| Also dacht’ er, und blieb. Doch näher kam ihm Achilleus,Ares gleich an Gestalt, dem helmerschütternden Streiter,Pelions ragende Esch’ auf der rechten Schulter bewegend,Fürchterlich; aber das Erz umleuchtet’ ihn, ähnlich dem Schimmer |
135 | Lodernder Feuersbrunst, und der hellaufgehenden Sonne.Hektor, sobald er ihn sah, erzitterte; nicht auch vermocht’ erDort zu bestehn, und er wandte vorn Tore sich, ängstlich entziehend.Hinter ihm flog der Peleide, den hurtigen Füßen vertrauend.So wie ein Falk des Gebirgs, der geschwindeste aller Gevögel, |
140 | Leicht mit gewaltigem Schwung nachstürmt der schüchternen Taube;Seitwärts schlüpfet sie oft; doch nah mit hellem Getön ihrSchießet er häufig daher, voll heißer Begier zu erhaschen:So drang jener im Flug gradan; doch es flüchtete HektorLängs der troischen Mauer, die hurtigen Kniee bewegend. |
145 | Beid’ an der Warte vorbei und dem wehenden Feigenbaume,Immer hinweg von der Mauer, entflogen sie über den Fahrweg.Und sie erreichten die zwo schönsprudelnden Quellen, woher sichBeide Bäch’ ergießen des wirbelvollen Skamandros.Eine rinnt beständig mit warmer Flut, und umher ihr |
150 | Wallt aufsteigender Dampf, wie der Rauch des brennenden Feuers;Aber die andere fließt im Sommer auch kalt wie der Hagel,Oder des Winters Schnee, und gefrorene Schollen des Eises.Dort sind nahe den Quellen geräumige Gruben der Wäsche,Steinerne, schöngehaun, wo die stattlichen Feiergewande |
155 | Trojas Weiber vordem und liebliche Töchter sich wuschen,Als noch blühte der Fried’, eh’ die Macht der Achaier daherkam.Hier nun rannten vorbei der Fliehende und der Verfolger.Vornan floh ein Starker, jedoch ein Stärkerer folgteStürmendes Laufs: denn nicht um ein Weihvieh, oder ein Stierfell, |
160 | Strebten sie, welches man stellt zum Kampfpreis laufender Männer;Sondern es galt das Leben des gaulbezähmenden Hektors.So wie zum Siege gewöhnt um das Ziel starkhufiger RosseHurtiger wenden den Lauf, denn es lohnt ein köstlicher Dreifuß,Oder ein blühendes Weib, am Fest des gestorbenen Herrschers: |
165 | Also kreiseten sie dreimal um Priamos FesteRings mit geflügeltem Fuß; und die Ewigen schaueten alle.Jetzo begann der Vater des Menschengeschlechts und der Götter: Wehe doch! einen Geliebten umhergejagt um die Mauer Seh’ ich dort mit den Augen; und herzlich jammert mich seiner, |
170 | Hektors, welcher so oft mir Schenkel der Stier’ auf dem AltarZündete, bald auf den Höhen des vielgewundenen Ida,Bald in der oberen Burg! Nun drängt ihn der edle Achilleus,Rings um Priamos’ Stadt mit hurtigen Füßen verfolgend.Aber wohlan, ihr Götter, erwägt im Herzen den Ratschluß: |
175 | Ob er der Todesgefahr noch entfliehn soll, oder anitzoFallen, wie tapfer er ist, dem Peleionen Achilleus. Drauf antwortete Zeus’ blauäugige Tochter Athene: Vater mit blendendem Strahl, Schwarzwolkiger, welcherlei Rede!Einen sterblichen Mann, längst ausersehn dem Verhängnis, |
180 | Denkst du anitzt von des Todes graunvoller Gewalt zu erlösen?Tu’s; doch nimmer gefällt es dem Rat der anderen Götter! Ihr antwortete drauf der Herrscher im Donnergewölk Zeus: Fasse dich, Tritogeneia, mein Töchterchen! Nicht mit des HerzensMeinung sprach ich das Wort: ich will dir freundlich gesinnt sein. |
185 | Tue, wie dir nun selbst es genehm ist; nicht so gezaudert. Also Zeus, und erregte die schon verlangende Göttin; Stürmendes Schwungs entflog sie den Felsenhöhn des Olympos. Hektorn drängt’ unablässig im Lauf der Verfolger Achilleus. Wie wenn den Sohn des Hirsches der Hund im Gebirge verfolget, |
