Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 118

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Als wir das nahe Gestad’ erreichten, sahn wir von ferneEine Felsenhöhl’ am Meer in der Spitze des Landes,Hochgewölbt und umschattet mit Lorbeerbäumen. Hier pflegtenViele Ziegen und Schafe des Nachts zu ruhen; und ringsum
185 War ein hohes Gehege von Felsenstücken gebauet,Von erhobenen Fichten und himmelanwehenden Eichen.Allda wohnt’ auch ein Mann von Riesengröße, der einsamStets auf entlegene Weiden sie trieb, und nimmer mit andernUmging, sondern für sich auf arge Tücke bedacht war.
190 Gräßlich gestaltet war das Ungeheuer, wie keiner,Welchen der Halm ernährt: er glich dem waldichten GipfelHoher Kettengebirge, der einsam vor allen emporsteigt. Eilend befahl ich jetzo den übrigen lieben Gefährten, An dem Gestade zu bleiben, und unser Schiff zu bewahren;
195 Und ging selber mit zwölf der Tapfersten, die ich mir auskor,Einen ziegenledernen Schlauch auf der Achsel, voll schwarzesSüßes Weines, den mir einst Maron, der Sohn Euanthes,Schenkte, der Priester Apollons, der über Ismaros waltet.Diesen verschoneten wir, und seine Kinder und Gattin,
200 Ehrfurchtsvoll; denn er wohnete dort in Phöbos ApollonsHeiligem Schattenhain. Drum schenkt’ er mir köstliche Gaben:Schenkte mir sieben Talente des schöngebildeten Goldes;Schenkte mir einen Kelch von lauterem Silber; und endlichSchöpft’ er mir dieses Weines in zwölf gehenkelte Krüge:
205 Süß und unverfälscht, ein Göttergetränk! Auch wußteKeiner der Knecht’ im Hause darum, und keine der Mägde;Nur er selbst, und sein Weib, und die einzige Schaffnerin wußten’s.Gab er ihn preis, dann füllt’ er des süßen funkelnden WeinesEinen Becher, und goß ihn in zwanzig Becher voll Wasser
210 Und den schäumenden Kelch umhauchten balsamische Düfte,Göttlicher Kraft: da war es gewiß nicht Freude zu dursten!Hiermit füllt’ ich den großen Schlauch, den Ranzen mit Speise;Denn mir ahnete schon im Heldengeiste, wir würdenEinen Mann besuchen, mit großer Stärke gerüstet,
215 Grausam und ungerecht, und durch keine Gesetze gebändigt. Eilig wanderten wir zur Höhl’ und fanden den Riesen Nicht daheim; er weidete schon auf der Weide die Herden.Und wir gingen hinein, und besahen wundernd die Höhle.Alle Körbe strotzten von Käse; Lämmer und Zicklein
220 Drängeten sich in den Ställen, und jede waren besondersEingesperrt: die Frühling’ allein, allein auch die Mittlern,Und die zarten Spätling’ allein. Es schwammen in MolkenAlle Gefäße, die Wannen und Eimer, worinnen er melkte.Anfangs baten mich zwar die Freunde mit dringenden Worten,
225 Nur von den Käsen zu nehmen, und wegzuschleichen; dann wieder,Hurtig zu unserm Schiff’ aus den Ställen die Lämmer und ZickleinWegzutreiben, und über die salzigen Fluten zu steuern.Aber ich hörete nicht; (ach, besser hätt’ ich gehöret!)Um ihn selber zu sehn, und seiner Bewirtung zu harren:
230 Ach für meine Gefährten ein unerfreulicher Anblick! Und wir zündeten Feuer, und opferten; nahmen dann selber Von den Käsen und aßen, und setzten uns voller Erwartung,Bis er kam mit der Herd’. Er trug eine mächtige LadungTrockenes Scheiterholz, das er zum Mahle gespaltet.
235 Und in der Höhle stürzt’ er es hin; da krachte der Felsen;Und wir erschraken, und flohn in den innersten Winkel der Höhle.Aber er trieb in die Kluft die fetten Ziegen und SchafeAlle zur Melke herein; die Widder und bärtigen BöckeLieß er draußen zurück, im hochummaurten Gehege.
240 Hochauf schwenkt’ er und setzte das große Spund vor den Eingang:Fürchterlich groß! die Gespanne von zweiundzwanzig starkenUnd vierrädrigen Wagen, sie schleppten ihn nicht von der Stelle,Jenen gewaltigen Fels, den das Ungeheuer emporhub.Jetzo saß er, und melkte die Schaf’ und meckernden Ziegen
245 Nach der Ordnung, und legte den Müttern die Säugling’ ans Euter;Ließ von der weißen Milch die Hälfte gerinnen, und setzteSie zum Trocknen hinweg in dichtgeflochtenen Körben;Und die andere Hälfte verwahrt’ er in weiten Gefäßen,Daß er beim Abendschmause den Durst mit dem Tranke sich löschte.
