Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 114
Achter Gesang
ОглавлениеAlkinoos empfiehlt dem versammelten Volke die Heimsendung des Fremdlings und ladet die Fürsten samt den Reisegefährten zum Gastmahl. Kampfspiele. Odysseus wirft die Scheibe. Tanz zu Demodokos’ Gesang von Ares und Aphrodite. Andere Tänze. Odysseus wird beschenkt. Beim Abendschmaus singt Demodokos von dem hölzernen Roß; den weinenden Fremdling ersucht der König um seine Geschichte.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte,Stand die heilige Macht Alkinoos’ auf von dem Lager.Auch Odysseus erhub sich, der göttliche Städtebezwinger.Und die heilige Macht Alkinoos’ führte den Helden | |
5 | Zu der Phäaken Markte, der bei den Schiffen erbaut war.Allda setzten sie sich auf schöngeglättete SteineNebeneinander. Die Stadt durchwandelte Pallas Athene,Gleich an Gestalt dem Herold des weisen Phäakenbeherrschers;Auf die Heimkehr denkend des großgesinnten Odysseus, |
10 | Ging sie umher, und sprach zu jedem begegnenden Manne: Auf, und kommt, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, Zu dem Versammlungsplatz, des Fremdlings Bitte zu hören,Welcher neulich im Hause des weisen Alkinoos ankam,Hergestürmt von dem Meer, an Gestalt den Unsterblichen ähnlich. |
15 | Also sprach sie, das Herz in aller Busen erregend. Und es wimmelten schnell die Gäng’ und Sitze des MarktesVon dem versammelten Volk. Da schauten viele bewunderndAuf Laertes erfindenden Sohn; denn Pallas AtheneHatte mit göttlicher Hoheit ihm Haupt und Schultern umgossen, |
20 | Hatt’ ihn höher an Wuchs und jugendlicher gebildet:Daß bei allen Phäaken Odysseus Liebe gewönne,Ehrenvoll und hehr, und aus den Spielen der KämpferSiegreich ginge, womit die Phäaken ihn würden versuchen.Als die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten, |
25 | Hub Alkinoos an, und redete zu der Versammlung: Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger, Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet.Dieser Fremdling (ich kenn’ ihn nicht,) ist, irrend vom MorgenOder vom Abendlande, zu meinem Hause gekommen, |
30 | Und verlangt nun weiter, und fleht um Bestimmung der Abfahrt.Laßt uns denn jetzo die Reise beschleunigen, wie wir gewohnt sind.Denn kein Fremdling, der Schutz in meinen Wohnungen suchet,Harret lange mit Seufzen, daß man zur Heimat ihn sende.Auf! wir wollen ein schwärzliches Schiff von den neueren am Strande |
35 | Wälzen ins heilige Meer, und zweiundfünfzig der bestenJüngling’ im Volk erlesen, die sich schon vormals gezeiget!Habt ihr die Ruder gehörig an euren Bänken befestigt,Dann steigt wieder ans Land, und stärkt euch in unserm PalasteSchnell mit Speise zur Fahrt; ich will euch allen bereiten. |
40 | Dieses ist mein Befehl an die Jünglinge. Aber ihr andernSceptertragenden Fürsten, versammelt euch zu dem Palaste,Daß wir den Fremdling zuvor in meinem Saale bewirten.Niemand weigere sich! Ruft auch den göttlichen Sänger,Unsern Demodokos her; denn ihm gab Gott überschwenglich |
45 | Süßen Gesang, wovon auch sein Herz zu singen ihn antreibt. Also sprach er, und ging. Die Sceptertragenden alle Folgten ihm; und der Herold enteilte zum göttlichen Sänger.Aber die zweiundfünfzig erlesenen Jünglinge gingen,Nach des Königs Befehl, ans Ufer der wüsten Gewässer. |
50 | Als sie jetzo das Schiff am Strande des Meeres erreichten,Zogen sie eilig das schwärzliche Schiff ins tiefe Gewässer,Trugen den Mast hinein und die Segel des schwärzlichen Schiffes,Hängten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel,Alles, wie sich’s gehört, und spannten die schimmernden Segel. |
55 | Und sie stellten das Schiff im hohen Wasser des Hafens,Gingen dann in die Burg des weisen Phäakenbeherrschers. Allda wimmelten schon die Säle, die Hallen und Höfe Von den versammelten Gästen; es kamen Jüngling’ und Greise.Aber Alkinoos gab der Schar zwölf Schafe zum Opfer, |
