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3.1 Die Ideologie des Staatssystems

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Als einzige Partei im totalitären nationalsozialistischen Staat zugelassen, erhielt die NSDAP die Monopolstellung als Staatspartei. Ihre programmatischen Grundsätze wurden als Doktrin erklärt und erhielten absolute Gültigkeit für alle Bürger des Staates.84 Systemkritische Einstellungen und Meinungen wurden verboten und durften somit in keiner Form bekundet werden. Zuwiderhandlungen wurden mit Strafverfolgung geahndet.

Im Gegensatz zu anderen Ideologien besaß die nationalsozialistische Weltanschauung nie ein stringentes System. Sie bestand aus einem „Ideenkonglomerat“, „das Vorstellungen, Leitbilder und Ressentiments des deutschen nationalen Bürgertums vereinigte.“85 Hitlers Weltanschauung, erörtert in seinem Buch 'Mein Kampf', kreiste im Kern um die aus der Ariosophie aufgenommene und verschärfte Anthropologie der „Erkenntnis von der Ungleichheit der Menschen“86. Rassismus und Antisemitismus, die Hervorhebung der 'arischen' Rasse über die nicht-arischen Völker und das damit verbundene Elitedenken wurden somit grundlegend für alle weiteren ideologischen Vorstellungen der Nationalsozialisten.87 Der Standpunkt des einzelnen Menschen wurde „durch sein Blut und durch seine Rasse“ definiert.88

Innerhalb der nationalsozialistischen Ideologie war das Führerprinzip von wesentlicher Bedeutung. Es griff das vermutete germanische Prinzip von 'Führer und Gefolgschaft' auf, in dem der Führer allen Menschen des Volkes hierarchisch übergeordnet war und seitens der Untertanen bedingungsloser Gehorsam gegenüber dem Staatsoberhaupt verlangt wurde.89 Damit erfolgte zugleich die Negierung des Einzelnen zugunsten der Volksgemeinschaft im Sinne der Parole: 'Du bist nichts – Dein Volk ist alles'90 als integrativer Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie. Sie entlehnte dafür Gedankengut aus der Zeit des 1. Weltkriegs, als sich der einzelne Soldat angeblich für die Gemeinschaft opferte. Aus nationalsozialistischer Sicht versprach „das mystische Erlebnis der Volksgemeinschaft […] dem Einzelnen Geborgenheit und Selbstgewissheit, erlöste ihn von der Kontingenz seines Daseins, indem er sich als Teil eines übergeordneten Ganzen, als organischer Bestandteil der Volksgemeinschaft, als treuen und ergebenen Gefolgsmann Hitlers interpretieren konnte.“91 Damit einher ging die Ablehnung aller geistigen und intellektuellen Fähigkeiten der Menschen zugunsten einer starken Betonung des Körperkultes. Das Heranzüchten gesunder und starker Körper war vielfach gepriesenes Ziel. Hingegen war die geistige Entwicklung der Menschen für die Nationalsozialisten nur im Hinblick auf die Ausbildung von Charakter- und Willensstärke von Bedeutung.92 Damit kam der Militarisierung der Gesellschaft, die zunehmend in alle Lebensbereiche hineinspielte, eine wichtige Rolle zu. Durch das Tragen der Uniform und durch das Befolgen der Regeln sollte eine Gleichheit und Einheitlichkeit in allen organisierten Bereichen erwirkt werden.

Das Fernziel nationalsozialistischer Ideologie basierte auf Hitlers imperialistischen Eroberungsbestrebungen. Nach denen sollte der Lebensraum Richtung Osten hin erweitert werden, entsprechend der „Bevölkerungszahl und dem 'Machtwillen' des 'deutschen Volkes'“93. Dieser angestrebte Großstaat sollte wiederum von den herangezüchteten 'Herrenmenschen' geführt und gelenkt werden.

Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden

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