250 Und nachdem er seine Geschäft’ in Eile verrichtet,Zündet’ er Feuer an, und sah uns stehen, und fragte: Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen trägt euch die Woge? Habt ihr wo ein Gewerb’, oder schweift ihr ohne BestimmungHin und her auf der See: wie küstenumirrende Räuber,
255 Die ihr Leben verachten, um fremden Völkern zu schaden? Also sprach der Kyklop. Uns brach das Herz vor Entsetzen Über das rauhe Gebrüll, und das scheußliche Ungeheuer.Dennoch ermannt’ ich mich, und gab ihm dieses zur Antwort: Griechen sind wir, und kommen von Trojas fernem Gestade,
260 Über das große Meer von mancherlei Stürmen geschleudert,Als wir ins Vaterland hinsteuerten: andere Fahrten,Andere Bahnen verhängt’ uns Kronions waltende Vorsicht!Siehe wir preisen uns Völker von Atreus’ Sohn Agamemnon,Welchen der größte Ruhm itzt unter dem Himmel verherrlicht,
265 Weil er die mächtige Stadt und so viele Völker vertilgt hat!Jetzo fallen wir dir zu Füßen, und flehen in Demut:Reich’ uns eine geringe Bewirtung, oder ein andresKleines Geschenk, wie man gewöhnlich den Fremdlingen anbeut!Scheue doch, Bester, die Götter! Wir Armen flehn dir um Hilfe!
270 Und ein Rächer ist Zeus den hilfeflehenden Fremden,Zeus der Gastliche, welcher die heiligen Gäste geleitet! Also sprach ich; und drauf versetzte der grausame Wütrich: Fremdling, du bist ein Narr, oder kommst auch ferne von hinnen!Mir befiehlst du, die Götter zu fürchten, die Götter zu ehren?
275 Wir Kyklopen kümmern uns nicht um den König des Himmels,Noch um die seligen Götter; denn wir sind besser, als jene!Nimmer verschon’ ich euer aus Furcht vor der Rache Kronions,Dein und deiner Gesellen, wofern es mir selbst nicht gelüstet!Sage mir an: wo bist du mit deinem Schiffe gelandet?
280 Irgendwo in der Fern’, oder nahe? damit ich es wisse! Also sprach er voll Tück’; allein ich kannte dergleichen. Eilend erwidert’ ich ihm die schlauersonnenen Worte: Ach mein Schiff hat der Erderschütterer Poseidaon Mir an den Klippen zerschmettert, indem er ans schroffe Gestade
285 Eures Landes es warf, und der Sturm aus dem Meer es verfolgte!Ich nur und diese Gefährten entflohn dem Schreckenverhängnis! Also sprach ich; und nichts versetzte der grausame Wütrich! Sondern fuhr auf, und streckte nach meinen Gefährten die Händ’ aus,Deren er zween anpackt’, und wie junge Hund’ auf den Boden
290 Schmetterte: blutig entspritzt’ ihr Gehirn, und netzte den Boden.Dann zerstückt’ er sie Glied für Glied, und tischte den Schmaus auf,Schluckte darein, wie ein Leu des Felsengebirgs, und verschmähteWeder Eingeweide, noch Fleisch, noch die markichten Knochen.Weinend erhuben wir die Hände zum Vater Kronion,
295 Als wir den Jammer sahn, und starres Entsetzen ergriff uns.Doch kaum hatte der Riese den großen Wanst sich gestopfetMit dem Fraße von Menschenfleisch und dem lauteren Milchtrunk;Siehe da lag er im Fels weithingestreckt bei dem Viehe.Jetzo stieg der Gedank’ in meine zürnende Seele:
300 Näher zu gehn, das geschliffene Schwert von der Hüfte zu reißen,Und ihm die Brust zu durchgraben, wo Zwerchfell und Leber sich treffen,Mit nachbohrender Faust; doch ein andrer Gedanke verdrängt’ ihn.Denn so hätt’ ich uns selbst dem schrecklichen Tode geopfert:Unsere Hände vermochten ja nicht von der hohen Pforte
305 Abzuwälzen den mächtigen Fels, den der Riese davorschob.Drum erwarteten wir mit Seufzen die heilige Frühe. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Zündet’ er Feuer an, und melkte die Ziegen und SchafeNach der Ordnung, und legte den Müttern die Säugling’ ans Euter.