60 | Acht weißzahnichte Schwein’, und zween schwerwandelnde Stiere.Diese zogen sie ab, und bereiteten hurtig das Gastmahl. Jetzo kam auch der Herold, und führte den lieblichen Sänger, Diesen Vertrauten der Muse, dem Gutes und Böses verliehn ward;Denn sie nahm ihm die Augen, und gab ihm süße Gesänge. |
65 | Und Pontonoos setzt’ ihm den silberbeschlagenen Sessel,Mitten unter den Gästen, an eine ragende Säule;Hängte darauf an den Nagel die lieblichklingende HarfeÜber des Sängers Haupt, und führt’ ihm die Hand, sie zu finden.Vor ihn stellte der Herold den schönen Tisch und den Eßkorb, |
70 | Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte.Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. Aber als die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Trieb die Muse den Sänger, das Lob der Helden zu singen.Aus dem Liede, des Ruhm damals den Himmel erreichte, |
75 | Wählt’ er Odysseus’ Zank und des Peleiden Achilleus:Wie sie einst miteinander am festlichen Mahle der GötterHeftig stritten, und sich der Führer des Heers AgamemnonHerzlich freute beim Zwiste der tapfersten Helden Achaias.Denn dies Zeichen war ihm von Phöbos Apollon geweissagt, |
80 | In der heiligen Pytho, da er die steinerne SchwelleForschend betrat; denn damals entsprang die Quelle der TrübsalFür die Achaier und Troer, durch Zeus des Unendlichen Ratschluß. Dieses sang der berühmte Demodokos. Aber Odysseus Faßte mit nervichten Händen den großen purpurnen Mantel, |
85 | Zog ihn über das Haupt, und verhüllte sein herrliches Antlitz;Daß die Phäaken nicht die tränenden Wimper erblickten.Als den Trauergesang der göttliche Sänger geendigt,Trocknet’ er schnell die Tränen, und nahm vom Haupte den Mantel,Faßte den doppelten Becher, und goß den Göttern des Weines. |
90 | Aber da jener von neuem begann, und die edlen PhäakenIhn zum Gesang ermahnten, vergnügt durch die reizenden Lieder;Hüllt’ Odysseus wieder sein Haupt in den Mantel, und traurte.Allen übrigen Gästen verbarg er die stürzende Träne;Nur Alkinoos sah aufmerksam die Trauer des Fremdlings, |
95 | Welcher neben ihm saß, und hörte die tiefen Seufzer.Und der König begann zu den ruderliebenden Männern: Merket auf, der Phäaken erhabene Fürsten und Pfleger. Schon hat unsere Herzen das gleichverteilete GastmahlUnd die Harfe gelabt, des festlichen Mahles Gespielin; |
100 | Laßt uns denn jetzt aufstehen, und alle Kämpfe beginnen:Daß der Fremdling davon bei seinen Freunden erzähle,Wann er zu Hause kommt, wie wir vor allen geübt sind,In dem Kampfe der Faust, im Ringen, im Sprung und im Wettlauf. Also sprach er, und ging; es folgten ihm alle Phäaken. |
105 | Aber der Herold hängt’ an den Nagel die klingende Harfe,Faßte Demodokos’ Hand, und führt’ ihn aus dem Palaste,Ging dann vor ihm einher des Weges, welchen die andernEdlen des Volkes gingen, zu schauen die Spiele der Kämpfer.Und sie eilten, verfolgt vom großen Getümmel des Volkes, |
110 | Auf den Markt. Da erhuben sich viele der Edlen zum Wettkampf,Stand Akroneos auf, Okyalos dann, und Elatreus,Nauteus dann, und Prymneus, Anchialos dann, und Eretmeus,Anabesineos dann, und Ponteus, Proreus, und Thoon,Auch Amphialos, Sohn von Tektons Sohn Polyneos, |
115 | Und Euryalos, gleich dem menschenvertilgenden Kriegsgott:Auch Naubolides kam, an Wuchs und Bildung der schönsteAller schönen Phäaken; Laodamas einzig war schöner.Drauf erhuben sich drei von Alkinoos’ trefflichen Söhnen:Erst Laodamas, Halios dann, und der Held Klytoneos. |
120 | Diese versuchten zuerst miteinander die Schnelle der Füße.Ihnen ward von dem Stande das Ziel gemessen, und eilendFlogen sie alle mit einmal dahin durch die staubende Laufbahn.Aber alle besiegte der edle Held Klytoneos.So viel Raum vor den Stieren die pflügenden Mäuler gewinnen, |
125 | So weit eilte der Held vor den übrigen Läufern zum Ziele.Andre versuchten darauf im mühsamen Ringen die Kräfte,Und Euryalos ging von allen Siegern ein Sieger.Aber Amphialos war im Sprunge von allen der beste;Und die Scheibe zu werfen der beste von allen Elatreus; |
