Читать книгу Die Weltportale (Band 3) - B. E. Pfeiffer - Страница 8
Was bisher geschah …
ОглавлениеLady Graie blickte nach oben, an den Rand der Kugel, über den schwarze Blitze zuckten. Ihr Brustkorb schmerzte bei jedem Atemzug und sie wusste, dass ihre Zeit sich dem Ende zuneigte.
Kraftlos sank sie zu Boden, den Blick immer noch nach oben gerichtet. Dort draußen, außerhalb des Zepters, in dem sie immer noch gefangen war, kämpfte Eleonora gegen den Schatten. Ein schwaches Lächeln stahl sich auf das Gesicht der Aurone, denn sie wusste, dass Eleonora gewinnen würde.
Erst war sie unsicher gewesen, ob das Mädchen bereit für diesen Kampf war. Eleonora war jung, unbedarft und vertraute zu schnell. Außerdem entschied sie viel zu leichtfertig mit dem Herzen. Doch genau das war vermutlich ihre größte Stärke, auch wenn es sie jetzt in Gefahr gebracht hatte. Aber nur dadurch würde sie den Fluch von Ravenport nehmen und Aestus mit seiner Drachenmagie helfen können.
Dass Eleonora Schutz brauchte, wusste die Lady. Deswegen kämpfte sie gegen die Kälte an, die bereits ihre Beine erfasst hatte. Ihr war bewusst, dass sie hier, im Zepter, das eigentlich im Kampf gegen den Schatten helfen sollte, sterben würde.
Wehmut überkam sie und Lady Graie schloss für einen Moment die Augen. Sie hätte Eleonora noch so viel beibringen, in so viele Geheimnisse einweihen müssen.
»Hoffentlich kann Dano meinen Platz einnehmen«, flüsterte sie und hustete dann. Blut bedeckte ihre Handfläche und die Kälte in ihrem Inneren wurde stärker.
Was wohl aus Valeria würde? Sie hatte auch ihr gegenüber eine Pflicht eingenommen, wollte sie leiten, ihr helfen, die schwere Zeit, die ihnen bevorstand, zu überstehen.
Zittrig hob Lady Graie eine Hand an ihre Brust und flüsterte einen uralten Zauber, den sie vor vielen Menschengenerationen gelernt hatte. Sie würde ihre Seele nur zum Teil in die Ewigkeit gleiten lassen. Ein Teil von ihr sollte hierbleiben und über Eleonora und Valeria wachen.
Noch einmal hustete sie und legte ihren Kopf in den Nacken. Es wurde kalt, so bitterkalt, und sie spürte ihre Finger, die kraftlos auf ihrem Bauch ruhten, längst nicht mehr, als sie den Boden berührten. Dennoch lächelte sie, obwohl sie vor Schmerzen nicht mehr atmen konnte. Denn der Schatten hatte sie nicht besiegt, nicht endgültig, und es würde ihm nicht gelingen, solange Eleonora das Licht in sich trug.
Nebel hüllte sie ein, der Schmerz verschwand und sie war endlich frei.
Es dauerte nicht lange, da führte ein Ruf sie an den See zurück, den sie gut kannte. Die Nacht hatte sich über das Ufer gesenkt, als ihre Füße lautlos das Gras berührten. Hinter ihr lag die Akademie, aber sie sah sich nicht um. Dieser Teil ihres alten Lebens war längst vergangen. Nein, sie war aus einem bestimmten Grund hier.
»Lady Graie«, hörte sie die vertraute Stimme und wandte sich um.
Jedes Mal, wenn die Lady sich in die Welt der Träume wagte, wo Valeria auf sie wartete, seit sie ihr zum ersten Mal erschienen war, freute sie sich, die Direktorin zu sehen. Doch heute war es anders, denn Valeria wirkte erschöpfter als je zuvor und Lady Graie wusste nicht, wie sie ihr noch helfen konnte.
»Die Linien«, sagte Valeria atemlos, als sie neben ihr stehen blieb, »sie führen noch immer keine Magie. Die Lunara sind zu schwach, um uns allein zu helfen.«
»Das habe ich befürchtet«, murmelte Lady Graie.
Seit dem Erdbeben, das der Schatten irgendwie, selbst in seinem Gefängnis eingesperrt, verursacht hatte, schienen die Knotenpunkte der magischen Linien zu sehr geschwächt, um die Welt mit Kraft und die Völker mit Magie zu versorgen. An jenen Stellen, wo mehrere Linien sich trafen, wirkte für gewöhnlich starke Magie, meist von allen Völkern. Aber jetzt war der Fluss ins Stocken gekommen und die Knotenpunkte waren kaum noch spürbar.
»Zu viele von ihnen sind gestorben, als der Schatten die Insel angegriffen hat.«
»Es ist noch viel schlimmer.« Valerias Stimme zitterte. »Aestus wurde in die Dunkelheit gerissen. Und Nina dient dem Schatten.«
»Was ist mit Lucius?«
»Soweit ich weiß, kümmert er sich um Eleonora«, erwiderte Valeria und stieß den Atem aus. »Lady Graie, was sollen wir tun? Aestus trägt die Kraft des Drachen in sich und sosehr ich versucht habe, ihm zu helfen, er konnte sie nie kontrollieren. Wenn der Schatten ihn nun auch auf seine Seite zieht …«
»Der Junge ist stark«, erwiderte die Lady ernst. »Er hat gemeinsam mit Eleonora und Lucius schon einmal gegen den Schatten gewonnen. Ich würde ihn nicht so schnell aufgeben.«
»Ich hoffe, Sie haben recht.« Valeria seufzte. »Das ist erst der Anfang, oder? Die versiegende Magie ist ein Werk des Schattens, der sich befreien will. Was, wenn er nur mit uns spielt? Immerhin hat er so viele Lunara getötet.«
»Die Welten müssen wieder zueinander finden«, meinte die Lady. »Nicht alle, aber es gibt Völker, die verborgen in der Welt der Menschen leben und helfen können, den Kampf fortzuführen. Aber erst muss Eleonora das Portal in die Welt der Lunara öffnen, um die Linien zu retten.«
Eine Weile schwiegen die beiden Frauen und blickten auf den See hinaus. Dann räusperte Valeria sich geräuschvoll. »Wird Eleonora sich auch bei den Auronen beweisen müssen? So wie bei den Lunara? Um ein Teil des Volkes zu werden?«
Die Lady schmunzelte, als sie sich zur Direktorin umwandte. »Das, meine Liebe, liegt in der Zukunft. Aber wir werden es bald erfahren …«