400 | Also der Gott, und stieß auf die quastumbordete Ägis,Schrecklich und hehr, die auch Zeus niemals mit dem Donner bezähmte;Hierauf stieß mit gewaltigem Speer der blutige Ares.Doch sie wich, und erhub mit nervichter Rechte den Feldstein,Der dort lag im Gefilde, den dunkelen, rauhen und großen, |
405 | Aufgestellt zur Grenze der Flur von Männern der Vorzeit:Hiermit traf sie des Wüterichs Hals, und löst’ ihm die Glieder.Sieben Hufen bedeckt’ er im Fall, und bestäubte das Haupthaar;Und ihn umklirrte das Erz. Da lächelte Pallas Athene;Und mit jauchzendem Ruf die geflügelten Worte begann sie: |
410 | Törichter, nie wohl hast du bedacht, wie weit ich an Kraft dir Vorzugehn mich rühme, da mir voll Trotz du begegnest.Also magst du der Mutter Verwünschungen ganz nun büßen,Welche von Zorn und Haß dir entbrannt ist, weil du verließestArgos’ Söhn’, und verteidigst die übermütigen Troer. |
415 | Also redete jen’, und wandte die strahlenden Augen. Ihn dann führt’ an der Hand die Tochter Zeus’ Aphrodite,Ares, der schnell aufstöhnt’; und kaum ihm kehrte der Atem.Aber da jen’ erblickte die lilienarmige Here;Schnell zur Athene gewandt die geflügelten Worte begann sie: |
420 | Weh mir! des ägiserschütternden Zeus unbezwungene Tochter! Schau, wie dreist die Fliege den mordenden Ares hinwegführtAus dem entscheidenden Kampf durch den Aufruhr! Hurtig verfolge! Jene sprach’s; und Athene verfolgte sie, freudiges Herzens. Stürmend drang sie hinan, und schlug mit mächtiger Hand ihr |
425 | Gegen die Brust; und sofort erschlafften ihr Herz und Kniee.Also lagen sie beid’ auf der nahrungsprossenden Erde.Jene mit jauchzendem Rufe begann die geflügelten Worte: Also müssen sie alle, so viel beistehen den Troern, Künftig sein, wann sie Argos’ gepanzerte Söhne bekämpfen, |
430 | Eben so kühn und daurendes Muts, wie nun AphroditeHerkam, Ares zu helfen, und meiner Stärke sich darbot!O dann hätten wir längst schon ausgeruht von dem Kriege,Weil wir Troja verheert, die Stadt voll prangender Häuser! Sprach’s; da lächelte sanft die lilienarmige Here. |
435 | Doch zu Apollon begann der Erderschüttrer Poseidon: Phöbos, warum so entfernt uns stehen wir? Nicht ja geziemt es, Da schon andre begannen! O Schande doch, wollten wir kampflosBeid’ hingehn zum Olympos, zum ehernen Hause Kronions!Hebe denn an; du bist ja der Jüngere; aber mir selbst nicht |
440 | Ziemet es, weil an Geburt ich vorangeh’, und an Erfahrung.Tor, wie erinnerungslos dir das Herz ist! Selber ja des nichtDenkst du, wie viel wir bereits um Ilios Böses erduldet,Wir von den Göttern allein, als, hergesandt von Kronion,Wir ein ganzes Jahr dem stolzen Laomedon dienten, |
445 | Für bedungenen Lohn, und jener Befehl’ uns erteilte,Ich nun selbst erbaute der Troer Stadt, und die Mauer,Breit und schön, der Feste zur undurchdringlichen Schutzwehr;Doch du weidetest, Phöbos, das schwerhinwandelnde HornviehDurch die waldigen Krümmen des vielgewundenen Ida. |
450 | Aber nachdem des Lohnes Ziel die erfreuenden HorenEndlich gebracht, da entzog mit Gewalt der grausame KönigUns den sämtlichen Lohn, und entließ uns mit schrecklicher Drohung.Denn dir drohete jener die Füß’ und die Hände zu fesseln,Und zum Verkauf dich zu senden in fernentlegene Inseln; |
