Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 120

Zehnter Gesang

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Inhalt

Äolos, der Winde erregt und stillt, entsendet den Odysseus mit günstigem West, und gibt ihm die Gewalt über die andern in einem Zauberschlauch. Nahe vor Ithaka öffnen ihn die Genossen; der Sturm wirft sie nach dem schwimmenden Eilande zurück, woher, von Äolos verjagt, sie in die fabelhafte Westgegend geraten. Die Lästrygonen vertilgen elf Schiffe; in den übrigen erreicht er Ääa. Kirke verwandelt die Hälfte der Seinigen in Schweine. Er selbst, durch ein Heilkraut des Hermes geschützt, gewinnt die Liebe der Zauberin, und rettet die Freunde. Nach einem Jahre fodert er Heimkehr; Kirke befiehlt ihm zuvor, zum Eingange des Totenreichs am Okeanos zu schiffen, und den Teiresias zu befragen. Elpenors Tod.

Und wir kamen zur Insel Äolia. Diese bewohnteÄolos, Hippotes’ Sohn, ein Freund der unsterblichen Götter.Undurchdringlich erhebt sich rings um das schwimmende EilandEine Mauer von Erz, und ein glattes Felsengestade.
5 Kinder waren ihm zwölf in seinem Palaste geboren,Lieblicher Töchter sechs, und sechs der blühenden Söhne.Und er hatte die Töchter den Söhnen zu Weibern gegeben.Bei dem geliebten Vater und ihrer herrlichen MutterSchmausen sie stets, bewirtet mit tausend köstlichen Speisen.
10 Und das duftende Haus erschallt von Tönen der FlöteTages, aber des Nachts ruht neben der züchtigen GattinJeder auf prächtigen Decken im schöngebildeten Bette.Und wir kamen zu ihrer Stadt und schönem Palaste.Einen Monat bewirtet’ er mich, und forschte nach allem,
15 Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unserer Heimfahrt;Und ich erzählt’ ihm darauf umständlich die ganze Geschichte.Als ich nun weiter verlangte, und ihn um sichre GeleitungBat, versagt’ er mir nichts, und rüstete mich zu der Abfahrt.Und er gab mir, verschlossen im dichtgenäheten Schlauche
20 Vom neunjährigen Stiere, das Wehn lautbrausender Winde.Denn ihn hatte Kronion zum Herrscher der Winde geordnet,Sie durch seinen Befehl zu empören oder zu schweigen.Und er knüpfte den Schlauch mit glänzendem silbernen SeileFest in dem hohlen Schiffe, daß auch kein Lüftchen entwehte.
25 Vor mir ließ er den Hauch des freundlichen Westes einherwehn,Daß sie die Schiff’ und uns selbst heimführeten. Aber dies sollteNicht geschehn; denn wir sanken durch eigene Torheit in Unglück. Schon durchsegelten wir neun Tag’ und Nächte die Wogen; Und in der zehnten Nacht erschien uns das heimische Ufer,
30 Daß wir schon in der Nähe die Feuerwachen erblickten.Jetzo schlummert’ ich ein, ermüdet von langer Arbeit;Denn ich lenkte beständig das Steur, und ließ der GefährtenKeinen dazu, um geschwinder das Vaterland zu erreichen.Und die Genossen besprachen sich heimlich untereinander,
35 Wähnend, ich führte mit mir viel Gold und Silber zur Heimat,Äolos’ Ehrengeschenke, des hippotadischen Königs.Und man wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Wunderbar! Dieser Mann gewinnt die Achtung und Liebe Aller Menschen, wohin er auch kommt, in Städten und Ländern!
40 Aus der troischen Beute wie manches unschätzbare KleinodBringet er mit! und wir, die alle Gefahren geteilet,Kehren am Ende doch mit leeren Händen zur Heimat.Nun hat Äolos dieses Geschenk aus besonderer FreundschaftIhm verehrt! Auf, laßt uns denn eilen und sehen, was dies sei,
45 Wie viel Silber und Gold in diesem Schlauche doch stecke. Also sprach man. Es siegte der böse Rat der Genossen; Und sie lösten den Schlauch, und mit einmal entsausten die Winde.Plötzlich ergriff sie der Sturm, und schleudert’ weit in das WeltmeerHin die Weinenden, ferne vom Vaterlande. Da fuhr ich
50 Schnell aus dem Schlaf, und erwog in meiner unsträflichen Seele:Ob ich vom Schiffe hinab in die tobenden Wogen mich stürzte,Oder es schweigend erduldet , und noch bei den Lebenden bliebe;Aber ich duldet’ und blieb, und lag mit verhülletem AntlitzAuf dem Verdeck; und es warf der Orkan aufbrausend die Schiffe
55 Nach der äolischen Insel zurück; es seufzten die Männer. Allda stiegen wir aus an den Strand, und schöpften uns Wasser. Schnell bereiteten uns die Gefährten ein Mahl bei den Schiffen.Und sobald wir das Herz mit Trank und Speise gestärket,Eilt’ ich, von unserem Herold und einem Gefährten begleitet,
60 Zu der herrlichen Burg des Äolos. Diesen erblickt’ ichSitzend mit seinem Weib’ und seinen Kindern beim Schmause.Und wir gingen ins Haus, und setzten uns neben den PfostenAuf die Schwelle dahin; sie erschraken im Herzen, und fragten: Siehe woher, Odysseus? Welch böser Dämon verfolgt dich?
