgemeingültigen pädagogischen Wissenschaft“ aus dem Jahre 1888.

Grundbegriffe der Pädagogik

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