455 | Ja er verhieß, uns beiden mit Erz die Ohren zu rauben.Also kehreten wir mit erbitterter Seele von jenem,Zornvoll wegen des Lohns, um den der Versprecher getäuschet.Dessen Volke nunmehr willfahrest du, nicht mit uns andernTrachtend, wie ganz hinstürzen die frevelen Troer von Grund’ aus, |
460 | Schrecklich vertilgt, mit Kindern zugleich und züchtigen Weibern! Ihm antwortete drauf der treffende Phöbos Apollon: Herrscher des Meers, dir selbst nicht wohlbehaltenes GeistesSchien’ ich, wofern mit dir, der Sterblichen wegen, ich kämpfte,Elender, die hinfällig, wie grünes Laub in den Wäldern, |
465 | Jetzo in Kraft aufstreben, die Frucht der Erde genießend,Jetzo wieder entseelt dahinfliehn. Auf denn, in EileRuhen wir beide vorn Kampf, und jen’ entscheiden ihn selber! Also sprach Apollon, und wandte sich, scheuend in Ehrfurcht, Wider des Vaters Bruder den Arm der Gewalt zu erheben. |
470 | Doch ihn strafte die Schwester, die Herrscherin streifendes Wildes,Artemis, fröhlich der Jagd, und rief die höhnenden Worte: Fliehest du schon, Ferntreffer? und hast den Sieg dem Poseidon Ganz nun eingeräumt, und umsonst den Ruhm ihm gegeben?Tor, was trägst du den Bogen, den nichtigen Tand, an der Schulter? |
475 | Daß ich nimmer hinfort dich hör’ im Palaste des VatersPrahlend drohn, wie vordem im Kreis der unsterblichen Götter,Kühn entgegen zu kämpfen dem Meerbeherrscher Poseidon! Jene sprach’s; doch nichts antwortete Phöbos Apollon. Aber es zürnete Zeus’ ehrwürdige Lagergenossin: |
480 | Wie doch wagst du anitzt, schamloseste Hündin, mir selber Obzustehn? Schwer magst du mit mir dich messen an Stärke,Trotz dem Geschoß, das du trägst. Denn sterblichen Frauen zur Löwin,Setzte dich Zeus, und gab, daß du mordetest, die dir gelüstet.Wahrlich besser dir wär’ es, die Bergscheusale zu fällen, |
485 | Oder flüchtige Hirsch’, als höherer Macht zu bekämpfen.Aber gefällt auch des Kampfes Versuch dir; auf, so erkenne,Wie viel stärker ich sei, da du mir voll Trotzes dich darstellst! Sprach’s, und ergriff mit der Linken ihr beide Händ’ an dem Knöchel, Nahm mit der Rechten sodann von der Schulter ihr Bogen und Köcher, |
490 | Schlug damit dann lächelnd das Angesicht um die OhrenIhr die zurück sich gewandt; und die Pfeil’ entsanken dem Köcher.Weinend floh die Göttin nunmehr, wie die schüchterne Taube,Welche, vorn Habicht verfolgt, in den höhligen Felsen hineinfliegt,Tief in die Kluft; noch nicht war erhascht zu werden ihr Schicksal: |
495 | Also floh sie weinend hinweg, und ließ ihr Geschoß dort.Aber zu Leto sprach der bestellende Argoswürger: Leto, mit dir zu streiten, sei ferne mir; denn zu gefahrvoll Ist der Kampf mit den Weibern des schwarzumwölkten Kronion.Darum getrost nur immer im Kreis der unsterblichen Götter |
500 | Rühme dich, daß du mir obgesiegt durch gewaltige Kräfte! Sprach’s; da sammelte Leto das krumme Geschoß und die Pfeile, Andere anderswoher, wie im wirbelnden Staub sie gefallen.Als sie nunmehr sie genommen, enteilte sie, hin zu der Tochter.Jene kam zum Olympos, zum ehernen Hause Kronions; |