65 Haben wir doch die Fahrt so sorgsam gefördert, damit duHeim in dein Vaterland, und wohin dir’s beliebte, gelangtest! Also sprach man; und ich antwortete, trauriges Herzens: Meine bösen Gefährten, die sind mein Verderben, mit diesenEin unseliger Schlaf! Ach helft mir, Freunde! Ihr könnt es.
70 Also wollt’ ich sie mir mit schmeichelnden Worten gewinnen. Aber sie schwiegen still; der Vater gab mir zur Antwort: Hebe dich eilig hinweg von der Insel, du Ärgster der Menschen! Denn es geziemet mir nicht, zu bewirten, noch weiter zu sendenEinen Mann, den die Rache der seligen Götter verfolget.
75 Hebe dich weg, denn du kömmst mit dem Zorne der Götter beladen! Also sprach er, und trieb mich Seufzenden ans dem Palaste. Und wir steuerten jetzo mit trauriger Seele von dannen.Aber den Männern entschwand das Herz am ermüdenden Ruder,Unserer Torheit halben, weil weiter kein Ende zu sehn war.
80 Als wir nun sechs Tag’ und Nächte die Wogen durchrudert, Landeten wir bei der Feste der Lästrygonen, bei LamosStadt Telepylos an. Hier wechseln Hirten mit Hirten;Welcher heraustreibt, hört das Rufen des, der hereintreibt.Und ein Mann ohne Schlaf erfreute sich doppeltes Lohnes,
85 Eines als Rinderhirte, des andern als Hirte der Schafe;Denn nicht weit sind die Triften der Nacht und des Tages entfernet.Jetzo erreichten wir den trefflichen Hafen, den ringsumHimmelanstrebende Felsen von beiden Seiten umschließen,Und wo vorn in der Mündung sich zwo vorragende Spitzen
90 Gegeneinander drehn; ein enggeschlossener Eingang!Meine Gefährten lenkten die gleichgezimmerten SchiffeAlle hinein in die Bucht, und banden sie dicht bei einanderFest; denn niemals erhob sich eine Welle darinnen,Weder groß und klein; rings herrschst spiegelnde Stille.
95 Ich allein blieb draußen mit meinem schwärzlichen Schiffe,An dem Ende der Bucht, und band es mit Seilen am Felsen,Kletterte dann auf den zackichten weitumschauenden Gipfel.Aber es zeigte sich nirgends die Spur von Stieren und Pflügern;Sondern wir sahn nur Rauch von der Erd’ am Himmel hinaufziehn.
100 Jetzo sandt’ ich Männer voraus, das Land zu erkunden,Was für Sterbliche dort die Frucht des Halmes genössen,Zween erles’ne Gefährten; ein Herold war ihr Begleiter.Und sie stiegen ans Land, und gingen die Straße, worauf manHolzbeladene Wagen vom hohen Gebirge zur Stadt fährt.
105 Ihnen begegnete dicht vor der Stadt ein Mädchen, das WasserSchöpfte, des Lästrygonen Antiphates rüstige Tochter.Diese stieg zu der Nymphe Artakia sprudelnder QuelleNieder; denn daraus schöpften die Lästrygonen ihr Wasser.Und sie traten hinzu, begrüßten das Mädchen, und fragten,
110 Wer dort König wäre, und welches Volk er beherrschte.Jene wies sie sogleich zum hohen Palaste des Vaters.Und sie gingen hinein in die Burg, und fanden des KönigsWeib, so groß wie ein Gipfel des Bergs; und ein Grauen befiel sie.Jene rief den berühmten Antiphates aus der Versammlung,
115 Ihren Gemahl, der ihnen ein schreckliches Ende bestimmte.Ungestüm packt’ er den einen Gefährten, und tischte den Schmaus auf.Aber die übrigen Zween enteilten, und flohn zu den Schiffen.Und er erhub ein Gebrüll durch die Stadt; und siehe; mit einmalKamen hieher und dorther die rüstigen Lästrygonen
120 Zahllos zuhauf, sie glichen nicht Menschen, sondern Giganten.Diese schleuderten jetzt von dem Fels unmenschliche LastenSteine herab; da entstand in den Schiffen ein schrecklich Getümmel,Sterbender Männer Geschrei und das Krachen zerschmetterter Schiffe.Und man durchstach sie, wie Fische, und trug sie zum scheußlichen Fraß hin.
