Читать книгу Tödliche Option - Annette Meyers - Страница 11

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»Ich kann ihm keine Fünfunddreißighundert-Dollar-Garantie für drei Monate geben. Nicht bei den Zahlen, die er mir gegeben hat. Ich brauche seine laufenden Abschlüsse.«

»Haben Sie ihn darum gebeten?« Wetzon ließ sich die Wut nicht anmerken.

»Hm, nein. Ich dachte, Sie könnten das machen.«

»Na gut, ich mach’s, aber ich möchte Ihnen etwas vorschlagen. Lassen wir uns etwas einfallen. Wenn Sie ihm keine fünfunddreißighundert Dollar anbieten können und er die höhere Auszahlung gern hinterher als Leistungsprämie hätte, und ich weiß von ihm, daß ihm das lieb wäre, warum kann man nicht das Ganze als Anreiz behandeln? Wenn er hundert Prozent seiner Bruttoproduktion in den ersten zwei Monaten behalten kann, dann achtzig Prozent in den nächsten zwei Monaten und sechzig Prozent für den Rest des Jahres? Das ist eine Garantie dafür, daß er sich ungeheuer anstrengen wird.«

»Mann, Wetzon, das ist wirklich gut. Da wäre ich nie draufgekommen. Ich will es versuchen.«

Wetzon legte das Telefon auf und schrie. »Was ist schlimmer als ein Börsenmakler, der sich nicht verändern will?«

»Ein Unternehmer, der sich nicht entscheiden kann«, riefen B. B. und Harold pflichtbewußt im Chor. Smith drehte sich verärgert nach ihnen um.

»Schließt bitte die Tür hinter euch.« Sie schickte sie mit einer Handbewegung hinaus.

»Immer langsam«, sagte Wetzon. »Vergiß nicht, daß wir das neue Luwisher-Profil suchen, was immer das ist. Fangen wir damit an, daß wir eine Kartei geeigneter Personen zusammenstellen. Wir bereiten einen Werbespruch vor und fangen morgen an, sie abzubieten.«

»Was spricht gegen heute?« Smith’ Ton war beinahe streitsüchtig. Sie stampfte durch ihr gemeinsames Büro, das einmal das Speisezimmer eines Sandsteinhauses aus dem 19. Jahrhundert gewesen war, gab Harold einen Extraschubs in den Rücken und schloß energisch die Tür. Das vordere Zimmer, wo früher eine große Küche mit Speisekammer und der Hausflur gewesen waren, diente ihnen als ihr bescheidenes Empfangszimmer. Darin standen B. B.s Schreibtisch, ein kleiner Zweisitzer und drei schmale Stühle. Für Harold war ein Kämmerchen abgeteilt worden. Die Südwand von Smith’ & Wetzons Büro bestand nur aus Fenstern und Glastüren, die auf einen Garten gingen, wo sie bei gutem Wetter von den ersten Anzeichen des Frühlings bis zum ersten Herbstfrost ihre Mittagspause verbrachten. Die weißen Eisenmöbel waren dieses Frühjahr frisch gestrichen worden und sahen prächtig aus zwischen den Rot- und Rosatönen der Tulpen und den dicken Stämmen der lila Wistarien, die an den Backsteinmauern kletterten.

»Warum fängst du nicht heute mit den Anrufen an, wenn ich fragen darf?« wiederholte Smith und trat neben Wetzon.

Wetzon sah ihre Partnerin mit zusammengekniffenen Augen an.

»Meine Güte, hast du eine Laune. Das kommt davon, daß du dich mit Koffein vollpumpst und nichts ißt. Gehen wir nach draußen und reden miteinander.« Sie nahm den Strohhut mit dem großen Gänseblümchenstrauß vom Regal und öffnete die Glastür. »Ich bin hungrig, und unsere Sandwiches weichen bestimmt schon durch.« Sie waren auf dem Rückweg zum Büro bei ihrem bevorzugten Sandwichladen What’s Cooking vorbeigefahren und hatten Geflügelsalat mit Brokkoli und Dill auf Pitabrot mitgenommen. »Wenn wir nicht essen, bekomme ich auch so schlechte Laune wie du.«

»Du hast völlig recht, Zuckerstück.« Smith’ Laune wurde plötzlich sonnig. »Hier, ich trage alles nach draußen, und du holst die Teller.« Sie suchte rasch die diversen Papiertüten zusammen, dazu ihr Cola Light und Wetzons Perrier, und war auch schon durch die Tür. »Scheiße!« sagte Wetzon ins leere Zimmer hinein. Sie nahm zwei Plastikteller und zwei Plastiktassen aus dem Einbauschrank im Bad und ging zu Smith in den sonnenüberfluteten Garten.

