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Kapitel 5

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Die Tür schwang auf und eiskalter Wind trug ihr funkelnde Schneeflocken ins Gesicht. Das Licht dieser Welt war so hell, dass Eleonora blinzeln musste und einige Atemzüge Zeit brauchte, um ihre Augen daran zu gewöhnen. Dann entdeckte sie eine gewaltige Eiswüste, die sich unendlich weit zu erstrecken schien.

»Es ist tatsächlich Schnee«, murmelte Sarina, die neben ihr in dem Portal stand und über die Ebene blickte. »Ich habe es fast nicht für möglich gehalten, aber die alten Schriften hatten recht.«

»Ich war mir auch sicher, dass es nicht stimmt«, erwiderte Eleonora. »Immerhin hieß es, die Lunara hätten immer in Aquaris gelebt. Es gibt hier fast nie Schnee und wenn ich mir ansehe, wie Hektor bereits in der Nacht friert …«

Sarina nickte. »Keiner der Lunara, die du kennengelernt hast, wurde in unserer Welt geboren«, erklärte sie. »Als wir unsere Welt verließen, wollten wir in der Nähe des Wassers leben, da dies unser Element ist. Offenbar haben wir uns sehr schnell an die Wärme gewöhnt, denn wenn es etwas gibt, das mein Volk mittlerweile nicht mag, ist es Kälte.«

Hektor erschien hinter ihnen und schlang die Arme um seinen Körper. Er hatte sich einen Umhang umgelegt, fröstelte aber dennoch. Trotzdem schweifte sein Blick beinahe sehnsüchtig über die zu Eis erstarrten Bäume. Er öffnete die Hand und fing eine Schneeflocke darin auf. Seine Lippen bebten. »Ich denke, Mutter hätte es gefallen, diese Welt zu sehen«, meinte er und blinzelte.

Eleonora legte eine Hand auf seine Schulter, bevor sie sich umwandte. Lucius stand mit verschränkten Armen direkt hinter ihr, neben ihm hatten sich Daphne, Cerim und Seratus eingefunden. Dano konnte sie nicht entdecken.

»Wie sollen wir die Lunara finden?«, fragte sie niemand Bestimmtes.

»Ich denke, wir müssen sie nicht suchen. Wie es aussieht, werden wir erwartet«, meinte Sarina und deutete auf einen Punkt in weiter Ferne, der sich bewegte.

Erst war Eleonora sich nicht sicher, ob es wirklich ein Lunara war, den sie dort sah. Aber der Punkt wurde größer, teilte sich und kam eindeutig auf sie zu.

Es dauerte nur wenige Atemzüge, bis Eleonora die fünf Männer erkannte, aus denen die Gruppe bestand. Sie biss sich auf die Unterlippe und fröstelte bei ihrem Anblick ein wenig mehr. Denn obwohl es eiskalt war, trugen sie nur lange Hosen aus weißem und hellgrünem Stoff sowie gewöhnliche Schuhe. Ihre Oberkörper waren frei und nur ein schmaler Gürtel bedeckte ihre ansonsten nackte Brust. Ihre Aufmachung hatte nicht viel mit der knappen weißen Kleidung der Lunara-Männer zu tun, die Eleonora kennengelernt hatte. Nur die unzähligen Armreife und Ketten sowie der Stirnreif, der ihre langen weißen Haare aus dem Gesicht hielt, kamen ihr vertraut vor.

Was Eleonora allerdings stutzig machte, waren die unzähligen Waffen, welche die Männer trugen. Jeder hielt einen Speer oder eine Axt in Händen, an den Waffengürteln hingen Schwerter, Armbrüste und Dolche.

Als die Lunara-Gruppe nur noch einen Steinwurf von Eleonora und ihren Begleitern entfernt war, hielt sie an und baute sich vor den Ankömmlingen auf.

Mittlerweile hatten auch die restlichen Ratsmitglieder der Lunara das Portal durchquert und murmelten Verwünschungen über die eisige Kälte. Der Hauch Wärme, der aus dem Portal herüberwehte, konnte sich im tiefen Winter, der hier herrschte, nicht behaupten.

»Wer seid ihr und wie habt ihr euch Zugang zu unserer Welt verschafft?«, fragte der vermeintliche Anführer der Lunara und fixierte Eleonora dabei.

Sie fröstelte noch mehr, weil der Mann so feindselig wirkte. Erkannte er denn die Lunara an ihrer Seite nicht als jemanden seines Volkes an?

»Wir sind …«, begann Sarina, aber der Lunara hob seine Hand.

»Ich will es von ihr wissen«, forderte er und deutete auf Eleonora.

Sie straffte die Schultern, richtete sich zu voller Größe auf und sah dem Lunara in die eisblauen Augen, die sie so sehr an Aestus erinnerten. Ein Stich in ihrem Herzen ließ sie nach Luft schnappen. Sie durfte jetzt nicht Trauer und Schuldgefühle die Oberhand gewinnen lassen. Die Magie ihrer Welt würde erlöschen, wenn diese Lunara ihr nicht halfen.

