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Montesquieu, Ideal der Gewaltenteilung Aus: Brand/Hattenhauer, Rechtsstaat, 58–59

Es gibt in jedem Staat drei Arten von Vollmacht: die legislative Befugnis, die exekutive Befugnis in Sachen, die vom Völkerrecht abhängen, und die exekutive Befugnis in Sachen, die vom Zivilrecht abhängen. Auf Grund der ersteren schafft der Herrscher oder Magistrat Gesetze auf Zeit oder für die Dauer, ändert geltende Gesetze oder schafft sie ab. Auf Grund der zweiten stiftet er Frieden und Krieg, sendet oder empfängt Botschaften, stellt die Sicherheit her, sorgt gegen Einfälle vor. Auf Grund der dritten bestraft er Verbrechen oder sitzt zu Gericht über die Streitfälle der Einzelpersonen. Diese letztere soll richterliche Befugnis heißen und die andere schlechtweg exekutive Befugnis des Staates. Politische Freiheit für jeden Bürger ist jene geistige Beruhigung, die aus der Überzeugung hervorgeht, die jedermann von seiner Sicherheit hat. Damit man diese Freiheit genieße, muß die Regierung so beschaffen sein, daß kein Bürger einen anderen zu fürchten braucht (…) Sobald in ein und derselben Person oder derselben Beamtenschaft die legislative Befugnis mit der exekutiven verbunden ist, gibt es keine Freiheit. Es wäre nämlich zu befürchten, daß derselbe Monarch oder derselbe Senat tyrannische Gesetze erließe und sie dann tyrannisch durchführte. Freiheit gibt es auch nicht, wenn die richterliche Befugnis nicht von der legislativen und von der exekutiven Befugnis geschieden wird. Die Macht über Leben und Freiheit der Bürger würde unumschränkt sein, wenn jene mit der legislativen Befugnis gekoppelt wäre, denn der Richter wäre Gesetzgeber. Der Richter hätte die Zwangsgewalt eines Unterdrückers, wenn jene mit der exekutiven Gewalt gekoppelt wäre.

Alles wäre verloren, wenn ein und derselbe Mann beziehungsweise die gleiche Körperschaft entweder der Mächtigsten oder der Adligen oder des Volkes folgende drei Machtvollkommenheiten ausübte: Gesetze erlassen, öffentliche Beschlüsse in die Tat umsetzen, Verbrechen und private Streitfälle aburteilen.

Jean-Jacques Rousseau

Montesquieus Werk hat die Welt der politischen Ideen nachhaltig geprägt und beeinflusste das Verfassungsrecht der Neuzeit. In der Debatte um die amerikanische Verfassung bildete seine Schrift das zentrale Bezugswerk, ebenso beriefen sich die Revolutionäre von 1848 auf Montesquieu. Eine ähnliche Rezeption erfuhr der Genfer Uhrmachersohn Jean-Jacques Rousseau. Seine Lehre von der Volkssouveränität eignet sich für den demokratischen Verfassungsstaat – aber auch für eine Diktatur: Die Souveränität des Fürsten transferiert zur Souveränität des Volkes – darin liegt die Dialektik von Rousseaus Theorie, die Anwendbarkeit für Demokratie und Diktatur. Rousseaus Volkssouveränität legitimierte sowohl die ersten französischen Konstitutionen (1791, 1793) als auch die Terreur (1793/94). Zentrale Aussage des Contrat social ist die These von der ursprünglich unveräußerlichen Volkssouveränität und der Freiheit des Individuums. Souveräne Gewalt bedeutet die höchste und unabhängige Gewalt; nach innen im Vergleich mit den ihm eingeordneten Persönlichkeiten und nach außen im Sinne der Unabhängigkeit. Für Rousseau stellt das Volk den Souverän dar. Hier handelt es sich um die Volkssouveränität. Der Gemeinwille kann seiner Auffassung nach nicht irren, er hat immer recht. Rousseau wurde zur Ikone der französischen Revolutionäre, aber auch die Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung lehnten sich beinahe wortwörtlich an seine Theorien an.

Verfassungsgeschichte Europas

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