»Ist das nicht herrlich?« sagte Smith, als sei es ihre Idee gewesen. Sie zog einen Eisenstuhl ganz in die Sonne und benutzte ihren Reflektor. Ihr schöner olivfarbener Teint ging schon in einen leuchtenden Bronzeton über.

Wetzon betrachtete sie neidisch. Die Sonne war bei ihrer hellen Haut für sie tabu, und sie schützte sich das ganze Jahr über mit Creme und trug einen Hut beim ersten Schimmer der Frühjahrssonne. Ihr Freund Carlos behauptete, sie habe einen Hutspleen, was wohl stimmte, denn sie hatte an die dreißig Hüte in Schachteln, an Haken oder gestapelt auf dem alten hölzernen Hutstock in ihrer Wohnung.

Smith öffnete das Cola Light und das Perrier mit einem Knall und goß es mit einer Geste ein, als wäre es Champagner. Sie lächelte Wetzon an. »Zieh deinen Stuhl vor, damit du um Gottes willen ein bißchen Sonne abbekommst. Du siehst total erschöpft aus.«

Wetzon ließ den Stuhl, wo er stand, halb im Schatten und war plötzlich wütend und verstimmt. Irgendwie hatte Smith die Laune mit ihr getauscht.

»Smith, ich meine, wir sollten über den Schlamassel reden, in den du uns gebracht hast.«

»Was für einen Schlamassel? Wetzon, bitte. Nach so langer Zeit hast du von diesem Geschäft immer noch weniger Ahnung als ich. Indem wir den Mord untersuchen …«

»Wir sind nicht ermächtigt, eine Morduntersuchung durchzuführen, Smith.« Sie setzte sich auf dem Stuhl um, weil sie zu schwitzen begann. Es war heiß geworden, gerade an der Grenze, wo es ungemütlich wurde.

»Betrachte es einmal so. Was immer wir herausbekommen, können wir deiner geschätzten Polizei übergeben. Aber wichtiger ist, daß wir einen Fuß bei Luwisher Brothers hineinbekommen. Wir werden aufdecken, wo die Leichen begraben sind, und soviel Schmutz zutage fördern …« Sie leckte sich vielsagend die Lippen. »Es wird uns für immer fest mit der Firma verbinden.«

»Smith! Verdammt, das ist Erpressung.«

»Wetzon, hör endlich auf, so naiv zu sein. Das ist Geschäft.« Sie biß kräftig in ihr Sandwich. »Mmm. Köstlich«, murmelte sie und ließ Wetzon im Zweifel, ob sie über die Situation oder den Sandwich redete. »Komm schon, du alte Schwarzseherin, das wird lustig, um nicht zu sagen, lukrativ.«

»Aber wir mischen uns in eine Morduntersuchung ein.«

»Wie denn? Sag mir bloß, wie. Indem wir ein paar Fragen stellen, ein wenig herumstöbern? Wie?«

»Ach, ich weiß nicht.« Wetzon packte ihr Sandwich, und Geflügelsalat tropfte aus einer aufgerissenen Stelle in der Pitatasche.

»Wir machen es also. Okay?«

»Ich komme gegen dich nicht an. Ich möchte nicht streiten.« Sie knabberte um den Rand des Sandwichs, als äße sie ein schmelzendes Eis am Stiel. »Aber du mußt mir versprechen, daß wir aussteigen, wenn wir die Polizei stören.« Silvestri würde wütend auf sie sein – und dies war gar nicht ihre Schuld. Sie hatte versucht, sich herauszuhalten.