505 | Weinend setzte sich dort auf des Vaters Kniee die Jungfrau;Und es erbebt’ ihr feines Gewand, von Ambrosia duftend.Herzlich umarmte sie Zeus, und begann mit freundlichem Lächeln: Wer mißhandelte dich, mein Töchterchen, unter den Göttern, Sonder scheu, als hättest du öffentlich Frevel verübet? |
510 | Ihm antwortete drauf die Jägerin, lieblich im Kranze: Vater, dein Weib hat mir leides getan, die erhabene Here,Welche die himmlischen Götter zu Zank und Hader empöret. Also redeten jen’ im Wechselgespräch miteinander. Aber Apollon ging in Ilios heilige Feste; |
515 | Denn ihm sorgte das Herz um die wohlgegründete Mauer,Daß nicht trotz dem Verhängnis die Danaer heut sie verheerten.Doch zum Olympos eilten die anderen ewigen Götter,Die voll zürnendes Grams, und jen’ hochprangendes Ruhmes;Saßen sodann um den Vater, den Donnerer. Aber Achilleus |
520 | Mordete Trojas Söhne zugleich und stampfende Rosse.Wie wenn wallender Rauch zum weiten Himmel emporsteigtAus der brennenden Stadt, erregt vom Zorne der Götter;Allen schafft er Arbeit, und vielen auch Jammer erzeugt er:Also schuf den Troern Achilleus Arbeit und Jammer. |
525 | Dort stand Priamos jetzo der Greis auf dem heiligen Turme, Schauend auf Peleus’ Sohn, den Gewaltigen; und wie vor jenemFliehender Troer Gewühl hertummelte, nirgend auch AbwehrNoch erschien. Wehklagend vom Turm nun stieg er zur Erde,Und gebot an der Mauer den rühmlichen Hütern des Tores: |
530 | Öffnet die Flügel des Tors, und haltet sie, bis sich die Völker All’ in die Stadt eindrängen, die Fliehenden; denn der PeleideTobt dort nahe dem Schwarm! Nun, sorg’ ich, droht uns ein Unheil!Aber sobald in die Mauer sie eingehemmt sich erholen,Schließt dann wieder das Tor mit dicht einfugenden Flügeln; |
535 | Denn ich besorg’, uns stürmt der verderbliche Mann in die Mauer! Jener sprach’s; und sie öffneten schnell, wegdrängend die Riegel; Und die gebreiteten Flügel erretteten. Aber ApollonEilte hinaus, um begegnend die Not der Troer zu wenden.Jene, gerad’ auf die Stadt und die hochgetürmete Mauer, |
540 | Ausgedörrt vom Durste, mit Staube bedeckt, ans dem BlachfeldFlohn sie; doch rasch mit der Lanze verfolget’ er; wild ihm von WahnsinnTobte beständig das Herz, und er wütete Ruhm zu gewinnen.Jetzt hätt’ Argos Volk die türmende Troja erobert,Wenn nicht Phöbos Apollon den Held Agenor erweckte, |
545 | Ihn des Antenors Sohn, den untadligen tapferen Streiter.Kühneren Mut ihm haucht’ er ins Herz, und selber zur Seit’ ihmStand er, um abzuwehren die schrecklichen Hände des Todes,Dicht an die Buche gedrängt, ringsher in Nebel sich hüllend.Jener, sobald er gesehn den Städteverwüster Achilleus, |
550 | Stand, und vieles bewegt’ unruhig sein Geist, wie er harrte.Tief aufseufzt’ er und sprach zu seiner erhabenen Seele: Wehe mir doch! wofern ich hinweg vor dem starken Achilleus Fliehe des Wegs, wo die andern in scheuem Gewirr sich ergossen;Dennoch wird er mich fahn, und gleich dem Feigsten erwürgen. |
555 | Aber lass’ ich jene gescheucht die Gefilde durchtummelnVor dem Peleiden Achilleus, und fliehe, gewandt von der Mauer,Nach dem idäischen Felde mit Schnelligkeit, bis ich erreichetIdas gewundene Tal’, und im dichten Gesträuch mich verborgen;Dann am Abende könnt’ ich, nachdem ich im Strome gebadet, |
