Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 381
Оглавление3. Teil Delikte gegen den Wettbewerb › 1. Kapitel Überblick › A. Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts
A. Struktur und Standort des deutschen Wettbewerbsstrafrechts
I. Unlauterkeits- und Kartellstrafrecht (i.w.S.)
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Als Wettbewerbsstrafrecht fassen wir, entsprechend der Gliederung des Wettbewerbsrechts, zwei Rechtsgebiete mit unterschiedlicher Zielsetzung und Ausprägung zusammen:[1]
1. | das Unlauterkeitsstrafrecht, d.h. die Rechtsnormen, welche die Ahndung von Verstößen gegen die Lauterkeit des Wettbewerbs zum Ziel haben, sowie |
2. | das Recht der ahndenden Sanktionen gegen die von der Rechtsordnung nicht zugelassenen Beschränkungen des Wettbewerbs, also das Kartellstrafrecht (i.w.S., s. sogleich). |
II. Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht
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Im Blick auf die Art der möglichen Rechtsfolgen erweist sich der gesamte Komplex als Strafrecht im weiteren Sinne. Denn neben genuinen Straftaten, also Verhaltensweisen, für welche Strafe als die spezifisch kriminalrechtliche, mit einem staatlichen Unwerturteil über den Täter verbundene Rechtsfolge angedroht wird[2], finden sich namentlich auf dem Gebiet des Kartellrechts weithin Ordnungswidrigkeiten – freilich solche, die mit Geldbußen von erheblicher Höhe bedroht werden, nämlich nach § 81 Abs. 4 S. 1 GWB bis zu 1 Mio. € bzw. gemäß § 81 Abs. 3a-3e. Abs. 4 S. 2-4, Abs. 4a S. 1 GWB bei Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen (3. Teil 6. Kap. Rn. 50 f.) bis zu 10 v.H. des in dem der Behördenentscheidung (also der Zustellung des Bußgeldbescheids) vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes der gesamten weltweit operierenden wirtschaftlichen Einheit.
III. Standort
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Der Standort dieser Rechtsmaterien hat sich im Laufe der Rechtsentwicklung differenziert. Lange Zeit handelte es sich um einen reinen Gegenstand des Nebenstrafrechts: Das Unlauterkeitsstrafrecht fand sich traditionell im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dessen erste Fassung vom 27.5.1896[3] bald ersetzt worden war durch das UWG vom 7.6.1909[4]. Die ahndenden Sanktionen gegen die Beschränkungen des Wettbewerbs nach deutschem Recht (s. aber u. Rn. 5) waren und sind geregelt im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das für die eigentlichen Kartellrechtsverstöße von Anfang an, d.h. seit der ursprünglichen Fassung vom 27.7.1957[5], allein Bußgeldtatbestände enthielt und heute noch enthält (zunächst in den §§ 38, 39, seit 1.1.1999 in § 81 des Gesetzes[6]).
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Seit den neunziger Jahren des 20. Jhdts. finden sich wettbewerbsstrafrechtliche Tatbestände aber auch im Kernstrafrecht des StGB. Zunächst erklärte der BGH in einem Aufsehen erregenden Urteil vom 8.1.1992[7] den Betrugstatbestand des § 263 StGB für prinzipiell anwendbar auf die Abgabe abgesprochener überhöhter Angebote in Submissionsverfahren und begründete damit trotz heftiger literarischer Kritik eine inzwischen gefestigte ständige Rechtsprechung (u. 3. Teil 5. Kap. Rn. 5 ff.). Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997[8] schuf dann im StGB einen ganzen neuen 26. Abschnitt unter der Überschrift „Straftaten gegen den Wettbewerb“ und stellte dort den als § 298 StGB neu geschaffenen Straftatbestand der „wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen“ ein, der schon die bloße Abgabe eines abgesprochenen Angebots mit wettbewerbsbeschränkender Zielsetzung – unabhängig von der Reaktion auf Seiten des Ausschreibungsveranstalters und einem etwaigen Vermögensschaden – unter Strafe stellt (dazu näher u. 3. Teil 5. Kap. Rn. 11 ff.). Auf der anderen Seite wurde § 12 UWG a.F. unter der Bezeichnung „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ als § 299 in das StGB übernommen; der Tatbestand blieb indes im Sachgehalt unverändert und wurde lediglich in der Abfolge der Absätze an die §§ 331 ff. StGB angepasst (s. näher u. 3. Teil 2. Kap.). Zu dieser Norm hat der Gesetzgeber in den §§ 300–302 StGB ergänzende Regeln formuliert, die zu einem Teil ebenfalls aus dem UWG übernommen worden sind. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen hat 2016 in den §§ 299a und 299b StGB die Tatbestände der Bestechlichkeit und der Bestechung im Gesundheitswesen daneben gestellt, für die ebenfalls die Vorschrift des § 300 StGB über besonders schwere Fälle gilt (dazu eingehend u. 3. Teil 4. Kap.).