Читать книгу Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden - Anne Neunzig - Страница 10
3.2 Die Grundsätze der Anthropologie
ОглавлениеGrundlage für die Herausbildung dieser 'neuen Menschen' war Hitlers Rassenideologie, die rein wissenschaftlich betrachtet keine eigene neue Ideologie war. Hitler griff bereits in 'Mein Kampf' nur rudimentäres Gedankengut aus der Ariosophie und der britischen Rassenlehre des Kolonialismus auf - vernommen in seiner Wiener Jugendzeit - und mischte jene Aspekte mit der 'Eugenik' von Dr. Eugen Fischer (1874 - 1967). Er unterschied zwischen „Kulturbegründer, Kulturträger und Kulturzerstörer“94, wodurch sich eine „Rangordnung der Rassen“95 mit den 'arischen' Rassen an der Spitze ergab. Mithilfe des Sozialdarwinismus definierte er die 'arische' Rasse in ihrer Beschaffenheit und ihren Eigenschaften als höherwertig. Er leitete aus dieser angenommenen Überlegenheit das natürliche Recht ab, andere, niedere Rassen, u. a. die Juden, zu beherrschen.96 Da nach seinem Geschichtsverständnis die Herrschaft der 'Arier' in der Vergangenheit durch das Judentum bedroht war, sagte er „dem rassischen Gegner den Kampf auf Leben und Tod“97 an.
Die Dominanz der 'Arier' fand er in den menschlichen Eigenschaften ihrer Rasse begründet. So hob er ihre „Willens- und Charakterstärke, sowie körperliche Robustheit“98 hervor, negierte aber, wie bereits oben angeführt, intellektuelle und geistige Fähigkeiten der Menschen. Wert erzielte in seinen Augen der einzelne Mensch allein durch sein Machtstreben. Je mehr Macht der Mensch besitzt, desto höher solle er aufsteigen. Hitler unterteilte die arischen Menschen in die breite Masse und in die Elite, den sogenannten „nordischen Rassekern“99. Letzterer Gruppe sprach er die besten Eigenschaften und die höchstentwickeltsten Fähigkeiten zu, was sie dazu berechtigte, die „beherrschende Stellung in Volk und Staat“100 einzunehmen.
Für seinen angestrebten neuen Staat wollte Hitler einen „neuen Menschen“101, rassisch homogen, entstehen lassen. Das Ziel bestand darin, den „nordischen Helden“102 zu züchten, mit den Eigenschaften der „rassische[n] Gesundheit als Basis für Willen, Härte, Disziplin und Kampfgeist, für Leistung und Opferbereitschaft, aber auch für große Kulturschöpfungen aus 'arischem' Geist“.103 Im 'Klugen Alphabet' von 1935 wurde unter dem Begriff Rasse definiert, dass durch „Rückkreuzungen und weiteren Standardkreuzungen durch Ausmendeln, Entmischungen, also Ausmerzung bestimmter Rasseelemente“104 Menschen entstehen können, die alle diese Eigenschaften verkörperten. Dieses Verfahren sollte in ihrer Vollendung zum 'Herrenvolk' führen, welches den anderen Völkern in oben genannten Aspekten weit überlegen sei.
Pädagogische Aspekte der humanistischen Bildungstradition fanden keinen Eingang in diese Anthropologie, denn es ging nicht mehr darum, durch Erziehung den individuellen Menschen in seiner Selbstverwirklichung zu fördern. Vielmehr sollten, mit Hilfe von biologischer sowie seelisch-geistiger 'Zucht' und 'Dressur', Menschen gestaltet werden, die sich selbst im Sinne des Nationalsozialismus (NS) für die Allgemeinheit aufgaben.105