560 | Abgekühlt vom Schweiße, gen Ilios heimlich zurückgehn.Aber warum bewegte das Herz mir solche Gedanken?Wenn er nur nicht von der Stadt mich feldwärts Fliehenden wahrnimmt,Und nachstürmendes Laufs einholt mit hurtigen Füßen!Nimmer annoch entrönn’ ich dem Tod’ und dem grausen Verhängnis; |
565 | Denn zu sehr an Gewalt vor allen Geborenen ragt er!Aber wofern vor Ilios Stadt ihm entgegen ich wandle;Ist ja auch jenem der Leib dem spitzigen Erze verwundbar,Auch ein Geist beseelet ihn nur, und sterblich wie andreNennen sie ihn; doch Zeus der Donnerer schenket ihm Ehre! |
570 | Sprach’s; und gefaßt den Achilleus erwartet’ er; und in dem Busen Strebt’ ihm das mutige Herz zu kämpfen den Kampf der Entscheidung.Wie wenn kühn ein Pardel aus tiefverwachsenem DickichtAnrennt gegen den jagenden Mann, und weder im HerzenZagt, noch erschrocken entflieht, nachdem das Gebell ihn umtönte; |
575 | Denn ob jener ihn stechend verwundete, oder auch werfend,Dennoch, selbst von der Lanze durchbohrt schon, rastet er niemalsStürmend, bevor er jenen erreicht hat, oder dahinsinkt:Also Antenors Sohn, der tapfere Streiter Agenor,Nicht begehrt’ er zu fliehn, bevor er versucht den Achilleus; |
580 | Sondern sich selbst vorstreckend den Schild von gerundeter Wölbung,Zuckt’ er die Lanz’ auf jenen daher, und rief mit Getön aus: Wohl schon hast du im Herzen gehofft, ruhmvoller Achilleus, Diesen Tag zu verheeren die Stadt der mutigen Troer!Törichter! traun noch viel soll des Elends werden um jene; |
585 | Weil wir annoch so viel’ und so tapfere Männer darin sind,Die für Eltern zugleich, und blühende Weiber und Kinder,Ilios Feste beschirmen! Doch deiner harrt das Geschick hier,Du entsetzlicher Mann, und unerschrockener Krieger! Sprach’s, und den blinkenden Speer aus gewaltiger Rechte versandt’ er, |
590 | Traf, und verfehlete nicht, das Schienbein unter dem Kniee,Daß ringsher ihm die Schiene des neugegossenen ZinnesTönte mit schrecklichem Klang; doch es prallte das Erz vom GetroffnenAb, und durchbohrete nicht, gehemmt von der Gabe des Gottes.Auch der Peleid’ itzt drang auf den göttergleichen Agenor |
595 | Wütend; doch nicht verstattet’ Apollon Ruhm zu gewinnen,Sondern hinweg ihn rafft’ er, und rings mit Nebel umhüllend,Ließ er ihn ruhig nunmehr aus Schlacht und Getümmel hinweggehn.Aber den Peleionen mit List entfernt’ er vom Volke.Denn der treffende Gott, in Agenors Bildung erscheinend, |
600 | Trat ihm nah vor die Füß’, und eilendes Laufes verfolgt’ er.Während er jenem anitzt nachlief durch Weizengefilde,Welcher, gewandt zum wirbelnden Strom des tiefen Skamandros,Wenig zuvor ihm entrann; denn mit List verlockt’ ihn Apollon,Daß er beständig ihn hofft’ im fliegenden Lauf zu erhaschen: |
605 | Kamen indes einflüchtend die anderen Troer mit HaufenHerzlich erwünscht in die Stadt, die umher von Gedrängten erfüllt ward.Keiner vermocht’ anjetzt vor der Stadt und der türmenden MauerAndere noch zu erwarten, und umzuschaun, wer entflohn sei,Und wer gefallen im Streit; nein herzlich erwünscht in die Feste |
610 | Strömten sie, wen die Schenkel und hurtigen Kniee gerettet. |