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Kapitel 3

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Dano hatte die Arme um seinen Körper geschlungen und zitterte. Sarina stützte ihn während der wenigen Schritte, die er brauchte, um das Portal von der Treppe aus zu erreichen.

Eleonora betrachtete ihren Großvater besorgt. Seit zwei Tagen lag er mit offenen Augen auf seinem Bett und verließ es nicht. Er hatte kaum mit ihr gesprochen, als sie sich zu ihm gesetzt hatte. Äußerlich schien er unverändert zu sein, aber was in ihm vorging, konnte sie nicht ahnen.

Er hatte seine Unsterblichkeit geopfert, um Lordor, seinen Sohn, zu retten. Es musste für ihn schwer sein, mit dieser Veränderung umzugehen. Sie fragte sich, ob der Aurone jemals damit zurechtkommen würde.

Hinter Dano erschienen Eleonoras Freunde Daphne und Cerim. Sie hatte darum gebeten, auch sie zu wecken, denn sie wollte die beiden bei sich haben.

»Ich dachte, die Portale würden wie Türen aussehen.«

Daphne gähnte und zog ihren Umhang fester um sich. Sie hatte ihre Haare auf seltsam anmutende Rollen aufgedreht, die an ihrem Kopf befestigt waren. Eleonora hatte sie oft so gesehen, weil Daphne behauptete, ihre Haare würden dann morgens schöner fallen. Offenbar hatte sie keine Zeit gehabt, sich zu frisieren, wie sie es für gewöhnlich tat.

Cerim hatte einen Arm um sie gelegt und schwieg wie immer. Seine grauen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab, während seine hellgrauen Augen das Portal betrachteten.

»Portale gibt es in allen Formen und Größen«, belehrte Seratus sie. »Solange sie nicht geöffnet sind, können sie ihre Position verändern, wenn sie nicht verankert wurden wie dieses. Wenn sie geöffnet werden, erstrahlen sie in hellem Licht, sind unbeweglich und führen in die andere Welt.«

»Es sei denn, die Lunara haben sie von ihrer Seite aus verschlossen«, warf Lucius ein. »In dem Fall werden wir wohl gegen eine Wand laufen, wenn wir hindurchgehen.«

Sarina schüttelte den Kopf. »Die Clavema haben die Portale auf Seiten dieser Welt verschlossen. Den Lunara fehlt die Magie, um ein Siegel auf ihrer Seite anzubringen. Keine Clavema wäre mit ihnen gegangen, denn dieses Volk kann im Eis der Lunara-Welt nicht überleben.« Sie wandte sich Dano zu, der reglos neben ihr stand und das Muster des Portals zu studieren schien. »Was meinst du, wie brechen wir das Siegel?«

Dano sah sie einen Moment lang an, dann schüttelte er den Kopf, als wollte er ihr damit zeigen, dass er nicht sprechen würde.

»Bitte, Großvater, wir müssen dieses Portal öffnen«, bat Eleonora eindringlich. »Wenn du etwas weißt …«

Dano hob zittrig eine Hand und ließ sie gleich wieder sinken. Er schüttelte erneut den Kopf und ließ sich kraftlos auf die Knie fallen. »Ich weiß nichts«, krächzte er und vergrub seine Finger tief im Sand. »Es ist, als hätte ich alles vergessen. Vergebt mir.«

Eleonora ging neben ihm ebenfalls in die Knie und legte ihre Arme um ihn. »Es ist gut. Wir finden eine andere Möglichkeit.«

Sie gab sich Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen, aber sie wusste, dass ihr Großvater im Augenblick nicht er selbst war.

Die Sonne erhob sich gerade hinter dem Meer und tauchte den silbernen Rahmen in ihr oranges Licht. Niemand sprach ein Wort, bis Sarina sich an die verbliebenen Ratsmitglieder wandte. Vier von ihnen hatten den Kampf gegen den Schatten überlebt, darunter Morgana, die eine Heilerin unter den Lunara war.

»Morgana, Ihr seid doch in der Lage, die Magie der Linien zu lenken. Die Portale können nicht ohne die Linien bestehen. Wissen die Heiler etwas darüber, wie man das Siegel brechen kann?«, wollte Sarina wissen.