Smith strahlte. »Na, das kann ich leicht versprechen. Schatz, ich würde niemals wollen, daß wir …«

»Ach, sei still, Smith.« Wetzon aß den Rest ihres Sandwichs im Gefühl, wieder einmal von Smith manipuliert worden zu sein. Auf der anderen Seite mußte sie sich eingestehen, daß sie die Situation, in der sie sich befanden, faszinierend fand.

Smith zog den Reflektor herunter und sah verletzt aus. »Du brauchst nicht so ungnädig zu sein. Ich kenne dich. Wenn das deine Idee gewesen wäre, würdest du damit angeben. Außerdem sah es nicht nach einem Mord aus. Es war offenbar ein Schlaganfall.«

»Wenn ich recht verstehe, bist du Experte in Gerichtsmedizin?«

»Hm. Du weißt, daß ich ein gutes Gespür habe. Außerdem sagen die Karten …«

»Die Karten sagen, wir sollen einen Mord untersuchen?«

»Na ja, nein, nicht genau.«Sie lächelte Wetzon an. »Sei ehrlich, Zuckerstück, du ärgerst dich ein ganz kleines bißchen, daß ich mit dabei bin und du es nicht für dich allein hast.«

»Das ist nicht wahr, und das weißt du.«Wetzon merkte, daß sie stotterte. Hatte Smith recht? Nein, das konnte nicht sein.

»Wetzon.« B. B. war an der Tür. »Howie Minton für dich.«

»Howie Minton?« stöhnte Smith. »Nicht schon wieder. Wie viele Jahre geht das schon?«

»Er hat letzte Woche angerufen.« Wetzon lachte. Sie stand auf und wischte die Krümel von ihrem Rock. »Sag ihm, daß ich gleich da bin, B.B.« Zu Smith sagte sie: »Er möchte es wieder probieren. Ich glaube, ich arbeite jetzt fünf Jahre mit ihm, stimmt’s?«

»Mindestens.« Smith reckte ihr Kinn wieder zum Reflektor.

»Diesmal ist es soweit, sagt er.«

»Hm.«

»Diesmal könnte es ernst sein. L. L. Rosenkind macht keine Eigenhändlergeschäfte mehr. Ich bat Howie, es zu überdenken und mich nur anzurufen, wenn er es wirklich ernst meint.«

»Wie finde ich das?«

»Er macht in den laufenden zwölf Monaten brutto über eine Million.«

Smith ließ den Reflektor mit einem Bums fallen. »Mann!«

»Smith.« B. B. erschien wieder an der Tür. »Jake.«

»Ah, gut.« Smith ging hinter Wetzon ins Büro. »Räumst du draußen auf, B. B.? Sei so gut.«

Sie trennten sich, gingen zu den Schreibtischen und griffen zu den Telefonen.

»Jake, Liebling«, hauchte Smith.

»Tag, Howie«, sagte Wetzon.

B. B. kam mit einer verzweifelten Miene ins Büro. »Wetzon«, flüsterte er. »Ich habe vergessen, es Ihnen zu sagen. Ein Brief für Sie ist durch Boten gekommen. Er liegt auf Ihrem Tisch.«

»Ich habe darüber nachgedacht, Wetzon, meine Freundin«, drang Howies ölige Stimme aus dem Hörer. »Ich möchte weiterkommen. Ich nehme eine Woche Urlaub, und danach können wir loslegen.«

Wetzon hob den Brief vom Tisch auf. Er war in violetter Tinte an sie adressiert. Das Papier war schweres Bütten von der Tiffany-Art.

»Du bist ein solcher Schatz …«, sagte Smith gerade.

»Prima, Howie«, sagte Wetzon, während sie den Brief umdrehte und mit einem Finger aufriß. »Ich stellte eine Firmenliste für Sie zusammen, und dann reden wir wieder miteinander, wenn Sie zurück sind.«

Sie legte das Telefon rechtzeitig auf, um Smith sagen zu hören: »Sie ist eifersüchtig, daß ich ihr diesmal die Schau stehle.« Wütend drehte sie sich mit dem Stuhl um, bereit, es mit Smith auszufechten, und zog dabei automatisch die Karte aus dem Umschlag. Die Unterschrift ließ sie innehalten. Sie war von Janet Barnes.

Die trauernde Witwe lud sie beide zum Mittagessen am Montag ein.

Tödliche Option

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