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Entwicklung der Persönlichkeit

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Wenn es heißt, dass die Entwicklung der Persönlichkeit über den gesamten Lebenslauf für deren Deutung von Verletzlichkeit, Endlichkeit und Tod von zentraler Bedeutung sei, so erwächst daraus eine weiterführende Frage: Was genau ist eigentlich unter Entwicklung der Persönlichkeit zu verstehen? Die Psychologie der Lebensspanne kann auf mehrere Modelle der Persönlichkeitsentwicklung blicken, die ausdrücklich auch von Entwicklungspotenzialen im hohen Alter ausgehen (Kessler, Kruse & Wahl, 2014). Aus diesen Modellen sei eines ausgewählt, das für ein tiefes Verständnis der Einstellung und Haltung des Menschen zum Tod besonders fruchtbar ist und dabei in der (Fach-)Öffentlichkeit auf großes Interesse stieß und stößt. Gemeint ist hier das von dem (deutsch-)US-amerikanischen Ehepaar Erik Homburger Erikson (1902–1994) und Joan Mowat Erikson (1903–1997) erarbeitete Entwicklungsmodell (Erikson, 1998; Erikson, Erikson & Kivnick, 1986).

Diesem Modell zufolge durchläuft (oder vielleicht besser: durchlebt) das Individuum in seinem Leben acht psychosoziale Krisen, wobei jeder Lebensphase eine spezifische Krise zuzuordnen ist. Die Tatsache, dass das Ehepaar Erikson von Krisen und nicht von Entwicklungsaufgaben spricht (wie dies andere Autorinnen und Autoren tun), weist auf die erste Besonderheit dieses Modells hin. Diese lässt sich dann eher verstehen, wenn man die Herkunft des Wortes »Krise« bedenkt: Dessen Ursprung liegt in dem altgriechischen Wort krinein (κρίνειν), was übersetzt bedeutet: scheiden, entscheiden. Das heißt: In den einzelnen Lebensphasen scheiden sich zwei mögliche Entwicklungspfade voneinander, und dem Individuum ist die Aufgabe gestellt, jenen Entwicklungspfad zu beschreiten (man könnte auch sagen: sich für jenen Entwicklungspfad zu »entscheiden«), der eine weitere Differenzierung der eigenen Persönlichkeit beschreibt. Die Umschreibung der acht psychosozialen Krisen ist demnach so angelegt, dass ein positiver, der weiteren Differenzierung der Persönlichkeit förderlicher Entwicklungspfad einem negativen, der weiteren Differenzierung der Persönlichkeit abträglicher Entwicklungspfad gegenübergestellt wird. Die zweite Besonderheit dieses Entwicklungsmodells liegt in der Annahme, dass die Krisen im Lebenslauf immer auch als psychosoziale zu verstehen sind. Das heißt, neben den biologisch-genetischen Entwicklungseinflüssen sind auch soziale Einflüsse zu berücksichtigen, wie sich diese in Erziehungs-, Lern- und Bildungsprozessen sowie in gesellschaftlichen Vorstellungen »gelungener Entwicklung« in den einzelnen Lebensphasen niederschlagen. Natürlich liegt hier die Frage nahe, ob ein derartiges Entwicklungsmodell kulturübergreifende Bedeutung beanspruchen kann und zudem unabhängig von den Zeitperioden ist, in denen sich die Entwicklung eines Individuums vollzieht. Doch gehen wir einmal davon aus, dass ein derartiges Entwicklungsmodell für den westlichen Kulturkreis – und sogar noch über diesen hinaus – wie auch für die heutige Zeit Gültigkeit beanspruchen kann (Dunkel & Harbke, 2017), dann ist es sinnvoll, in diesem Modell auch eine bedeutende entwicklungspsychologische und lebensgeschichtliche Rahmung für die Einstellung und Haltung des Individuums zu Verletzlichkeit, Endlichkeit und Tod zu sehen.

Vom Leben und Sterben im Alter

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