130 | Und im Kampfe der Faust besiegte Laodamas alle. Als die Kämpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet, Sprach Alkinoos’ Sohn Laodamas zu der Versammlung:Freunde, kommt und fragt den Fremdling, ob er auch ehmalsKämpfe gelernt und versteht. Unedel ist seine Gestalt nicht, |
135 | Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme,Und die hohe Brust, und der starke Nacken; auch JugendMangelt ihm nicht! Doch hat ihn vielleicht sein Leiden entkräftet;Denn nichts Schrecklichers ist mir bekannt, als die Schrecken des Meeres,Einen Mann zu verwüsten, und wär’ er auch noch so gewaltig. |
140 | Ihm antwortete drauf Euryalos wieder, und sagte: Wahrlich mit großem Rechte, Laodamas, hast du geredet.Gehe nun selbst, und fodre ihn auf, und reiz’ ihn mit Worten! Als der treffliche Sohn Alkinoos’ solches vernommen, Ging er schnell in die Mitte des Volks, und sprach zu Odysseus: |
145 | Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kämpfen versuchen, Hast du deren gelernt; und sicher verstehst du den Wettkampf.Denn kein größerer Ruhm verschönt ja das Leben der Menschen,Als, den ihnen die Stärke der Händ’ und Schenkel erstrebet.Auf denn, versuch’ es einmal, und wirf vom Herzen den Kummer. |
150 | Deine Reise, die wird nicht lange mehr dauern; das Schiff istSchon ins Wasser gesenkt, und bereit sind deine Gefährten. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Warum fodert ihr mich, Laodamas, höhnend zum Wettkampf?Meine Trübsal liegt mir näher am Herzen, als Kämpfe. |
155 | Denn ich habe schon vieles erduldet, schon vieles erlitten;Und nun sitz’ ich hier in eurer Heldenversammlung,Heimverlangend, und flehe dem König und allen Phäaken. Und Euryalos gab ihm diese schmähende Antwort: Nein wahrhaftig! o Fremdling, du scheinst mir kein Mann, der auf Kämpfe |
160 | Sich versteht, so viele bei edlen Männern bekannt sind;Sondern so einer, der stets vielrudrichte Schiffe befähret,Etwa ein Führer des Schiffs, das wegen der Handlung umherkreuzt,Wo du die Ladung besorgst, und jegliche Ware verzeichnest,Und den erscharrten Gewinst! Ein Kämpfer scheinst du mitnichten! |
165 | Zürnend schaute auf ihn und sprach der weise Odysseus: Fremdling, du redest nicht fein; du scheinst mir ein trotziger Jüngling.Wisse, Gott verleiht nicht alle vereinigte AnmutAllen sterblichen Menschen: Gestalt und Weisheit und Rede.Denn wie mancher erscheint in unansehnlicher Bildung; |
170 | Aber es krönet Gott die Worte mit Schönheit; und alleSchaun mit Entzücken auf ihn; er redet sicher und treffend,Mit anmutiger Scheu; ihn ehrt die ganze Versammlung;Und durchgeht er die Stadt, wie ein Himmlischer wird er betrachtet.Mancher andere scheint den Unsterblichen ähnlich an Bildung; |
175 | Aber seinen Worten gebricht die krönende Anmut,Also prangst auch du mit reizender Bildung; nicht schönerBildete selber ein Gott: doch dein Verstand ist nur eitel.Siehe du hast mir das Herz in meinem Busen empöret,Weil du nicht billig sprachst! Ich bin kein Neuling im Wettkampf, |
180 | Wie du eben geschwatzt; ich rühmte mich einen der ersten,Als ich der Jugend noch und meinen Armen vertraute.Jetzt umringt mich Kummer und Not; denn vieles erduldetHab’ ich in Schlachten des Kriegs, und den schrecklichen Wogen des Meeres.Aber auch jetzt, so entkräftet ich bin, versuch’ ich den Wettstreit! |
185 | Denn an der Seele nagt mir die Red’, und du hast mich gefodert! Sprach’s; und mitsamt dem Mantel erhub er sich, faßte die Scheibe, Welche größer und dicker und noch viel schwerer an Wucht war,Als womit die Phäaken sich untereinander ergötzten.Diese schwung er im Wirbel, und warf mit der nervichten Rechte; |
190 | Und hinsauste der Stein. Da bückten sich eilig zur ErdenAlle Phäaken, die Führer der langberuderten Schiffe,Unter dem stürmenden Stein. Weit über die Zeichen der andernFlog er, geschnellt von der Faust. Und Athene setzte das Merkmal,Eines Mannes Gestalt nachahmend, und sprach zu Odysseus: |
195 | Selbst ein blinder Mann mit tappenden Händen, o Fremdling, Fände dein Zeichen heraus; denn nicht vermischt mit der Menge,Weit vor den übrigen ist es! In diesem Kampfe sei sicher!Kein Phäake wird dich erreichen, oder besiegen. |