Читать книгу Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden - Anne Neunzig - Страница 20

5.4 Weltanschauliche Schulung und Heimabende

Оглавление

Die Praxisarbeit im BDM und in der HJ sollte die bereits beschriebenen Ziele umsetzen. Dies implizierte, dass möglichst viele Bereiche des jugendlichen Lebens in diesen Prozess integriert wurden. Dafür boten sich die Heimabende an, welche ein- bis zweimal wöchentlich stattfanden. Auf ihnen sollte durch Gespräche, gemeinsames Singen, Lesen, Basteln etc. die Bindung der Jugendlichen untereinander gefestigt werden.179

Seit 1937 existierte ein spezifischer Jahrgangsschulungsplan, der die Vermittlung der anstehenden Themen einheitlich im gesamten 'Dritten Reich' koordinierte. In speziellen einheitlichen Schulungsmappen, die vierzehntägig erschienen, wurden die Themen der einzelnen Stunden vorgegeben. Die Schulungsmappe der Hitlerjungen nannte sich 'Die Kameradschaft', die der Mädchen im BDM 'Die Mädelschaft'. Neben dem Leben und dem Werk Adolf Hitlers beschränkten sich die Themen im Wesentlichen auf die „Rasse-, Grenz- und Volkskunde und Bevölkerungspolitik“180.

Jedes der vier in der Hitlerjugend verbrachten Jahre stand unter einer bestimmten, aufeinander aufbauenden Thematik. Im ersten Jahr begannen die Jungen wie auch die Mädchen mit dem Thema „Der Kampf um das Reich“. Während die Jungen im zweiten Schulungsjahr das Thema „Das Volk und sein Blutserbe“ abhandelten, wurde dies im BDM erst im dritten Jahr behandelt. Die Mädchen wurden im zweiten Schulungsjahr zum Thema „Die nationalsozialistische Bewegung im Kampf um Volk und Reich“ unterwiesen. Im dritten und vierten Jahr wurden aktuellen politischen Ereignisse, sowie das Verhältnis des 'Dritten Reiches' zu anderen Ländern besprochen.181

Den Mädchen sollte durch diese Schulungsarbeit nicht nur die NS-Weltanschauung nahe gebracht werden, sie sollten auch befähigt werden, diese ihren zukünftigen Kindern zu vermitteln.182

Die Betonung der nationalen, heldenhaften Werte und Taten der eigenen Nation nahm während der weltanschaulichen Schulung mitunter fast religiöse Züge an, wobei allerdings der Glaube an den Nationalsozialismus die Religion ersetzte.

Innerhalb der vier Jahreszyklen waren die einzelnen Heimabende wiederum wie in nachfolgender Tabelle183 untergliedert:

Januar Deutsche Einheit, Überwindung der Gegensätze von Stämmen, Klassen, Bekenntnissen
Februar Brauchtum und Geselligkeit im Jahreslauf, u. a. Fastnacht
März Du hast die Pflicht gesund zu sein, gesunde Lebensführung, Erbgesundheit u. a.m.
April Osterbrauchtum, Leben und Werk Adolf Hitlers, Geschichte der NSDAP
Mai Tag der Arbeit, Erziehung zu sozialem Verständnis und zu Mitverantwortung
Juni Familie und Dorfgemeinschaft
Juli Naturbetrachtungen, Anleitungen zur Naturbeobachtungen; Kennenlernen von Pflanzen, Heilkräutern etc.
August Heimat und Staatskunde
September Die Arbeitswelt, Berufsberatung, Reichsberufswettkampf, Jugendschutz
Oktober Erntedank und Erntebrauch, Anleitungen zu Erntedankfeiern etc.
November Das Winterhilfswerk. Was können wir dazu beitragen?, Totengedenken
Dezember Weihnachten und Jahreswende

Abb. 12: Heimabend

Formal war der jeweilige Heimabend nach einem speziellen Plan, der sich nur selten änderte, strukturiert. Nach einem kurzen politisch-gesellschaftlichen Wochenbericht, der die Jugendlichen mit den aktuellen politischen Geschehnissen bekannt machte, folgte die Vermittlung und Besprechung des anstehenden Themas aus der Schulungsmappe durch den jeweiligen Führer. Es kam auch vor, dass die Mitglieder von HJ und BDM ihrerseits Themen aufarbeiteten und sie ihren Gefährten vorstellten. Zu bestimmten Gelegenheiten wurde die dreißigminütige Radiosendung 'Die Stunde der jungen Nation', die neben Musik auch aktuelle politische Themen sowie ideologische Standpunkte thematisierte, in den Heimabend integriert.184

Obwohl die weltanschauliche Schulung etwa „ein Drittel der gesamten Schulungsarbeit“185 umfassen sollte, fiel die Umsetzung der geforderten Standards in vielen Regionen, beispielsweise in ländlichen Gebieten, schwer. Gerade in strukturschwachen Gebieten mangelte es an ausgebildeten Führern, wie auch an technischen Geräten oder Materialien.

Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden

Подняться наверх