Читать книгу Verfassungsgeschichte Europas - Anita Prettenthaler-Ziegerhofer - Страница 19
Q
ОглавлениеThomas Hobbes, Leviathan Aus: Brand/Hattenhauer, Rechtsstaat, 49
Es ist eine wirkliche Einheit aller in ein und derselben Person, die durch Vertrag eines jeden mit jedem zustande kam, als hätte jeder zu jedem gesagt: Ich autorisiere diesen Menschen oder diese Versammlung von Menschen und übertrage ihnen mein Recht, mich zu regieren, unter der Bedingung, daß du ihnen ebenso dein Recht überträgst und alle ihre Handlungen autorisierst. Ist dies geschehen, so nennt man diese zu einer Person vereinigte Menge Staat auf lateinisch civitas. Dies ist die Erzeugung jenes großen Leviathan oder besser, um es ehrerbietiger auszudrücken, jenes sterblichen Gottes, dem wir unter dem unsterblichen Gott unseren Frieden und Schutz verdanken. Denn durch diese ihm von jedem einzelnen im Staate verliehene Autorität steht ihm so viel Macht und Stärke zur Verfügung, die auf ihn übertragen worden sind, daß er durch den dadurch erzeugten Schrecken in die Lage versetzt wird, den Willen aller auf den innerstaatlichen Frieden und auf gegenseitige Hilfe gegen auswärtige Feinde hinzulenken. Hierin liegt das Wesen des Staates, der, um eine Definition zu geben, eine Person ist, bei der sich jeder einzelne einer großen Menge durch gegenseitigen Vertrag eine jeden mit jedem zum Autor ihrer Handlungen gemacht hat, zu dem Zweck, daß sie die Stärke und Hilfsmittel aller so, wie sie es für zweckmäßig hält, für den Frieden und die gemeinsame Verteidigung einsetzt.
Wer diese Person verkörpert, wird Souverän genannt und besitzt, wie man sagt, höchste Gewalt, und jeder andere daneben ist sein Untertan.
John Locke
Nach Hobbes ist der Staat Träger der souveränen Macht, er ist die Seele und das Lebensprinzip des politischen Körpers. Die Individuen übertragen alle ihre Rechte auf diese Person Staat. Derjenige, der diese Person verkörpert, wird Souverän genannt, er ist Inhaber der höchsten Gewalt und alle anderen sind seine Untertanen. Staat wird als Voraussetzung für Gesellschaft definiert. Seine Vertragstheorie entwickelte John Locke (1632–1704) weiter.
Im Unterschied zu Hobbes bildet für Locke nicht Krieg, sondern Friede den Ausgangspunkt für das Abfassen eines Gesellschaftsvertrages zwischen Volk und Staat. Darüber hinaus räumt er den Individuen ein Widerstandsrecht ein: Verletzt der Herrscher die Gesetze, kann er vom Volk abgesetzt werden. Die Ausgangsbasis seiner Vertragstheorie bildete nicht der souveräne Staat, sondern der Schutz des Eigentums.
Ein weiteres Charakteristikum des modernen Verfassungsstaates stellt das Prinzip der Gewaltenteilung dar: Die Gewaltenteilungslehre wurzelt in der antiken Staatsphilosophie, bereits Aristoteles setzte sich damit auseinander. Locke greift diese Idee in der Neuzeit wieder auf. Er fordert die Trennung der gesetzgebenden von der vollziehenden Gewalt und begründet diese Trennung damit, dass die Versuchung der Personen, die die gesetzgebende Gewalt ausüben, zu groß sei, auch die exekutive Gewalt ausüben zu wollen. Als dritte Gewalt benannte Locke die föderative: Sie habe die Kompetenz, über Krieg und Frieden zu entscheiden.