»Dieses Wissen war nur den Priesterinnen und Beschützern vorbehalten.« Sie betrachtete Eleonora, die nun die letzte Beschützerin der Lunara darstellte, aber nicht in deren Geheimnisse eingeweiht hatte werden können. »Wenn die Linien nicht so schwach wären, könnte man das Portal vielleicht gewaltsam mit Magie öffnen.«

»Unmöglich zu diesem Zeitpunkt«, murmelte Seratus und verschränkte die Arme. »Es muss einen anderen Weg geben. Irgendjemand muss doch in der Lage sein, das Portal zu öffnen.«

»Ich glaube, ich kann helfen.« Hektor räusperte sich und trat mit gesenktem Blick nach vorn. Er wirkte mit einem Mal unsicher und verlegen.

Die Lunara hatten eine sehr klare Rangordnung und erhielten bei ihrer Geburt ein Schicksal zugewiesen, dem sie folgten. Hektor, der ein Handwerker bei den Lunara war, durfte eigentlich nicht in das Wissen eingeweiht sein, über das er jetzt sprach. Vielleicht war es keine wirkliche Unsicherheit, die Eleonora an ihm wahrnahm, nur die Erkenntnis, dass er etwas tat, das bei seinem Volk als falsch angesehen wurde, und er hatte deswegen bisher nicht gewagt, das Wort zu erheben.

»Du?«, fragte Morgana und schnalzte mit der Zunge. »Was könnte ein Handwerker über die Siegel an unserem Portal wissen?«

»Es mag dich überraschen, aber ich habe viel von meiner Mutter gelernt«, erwiderte Hektor und schien an Selbstbewusstsein zu gewinnen. »Denn obwohl sie unseren Regeln stets gefolgt ist, hat sie mir oft etwas erzählt. Als hätte sie gewusst, dass sie nicht bei uns sein würde, wenn wir ihre Hilfe bräuchten.«

Er sah Eleonora an und die Trauer, die er zu verbergen suchte, war mit einem Mal für sie greifbar. Hektor war vermutlich immer anders gewesen als für Lunara üblich. Er hatte sich nicht mit dem ihm vorbestimmten Weg abgefunden, hatte alles infrage gestellt. Und jetzt kämpfte er mit den Gefühlen, die er nicht verstand und die dennoch plötzlich da waren.

Morgana wollte ihn gerade zurechtweisen, als Eleonora zu ihm ging. »Bitte sag mir, was du weißt. Ich will es hören.«

Hektors Mundwinkel zuckten, als er mit seinen hellblauen Augen zu ihr hinabblickte. Eleonora war das Licht, sie hatte die Lunara vor dem sicheren Tod unter Wasser gerettet. Niemand würde ihr widersprechen und sie hatte ihm ihr Vertrauen durch ihre Worte ausgesprochen. Neuer Mut schien in ihm zu erwachen und er räusperte sich noch einmal.

»Es stimmt, die Priesterinnen sind die Einzigen, die das Portal in unsere Welt öffnen können, wenn sie den magischen Spruch und zumindest einen Teil des Mondsteins besitzen. Aber sie müssen keine auserwählten Priesterinnen sein. Es genügt, wenn sie die Gabe in sich tragen.« Sein Blick glitt zu Sarina, die sich mit einem Mal verkrampfte. »Du hast diese Gabe, nicht wahr? Sonst hättest du selbst mit der Fürsprache des Rates keine Wächterin werden können.«

Eleonora wandte sich zu ihrer Großmutter um. Sarina war nicht dazu bestimmt gewesen, als Wächterin über den Schatten in der Menschenwelt zu leben. Sie verdankte ihre Entsendung einem Gefallen, den der Ratssprecher ihr geschuldet hatte.

»Ist das wahr?«, wollte Eleonora wissen.

Sarina seufzte und nickte. »Ja, es ist wahr. Angeblich war bei meiner Geburt nicht eindeutig, welchem Weg ich folgen sollte. Da meine Schwester bereits Priesterin war, wurde ich den Kriegern zugeteilt. Keine Familie schickte beide Kinder auf denselben Weg, wenn es nicht ohne Zweifel vorbestimmt war.«

»Das heißt, du kannst das Portal öffnen? Denn einen Teil des Mondsteins besitzt du in dem Stab der Wächter«, hakte Eleonora nach.

