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2.9.3 Donald W. Winnicott
ОглавлениеEine prominente Rolle in der Geschichte der psychodynamischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nimmt Donald W. Winnicott (1896–1971) ein, britischer Kinderarzt und Psychoanalytiker. Er geht von der mütterlichen Fürsorge als grundlegend für die psychische Strukturbildung aus. Der Säugling existiert in einer mütterlichen Umwelt: »there is no such thing like a baby … if you set out to describe a baby, you will find you are describing a baby and someone.« (Winnicott 1974, S. 50). Ein Säugling ist ohne einen fürsorglichen Anderen nicht vorstellbar. Die frühe mütterliche Umwelt wird vom Säugling nicht als »Nicht-Ich erlebt. Erst mit zunehmender Ich-Reifung differenzieren sich Subjekt und Objekt.
Die mütterliche Fürsorge besteht im »Halten«, das gleichermaßen ein physischer und psychischer Vorgang ist. Er vermittelt dem Säugling Schutz, psychisch gesehen vor allem Reizschutz, stellvertretende Affektberuhigung und -modulation sowie Integration. »…die Kohäsion der verschiedenen sensomotorischen Elemente ist dem Umstand zu verdanken, dass die Mutter den Säugling hält.« (Winnicott 1974, S. 188).
Eine vollständige Bedürfnisbefriedigung ist eine Illusion. Mit zunehmender Reifung ist das Kind in der Lage, durch eigene Signale zu vermitteln, wessen es bedarf. Eine Mutter, die »gut genug« ist, wird dem Kind Raum geben für diese eigenen Signale und ihre Anpassungsleistungen zurücknehmen. »Unvollständige Anpassung an Bedürfnisse macht Objekte erst zu etwas Realem.« (Winnicott 1995, S. 21). Reifungsprozesse können also in zwei Richtungen gestört werden: Zum einen durch unverträgliche Unterbrechungen der Fürsorge – diese haben traumatischen Charakter. Zum andern durch eine elterliche Haltung, die in verwöhnender Voreiligkeit die Signale des Kindes überfährt. Wenn Mütter und Väter aufgrund eigener unverarbeiteter psychischer Konflikte oder Traumatisierungen das Kind zur Regulierung ihrer beschädigten Selbststruktur funktionalisieren, entspricht das Kind dieser elterlichen Bedürftigkeit durch eine Anpassungsleistung, die eigene Impulse unterdrückt, verdrängt oder abspaltet – es entsteht ein »falsches Selbst«.
Winnicott beschrieb Laute, Gesten, Worte oder einen Gegenstand, mit welchen sich das Kind Separationsprozesse vom primären Objekt erträglich macht, als Übergangsobjekte.