190 | Aufgejagt aus dem Lager, durch windende Tal’ und Gebüsche;Ob auch jener sich berg’ und niederduck’ in dem Dickicht,Stets doch läuft er umher, der Spürende, bis er gefunden:So barg Hektor sich nicht dem mutigen Renner Achilleus.Wenn er auch oft ansetzte, zum hohen dardanischen Tore |
195 | Hinzuwenden den Lauf, und den festgebaueten Türmen,Ob vielleicht von oben der Freunde Geschoß ihn beschützte;Eilete stets der Verfolger zuvor, und wendet’ ihn abwärtsNach dem Gefild’, er selbst an der Seite der Stadt hinfliegend.Wie man im Traum umsonst den Fliehenden strebt zu verfolgen; |
200 | Nicht kann dieser hinweg ihm entfliehn, noch jener verfolgen:Also ergriff nicht dieser im Lauf, noch enteilete jener.Doch wie wär’ itzt Hektor entflohn den Keren des Todes,Wenn nicht ihm noch einmal zuletzt Apollon der HerrscherNahete, welcher ihm Kraft aufregt’ und hurtige Schenkel? |
205 | Aber dem Volke verbot mit winkendem Haupt der Peleide, Nicht ihm daherzuschnellen auf Hektor herbe Geschosse;Daß kein Treffender raubte den Ruhm, er der zweite dann käme.Als sie nunmehr zum vierten die sprudelnden Quellen erreichet;Jetzo streckte der Vater empor die goldene Waage, |
210 | Legt’ in die Schalen hinein zwei finstere Todeslose,Dieses dem Peleionen, und das dem reisigen Hektor,Faßte die Mitt’, und wog: da lastete Hektors SchicksalSchwer zum Aïdes hin; es verließ ihn Phöbos Apollon.Doch zu Achilleus kann die Herrscherin Pallas Athene; |
215 | Nahe trat sie hinan, und sprach die geflügelten Worte: Jetzt doch, hoff’ ich gewiß, Zeus’ Liebling, edler Achilleus, Bringen wir großen Ruhm hinab zu dem Schiffen Achaias,Hektor dort austilgend, den unersättlichen Krieger.Nun nicht mehr vermag er aus unserer Hand zu entrinnen, |
220 | Nein wie viel auch erdulde der treffende Phöbos Apollon,Hingewälzt vor die Kniee des ägiserschütternden Vaters.Aber wohlan nun steh und erhole dich; während ich selberJenem genaht zurede, dir kühn entgegen zu kämpfen. Also sprach Athen’; er gehorcht’ ihr, freudiges Herzens, |
225 | Stand, und ruhte gelehnt auf die erzgerüstete Esche.Jene verließ ihn selbst, und erreichte den göttlichen Hektor,Ganz dem Deïphobos gleich an Wuchs und gewaltiger Stimme;Nahe trat sie hinan, und sprach die geflügelten Worte: Ach mein älterer Bruder, wie drängt dich der schnelle Achilleus, |
230 | Rings um Priamos’ Stadt mit hurtigen Füßen verfolgend!Aber wohlan, wir bleiben, und widerstehn unerschüttert! Ihm antwortete drauf der helmumflatterte Hektor: Stets, Deïphobos, warst du auch sonst mein trautester Bruder,Aller, die Priamos zeugt’ und Hekabe, unsere Mutter; |
235 | Aber noch mehr gedenk’ ich hinfort dich im Herzen zu ehren,Daß du um meinetwillen, sobald du mich sahst mit den Augen,Dich aus der Mauer gewagt, da andere drinnen beharren. Ihm antwortete Zeus’ blauäugige Tochter Athene: Bruder, mich bat der Vater mit Flehn und die würdige Mutter, |
240 | Die umeinander die Kniee mir rühreten, auch die GenossenFleheten, dort zu bleiben: so sehr sind alle voll Schreckens.Doch mein Herz im Busen durchdrang der schmerzende Kummer.Nun gradan mit Begierde zum Kampf! nun unserer LanzenNicht geschonet annoch! damit wir sehn, ob Achilleus |
245 | Uns vielleicht ermordet, und blutige Waffen hinabträgtZu den gebogenen Schiffen; ob deiner Lanz’ er dahinsinkt! Dieses gesagt, ging jene voran, die täuschende Göttin. Als sie nunmehr sich genaht, die Eilenden gegeneinander;Jetzo begann anredend der helmumflatterte Hektor: |
