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Runenzauber

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J. R. R. Tolkien erfand nicht nur Sprachen, sondern auch Schriftzeichen, die im „Hobbit“ und im „Herr der Ringe“ von Bedeutung sind. Dort tauchen etwa Mondrunen auf, die entschlüsselt sein wollen und fatalerweise nur während einer bestimmten Mondphase zu sehen sind. In der Einleitung des „Hobbit“ wird sogar ausführlich auf den Gebrauch von Zwergenrunen eingegangen. Letztlich entwickelte Tolkien mit Cirth und Angerthas eigene Runenreihen mit einer besonderen Geschichte.

Als Vorbild dienten ihm jene germanischen Schriftzeichen der historischen Mittelerde, die mit den Angelsachsen auch nach England gekommen waren. Ihre Wurzeln liegen im Dunkeln, aber wahrscheinlich erfand sie ein findiger Germane im 2. Jahrhundert oder früher nach dem Vorbild der Alphabete des Mittelmeerraums. Im 1. Jahrtausend waren sie in vielen Teilen der germanischen Welt im Gebrauch, so in Dänemark (wo sie mutmaßlich entstanden sind), unter den Alamannen in Süddeutschland oder bei den Friesen und Angelsachsen. Besonderer Beliebtheit erfreuten sie sich unter den Wikingern, die sie bis nach Grönland und Konstantinopel brachten. Die Vielzahl der historischen Runenreihen steht Tolkiens Fantasien in nichts nach: Da gab es das sogenannte Ältere Futhark mit 24 Zeichen, das Jüngere mit 18 Runen, die Angelsachsen pflegten ihre altenglischen Runen und in Skandinavien entwickelten sich viele Varianten. Statt Mondrunen benutzten die Germanen Geheimrunen, von denen übrigens viele bis heute nicht entschlüsselt sind.

Diese Zeichen ritzte man bevorzugt auf Holz, Knochen, Leder sowie auf Stein und Metall; dementsprechend finden sie sich auf Schwertklingen und Lanzenblättern, aber auch auf Schmuckstücken wie Ringen und Fibeln. In Skandinavien verwendete man sie während der Wikingerzeit auf monumentalen Steinen und Felsblöcken zusammen mit Ornamenten und Bildmotiven, die oftmals farbig ausgemalt wurden. Runen dienten sowohl profanen wie sakralen Zwecken. Dazu gehörten Mitteilungen und Namensnennungen, aber auch das Gedenken an Verstorbene und Ruhmestaten. Durch ihre Ritzung rief man die Götter an, wehrte aber auch Dämonen und Geister ab. Im Norden galten sie als „götterentstammt“ und wurden auf den obersten Gott Odin zurückgeführt. Die „Runenmeister“ verehrten ihn darum besonders.

Mit dem Ogam nutzten auch die Kelten der Britischen Inseln eine eigene Schrift. Wahrscheinlich hatte man sie im 4. Jahrhundert in Irland nach dem Vorbild des lateinischen Alphabets für kurze Inschriften mit Personen- und Stammesnamen erfunden. Damals suchte sich manch Ogamkundiger einen senkrechten Steinpfeiler aus und nutzte dessen Kanten als gerade Linie, an der man Punkte und Striche in unterschiedlichen Gruppen anordnete. Solche beschrifteten Steine fanden sich in Irland, Wales, Cornwall und benachbarten inselkeltischen Gebieten.

Die Schrift beherrschte nur eine Minderheit, seien es Dichter, Magiker, Priester oder Mönche, egal ob Runen- und Ogamschrift oder lateinisches Alphabet. Dessen in den Schreibstuben der Klöster gebrauchte Schriftzeichen waren uneinheitlich, sodass regelrecht von lateinischen Schriften gesprochen werden muss. So benutzte man seit der Spätantike die Großbuchstaben der Capitalis, die wegen der besseren Schreibbarkeit in den Handschriften zur Unziale mit gefälligen Rundungen entwickelt wurde. Die irischen Mönche schrieben eine Variante davon als Halbunziale und gaben sie während der Missionierung an die Angelsachsen weiter, die diese insularen Alphabete ihrerseits auf den Kontinent brachten. Nachdem es in den Klöstern des Merowingerreiches zu regelrechten „Verwilderungen“ gekommen war, die das Leseverständnis erschwerten, setzte sich schließlich die Minuskel durch. Auf Geheiß Karls des Großen sollten nur noch Kleinbuchstaben der formalisierten „Karolingischen Minuskel“ verwendet werden. Ihr gehörte die Zukunft, und die bunte Schriftenvielfalt Mittelerdes fand langsam ein Ende.

Die wirkliche Mittelerde

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