310 Und nachdem er seine Geschäft’ in Eile verrichtet,Packt’ er abermal Zween, und tischte die Stücke zum Schmaus auf.Nach dem Frühstück trieb er die feiste Herd’ aus der Höhle.Spielend enthob er die Last des großen Spundes, und spielendSetzt’ er sie vor, als setzt’ er auf seinen Köcher den Deckel.
315 Und nun trieb der Kyklop mit gellendem Pfeifen die HerdeAuf das Gebirg’. Ich blieb in der Höhle mit tausend Entwürfen,Rache zu üben, wenn mir Athene Hilfe gewährte.Aber von allen Entwürfen gefiel mir dieser am besten. Neben dem Stalle lag des Kyklopen gewaltige Keule,
320 Grün, aus Olivenholze gehaun. Zum künftigen StabeDorrte sie hier an der Wand, und kam uns vor nach dem Ansehn,Wie der ragende Mast des zwanzigrudrichten Lastschiffs,Welches mit breitem Bauch auf dem großen Wasser dahinfährt:Diesem schien sie an Läng’, und diesem an Dicke zu gleichen.
325 Und ich haute davon, soviel die Klafter umspannet,Reichte meinen Gefährten den Pfahl, und hieß ihn mir glätten;Und sie schabten ihn glatt. Ich selber schärfte die SpitzeOben, und härtete sie in der lodernden Flamme des Feuers,Drauf verbarg ich den Knittel bedachtsam unter dem Miste,
330 Welcher dick und breit durch die ganze Höhle gesät war.Jetzo befahl ich den andern, durchs heilige Los zu entscheiden,Wer sich wagen sollte, mit mir den gehobenen KnittelJenem ins Auge zu drehn, sobald ihn der Schlummer befiele.Und es traf gerade das Los, die ich heimlich mir wünschte,
335 Vier von meinen Gefährten; ich selbst war der fünfte mit ihnen. Und am Abende kam er mit seiner gemästeten Herde, Und trieb schnell in die weite Kluft die Ziegen und Schafe,Mütter und Böcke zugleich, und ließ nichts draußen im Vorhof:Weil er etwas besorgt’, oder Gott es also geordnet.
340 Hochauf schwenkt’ er und setzte das große Spund vor den Eingang.Und nun saß er, und melkte die Schaf’ und meckernden ZiegenNach der Ordnung, und legte den Müttern die Säugling’ ans Euter.Und nachdem er seine Geschäft’ in Eile verrichtet,Packt’ er abermal Zween, und tischte die Stücke zum Schmaus auf.
345 Jetzo trat ich näher, und sagte zu dem Kyklopen,Einen hölzernen Becher voll schwarzes Weines in Händen: Nimm, Kyklop, und trink eins; auf Menschenfleisch ist der Wein gut! Daß du doch lernst, welch ein Trunk in unserem Schiffe ruhte!Diesen rettet’ ich dir zum Opfer, damit du erbarmend
350 Heim mich sendetest. Aber du wütest ja ganz unerträglich!Böser Mann, wer wird dich hinfort von den ErdebewohnernWieder besuchen wollen? Du hast nicht billig gehandelt! Also sprach ich. Er nahm und trank, und schmeckte gewaltig Nach dem süßen Getränk’, und bat noch einmal zu füllen:
355 Lieber, schenk mir noch eins, und sage mir gleich, wie du heißest; Daß ich dich wieder bewirt’, und deine Seele sich labe!Wiß, auch uns Kyklopen gebiert die fruchtbare ErdeWein in geschwollenen Trauben, und Gottes Regen ernährt ihn.Aber der ist ein Saft von Ambrosia oder von Nektar!
360 Also sprach er; ich bracht’ ihm von neuem des funkelnden Weines. Dreimal schenkt’ ich ihm voll, und dreimal leerte der Dumme.Aber da jetzo der geistige Trank in das Hirn des KyklopenStieg; da schmeichelt’ ich ihm mit glatten Worten, und sagte: Meinen berühmten Namen, Kyklop? Du sollst ihn erfahren.
365 Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießest!Niemand ist mein Name; denn Niemand nennen mich alle,Meine Mutter, mein Vater, und alle meine Gesellen. Also sprach ich; und drauf versetzte der grausame Wütrich: Niemand will ich zuletzt nach seinen Gesellen verzehren;
370 Alle die andern zuvor! Dies sei die verheißne Bewirtung! Sprach’s, und streckte sich hin, fiel rücklings, und lag mit gesenktem Feistem Nacken im Staub; und der allgewaltige SchlummerÜberwältiget’ ihn: dem Rachen entstürzten mit WeineStücke von Menschenfleisch, die der schnarchende Trunkenbold ausbrach.
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