250 | Nicht hinfort, o Peleid’, entflieh’ ich dir, so wie bis jetzo! Dreimal umlief ich die Feste des Priamos, nimmer es wagend,Deiner Gewalt zu beharren; allein nun treibt mich das Herz an,Fest dir entgegen zu stehn, ich töte dich, oder ich falle!Laß uns jetzt zu den Göttern emporschaun, welche die stärksten |
255 | Zeugen des Eidschwurs sind, und jegliches Bundes Bewahrer.Denn ich werde dich nimmer mit Schmach mißhandeln, verleiht mirZeus, als Sieger zu stehn, und dir die Seele zu rauben;Sondern nachdem ich gewonnen dein schönes Geschmeid’, o Achilleus;Geb’ ich die Leiche zurück den Danaern. Tue mir Gleiches. |
260 | Finster schaut’ und begann der mutige Renner Achilleus: Hektor, mir nicht, unvergeßlicher Feind, von Verträgen geplaudert!Wie kein Bund die Löwen und Menschenkinder befreundet,Auch nicht Wölf’ und Lämmer in Eintracht je sich gesellen;Sondern bitterer Haß sie ewig trennt voneinander: |
265 | So ist nimmer für uns Vereinigung, oder ein Bündnis,Mich zu befreunden und dich, bis einer, gestürzt auf den Boden,Ares mit Blute getränkt, den unaufhaltsamen Krieger!Jeglicher Kampfeskund’ erinnre dich! Jetzo gebührt dir’s,Lanzenschwinger zu sein, und unerschrockener Krieger! |
270 | Nicht entrinnst du annoch; durch meine Lanze bezähmt dichPallas Athene sofort! Nun büßest du alles auf einmal,Meiner Genossen Weh, die du Rasender schlugst mit der Lanze! Sprach’s, und im Schwung’ entsandt’ er die weithinschattende Lanze. Diese jedoch vorschauend vermied der strahlende Hektor; |
275 | Denn er sank in die Knie’; und es flog der eherne WurfspießÜber ihn weg in die Erd’: ihn ergriff und reichte die GöttinSchnell dem Peleiden zurück, unbemerkt von dem streitbaren Hektor.Aber Hektor begann zu dem tadellosen Achilleus: Weit gefehlt! Wohl schwerlich, o göttergleicher Achilleus, |
280 | Offenbarete Zeus mein Geschick dir, wie du geredet;Sendern du warst ein gewandter und hinterlistiger Schwätzer,Daß ich vor dir hinbebend des Muts und der Stärke vergäße.Nicht mir Fliehenden soll dein Speer den Rücken durchbohren;Sondern gerad’ anstürm’ ich: wohlauf! in die Brust ihn gestoßen, |
285 | Wenn dir ein Gott es verlieh! Doch jetzt vermeide die SchärfeDieses Speers! O möchte dein Leib doch ganz ihn empfangen!Leichter wäre sodann der Kampf für die Männer von Troja,Wenn du sänkst in den Staub; du bist ihr größestes Unheil! Sprach’s, und im Schwung’ entsandt’ er die weithinschattende Lanze, |
290 | Traf, und verfehlete nicht, gerad’ auf den Schild des Peleiden;Doch weit prallte vom Schilde der Speer. Da zürnete Hektor,Daß sein schnelles Geschoß umsonst aus der Hand ihm entflohn war;Stand, und schaute bestürzt; denn ihm fehlt’ ein anderer Wurfspieß.Laut zu Deïphobos drauf, dem Weißgeschildeten, ruft’ er, |
295 | Fordernd den ragenden Speer; allein nicht nahe war jener.Hektor erkannt’ es anjetzt in seinem Geist und begann so: Wehe mir doch! nun rufen zum Tode mich wahrlich die Götter! Denn ich dachte, der Held Deïphobos wolle mir beistehn;Aber er ist in der Stadt, und es täuschte mich Pallas Athene. |
300 | Nun ist nahe der Tod, der schreckliche! nicht mir entfernt noch;Auch kein Entfliehn! Denn ehmals beschloß noch solches im HerzenZeus, und des Donnerers Sohn, der Treffende, welche zuvor michStets willfährig geschirmt; doch jetzo erhascht mich das Schicksal!Daß nicht arbeitlos in den Staub ich sinke, noch ruhmlos, |
305 | Nein erst Großes vollendend, wovon auch Künftige hören! |