»Nur wenn ich die Symbole und den Spruch entschlüsseln kann«, wich Sarina ihr aus. »Ich verstehe aber die Sprache der Clavema nicht. Dieses Volk verschwand wie bereits erwähnt mit den Portalen. Es gibt nur wenige Aufzeichnungen über sie und es war mir nicht erlaubt, dieses Wissen zu erlernen.«

Dano wimmerte neben Eleonora und vergrub seine Finger noch tiefer im Sand. »Symbole«, keuchte er und kniff die Augen zusammen. »Kann mich nicht erinnern …«

Eleonora strich ihrem Großvater beruhigend über den Rücken. »Denkst du, du kannst sie entschlüsseln, Hektor?«, fragte sie leise und sah zu dem Lunara auf.

Dieser legte den Kopf schief, bevor er sich dem Portal zuwandte. Seine Lippen bewegten sich und er machte einen Schritt nach vorn und dann zurück. Er sank ebenfalls auf seine Knie und begann, etwas in den Sand zu zeichnen.

»Können wir irgendwie helfen?«, fragte Lucius nach einiger Zeit.

Aber Hektor reagierte nicht auf ihn, blickte immer wieder zu dem silbernen Rahmen auf, verwischte einige Zeichen im Sand und schrieb neue hin.

»Und deswegen habt ihr mich geweckt?« Daphne gähnte und setzte sich neben Eleonora. Sie betrachtete ihre Freundin mit sorgenvollem Blick. »Wie geht es dir?«

Eleonora zuckte mit den Schultern. »Mein Vater ist noch nicht aufgewacht, mein Großvater spricht kaum und leidet. Nina hat sich dem Schatten angeschlossen und Aestus …« Sie stieß den Atem aus. »Entschuldige, dass ich gerade aufzähle, was du ohnehin schon weißt.«

Daphne legte eine Hand auf ihre Schulter. »Schon gut, das ist alles ziemlich schwierig für dich und deine Mutter. Aber dein Vater wird wieder gesund. Nina bringen wir zur Vernunft und Aestus lebt und wird sich befreien können.«

»Nina ist in die Dunkelheit gefallen«, murmelte Eleonora. »Ich weiß nicht, ob wir sie erlösen können. Sie ist freiwillig mit dem Schatten gegangen.« Sie machte eine Pause und fügte dann flüsternd hinzu: »Meinetwegen.«

»Lass dir das nur nicht von Nina einreden!«, erwiderte Daphne und hob den Zeigefinger. »Sie hätte in den drei Jahren etwas unternehmen können. Dann hätte sie nämlich schon davor gewusst, dass Aestus kein Interesse an ihr hat. Das ist nicht deine Schuld!«

Eleonora rang sich ein Lächeln ab. »Ich danke dir.«

»Symbole«, sagte Dano plötzlich und riss Eleonora und Daphne damit aus ihrem Gespräch. »Das Amulett weist die Lösung.«

»Das Amulett? Meines?«, fragte Eleonora und Dano nickte, bevor er die Hände an seine Schläfen legte. Staub verteilte sich auf seiner Haut und seinem Haar und er stöhnte wieder, als hätten ihm diese wenigen Worte unerträgliche Schmerzen bereitet.

Daphne strich Dano über den Rücken. »Ich kümmere mich um ihn. Sieh dir das Amulett und das Portal an.«

Eleonora zögerte, dann nickte sie und löste sich von ihrem Großvater. Daphne strich weiterhin über seinen Rücken und redete beruhigend auf ihn ein, während Eleonora auf das Portal zutrat und ihre Augen schloss. Ihre Fingerspitzen berührten das warme Metall des Anhängers gerade, als das Klingeln anschwoll und Wärme sich ausbreitete.

Sie öffnete ihre Lider und hielt den Atem an, als einige Symbole am Rahmen hell aufleuchteten. Vorsichtig berührte sie Hektor an der Schulter, der daraufhin aufsah und dann keuchte.

»Wie hast du das geschafft?«, fragte er, während er seine Zeichen wegwischte und hastig neue aufzeichnete.

»Ich denke, mein Amulett kann mehr, als ich geahnt habe«, erwiderte Eleonora.

»Jedenfalls hat es mir gerade einige Zeit erspart, mögliche Kombinationen zu testen«, erklärte Hektor und sah mit einem äußerst zufriedenen Ausdruck in den Augen zu ihr auf. »Ich kenne jetzt die Zauberformel, mit der wir das Portal öffnen können.«

Die Weltportale (Band 3)

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