125 Während diese die Männer im tiefen Hafen vertilgten,Eilt’ ich geschwind, und riß das geschliffene Schwert von der Hüfte,Und zerhaute die Seile des blaugeschnäbelten Schiffes.Dann ermahnt’ ich und trieb aufs äußerste meine Genossen,Hurtig die Ruder zu regen, daß wir dem Verderben entrönnen;
130 Keuchend schlugen sie alle die Flut, aus Furcht vor dem Tode.Aber glücklich enteilte mein Schiff von den hangenden KlippenÜber das Meer; die andern versanken dort all’ in den Abgrund.Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen,Froh der bestandnen Gefahr, doch ohne die lieben Gefährten.
135 Und wir kamen zur Insel Ääa. Diese bewohnte Kirke, die schöngelockte, die hehre melodische Göttin,Eine leibliche Schwester des allerfahrnen Äätes.Beide stammten vom Gotte der menschenerleuchtenden Sonne;Ihre Mutter war Perse, des großen Okeanos’ Tochter.
140 Allda liefen wir still mit unserm Schiff’ ans GestadeIn die schirmende Bucht; ein Gott war unser Geleiter.Und wir stiegen ans Land, wo wir zween Tag’ und zwo NächteRuhten, zugleich von der Arbeit und von dem Kummer entkräftet.Als nun die Morgenröte des dritten Tages emporstieg,
145 Nahm ich die Lanz’ in die Hand, und hängte das Schwert um die Schulter,Eilte vom Schiff, und bestieg den Hügel, ob ich vielleicht woSpuren von Menschen erblickte, und ihre Stimme Vernähme.Als ich jetzt von der Höhe des schroffen Felsen umhersah,Kam es mir vor, daß Rauch von der weitumwanderten Erde
150 Hinter dem dicken Gebüsch aus Kirkes Wohnung emporstieg.Jetzo sann ich umher, und erwog den wankenden Vorsatz,Hin nach dem dunkeln Rauche zu gehn, und weiter zu forschen.Dieser Gedanke erschien mir Zweifelnden endlich der beste:Erst zu dem schnellen Schiffe zu gehn am Strande des Meeres,
155 Meine Genossen mit Speise zu stärken, und Späher zu senden.Als ich schon nahe war dem gleichberuderten Schiffe,Da erbarmte sich mein, des Einsamen, einer der Götter.Und es lief ein gewaltiger Hirsch mit hohem GeweiheMir auf den Weg; er sprang aus der Weide des Waldes zum Bache
160 Lechzend hinab, denn ihn brannten bereits die Strahlen der Sonne.Diesen schoß ich im Lauf, und traf ihm die Mitte des Rückgrats,Daß die eherne Lanz’ am Bauche wieder herausfuhr;Schreiend stürzt’ er dahin in den Staub, und das Leben entflog ihm.Hierauf zog ich, den Fuß anstemmend, die eherne Lanze
165 Ans der Wunde zurück, und legte sie dort auf den BodenNieder. Dann brach ich am Bache mir schwanke weidene Ruten,Drehete links und rechts ein klafterlanges Geflechte,Und verband die Füße des mächtigen Ungeheuers.Hängt’ es mir über den Hals, und trug es zum schwärzlichen Schiffe,
170 Auf die Lanze gestützt; denn einer Schulter und Hand warViel zu schwer die Last des riesenmäßigen Tieres.Vor dem Schiffe warf ich es hin, und redete jedemMeiner Genossen zu mit diesen freundlichen Worten: Lieben, wir werden ja doch, trotz unserm Grame, nicht früher
175 Sinken in Aïdes Reich, eh’ der Tag des Schicksals uns abruft!Auf denn, so lange das Schiff noch Trank und Speise verwahret,Eßt nach Herzensbegier, damit uns der Hunger nicht töte!
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