Sie zögerte, bis sie eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte. Ohne sich umdrehen zu müssen, wusste sie, dass Lucius hinter sie getreten war und ihr auf diese Weise Mut schenkte. Und wieder regte sich das schlechte Gewissen, weil sie Aestus aus ihren Gedanken verdrängt hatte.

Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, ermahnte sich gedanklich, sich zu konzentrieren. Dieser Moment war entscheidend und sie durfte ihn nicht verstreichen lassen.

»Wir kommen aus der Welt der Menschen«, verkündete Eleonora mit fester Stimme. Insgeheim hatte sie gehofft, dass die Lunara sich beeindruckt zeigen würden, doch keine Regung huschte über ihre Gesichter. »Dies ist der Rat der Lunara in meiner Welt. Außerdem ist der Magierkönig Seratus an meiner Seite sowie die Ritter des Mondordens. Ich bin Eleonora aus dem Haus Etoille …« Sie zögerte einen Augenblick, ehe sie hinzufügte: »Ich bin das Licht.«

Einen kurzen Augenblick ließen die Lunara vor ihr Überraschung in ihren Mienen erkennen, allerdings verschwand die Gefühlsregung genauso schnell, wie sie gekommen war.

Der Mann, der sie angesprochen hatte, trat vor. »Ich bin Wyn, Anführer der Jäger des Nordens.« Er neigte seinen Kopf leicht und Eleonora konnte nicht anders, als die unzähligen Narben auf seiner Brust zu mustern. Wie viele Kämpfe er wohl ausgetragen hatte? »Wir erlauben euch, hier zu sein. Könnt ihr mich zu unserem Oberhaupt begleiten?«

»Gebt uns einen Augenblick und wir werden uns geeignetere Kleidung holen«, meinte Eleonora schnell und wollte sich umdrehen, als Wyn nach ihrem Arm griff.

»Du bist das Licht, oder? Dann kannst du uns auch durch den Schnee folgen.«

Lucius trat dazwischen und wischte den Arm des Lunara von Eleonora. »Es ist für unsere Verhältnisse sehr kalt und falls wir Euch länger folgen müssen, werden wir erfrieren«, warf er mit einer Stimme ein, die keinen Widerspruch duldete.

Der Lunara machte einen Schritt zurück und gab ein Grunzen von sich. »Meinetwegen, aber beeilt euch. Wenn die Sonne hier untergeht, wird es gefährlich.«

Lucius nickte und führte Eleonora durch das geöffnete Portal zurück in ihre Welt. Seratus rief Befehle, kaum dass er aus dem Portal getreten war, und sowohl die Lunara als auch die Magier beeilten sich, winterfeste Kleidung für alle zu bringen.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte der Ritter und betrachtete Eleonora mit ernstem Blick.

»Ich weiß nicht«, murmelte sie. »Etwas an diesen Lunara kommt mir … seltsam vor.«

Lucius hob eine Augenbraue. »Was meinst du?«

»Sie sind so anders als jene dieser Welt.«

Eleonora kam nicht dazu, ihre Überlegungen fortzusetzen, denn jemand reichte ihr ein warmes Oberteil und Winterstiefel, die sie schnell anzog. Daphne gab ihr einen dunkelblauen Wollumhang des Mondordens und ergriff ihre Hand.

»Ich bin gespannt, was diese Lunara uns zeigen wollen.« Sie klang aufgeregt und ängstlich zugleich.

»Ich hoffe, sie helfen uns«, erwiderte Eleonora unsicher.

»Das werden sie«, versuchte Sarina, die gerade einen dritten Pullover über ihren Kopf zog, ihr Mut zu machen.

»Wird Lord Dano uns begleiten?«, wollte Lucius wissen.

Sarina schüttelte den Kopf. »Er ist nicht in der Lage, so weit zu gehen, und wir können ihn nicht tragen. Es ist besser, er bleibt hier und ruht sich aus.«

»Wird er jemals wieder er selbst sein?«, fragte Eleonora beunruhigt.

»Er war mehrere Tausend Erdenjahre unsterblich, Kind«, erwiderte die Lunara. »Es wird ein wenig dauern, bis er damit zurechtkommt, es nicht mehr zu sein. Es ist für uns alle nur schwer nachzuvollziehen, weil niemand so etwas je erfahren hat.«

Eleonora drehte ihren Kopf und sah Lucius an, der ihrem Blick standhielt. Seine dunkelblauen Augen wirkten bedrückt. Sie wusste, dass er Dano verstand, weil es ihm ähnlich gegangen war und vermutlich immer noch ging. Auch er war unsterblich gewesen, allerdings nicht als Teil dieser Welt, und er schien ihr immer ein wenig verloren zu sein.

»Wir sollten aufbrechen«, meinte Seratus und zog seinen Umhang enger vor seiner Brust zusammen. »Hoffen wir, dass die Lunara uns helfen werden.«

Die Weltportale (Band 3)

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