Читать книгу Die Weltportale (Band 3) - B. E. Pfeiffer - Страница 18

Kapitel 9

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Das Zimmer ihrer Eltern lag dunkel vor ihnen, als sie es betraten. Die schweren Vorhänge ließen keinen Lichtstrahl durch die hohen Fenster dringen und eine einzige gewöhnliche Kerze war alles, was Athela entzündet hatte.

Die Elfe saß auf dem Bettrand und rieb sich die Augen. Eleonora wusste nicht, ob sie gerade erst aufgewacht war oder versuchte, ihre Tränen zu verbergen. Athela, die immer schon schlank und zierlich gewirkt hatte, schien nun zerbrechlicher denn je, als sie auf dem riesigen Bett saß, wo auch Lordor lag. Sein Oberkörper war unbedeckt und Eleonora konnte die dunklen Flecken erkennen, die sich durch den Verband fraßen. Dabei wusste sie, dass ihre Mutter diesen alle paar Stunden wechselte.

»Wie geht es ihm?«, fragte Eleonora ihre Mutter, nachdem sie Dano geholfen hatte, sich auf einen Stuhl zu setzen. Der Aurone betrachtete seinen Sohn, dann ließ er den Kopf sinken.

»Unverändert«, murmelte Athela. »Was ist mit dem Portal? Habt ihr …«

»Wir haben es gefunden und geöffnet«, erklärte Sarina und nahm Athelas Hände in ihre. »Aber wir müssen die Auronen um Hilfe bitten, denn die Lunara allein können die Linien nicht retten.«

Eleonora schwieg und wartete darauf, dass ihre Großmutter von dem Angriff auf Lumeno berichten würde, aber das tat sie nicht. Also behielt sie diese Information ebenfalls für sich.

»Das heißt, ihr brecht auf, um die Kristallstädte zu finden?« Athela klang ängstlich und drückte die Hände ihrer Mutter fester. »Bleibst du bei uns?«

»Ich wünschte von Herzen, ich könnte es«, sagte die Lunara sanft. »Aber ich muss zu den Wächtern zurück. Wenn der Schatten freikommt …«

Athela seufzte. »Ich weiß. Es ist nur …« Sie wandte ihren Kopf und blickte Lordor an. Ihre Lippen bebten und sie schniefte. »Ich verliere ihn und kann nichts dagegen unternehmen. Wenn ihr alle fort seid … wie soll ich dann …«

»Mada«, hauchte Eleonora und setzte sich neben die Elfe auf das Bett. »Er wird durchhalten, bis wir die Auronen gefunden haben. Sie können ihm helfen.«

»Woher weißt du das?« Athelas Lippen bebten stärker, als sie ihre Tochter aus verweinten Augen ansah.

»Weil ich einen Lunara kennengelernt habe, der genau wie Ada verletzt und von den Auronen geheilt wurde.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Wir werden die Auronen finden und sie helfen ihm. Ich bin sicher. Immerhin ist er zur Hälfte einer von ihnen.«

Athela gab einen gequälten Laut von sich und senkte den Blick. »Es ist ungerecht von mir, dass ich hier sitze und leide, wo du es bist, die Hilfe braucht«, flüsterte sie. »Vergib mir, dass ich dir keine größere Stütze bin.«

»Es ist gut«, erwiderte Eleonora sanft. »Ich habe sehr viel Hilfe, Mada. Du musst dir keine Vorwürfe machen. Und nur durch dich und Ada bin ich überhaupt so weit gekommen. Weil ich weiß, dass ihr immer für mich da seid.«

Seufzend nickte Athela. »Ich weiß, dass du stark bist, das warst du immer auf deine Weise. Aber ich wünschte, ich könnte etwas für dich tun …«

»Pass für mich auf Ada auf, bis ich zurück bin«, bat Eleonora und hoffte, ihre Stimme klang zuversichtlicher, als sie selbst sich fühlte. »Ariadne und Elena sind hier, falls du sie brauchst. Ich bin sicher, sie werden dich unterstützen.«

Eleonora wusste, dass Athela und ihre Schwester sich entfremdet hatten, trotzdem hoffte sie, die beiden würden wieder zueinanderfinden, besonders jetzt, da sie sich gegenseitig brauchten. Immerhin war ihre Tante auch geblieben, was dafür sprach, dass eine Annäherung möglich war. Und Athela konnte jetzt den Beistand ihrer Schwester brauchen.

Sarina setzte sich auf Athelas andere Seite und umarmte die Elfe. »Wir werden uns wiedersehen, Tochter. Und dann werden wir mehr Zeit miteinander verbringen können.«

»Das wünsche ich mir sehr, Mada«, hauchte Athela, während ihre Schultern bebten. »Ich will dich nicht schon wieder verlieren.«

Die Lunara schwieg, aber Eleonora konnte das Glänzen in ihren Augen erkennen. Es musste Sarina unsagbar schwerfallen, jetzt aufzubrechen. Dennoch tat sie es, weil sie Eleonora damit am besten helfen konnte.

»Wir sollten gehen«, krächzte Dano und versuchte, aufzustehen.

Sarina und Eleonora stützten ihn, damit er sich von Athela verabschieden konnte. Sein Blick glitt über Lordors leblos wirkenden Körper und er wandte sich ab.

»Ich wünschte, ich hätte die Kraft, ihn zu heilen«, murmelte der Aurone mit brüchiger Stimme.

Sarina führte ihn zur Tür, damit Eleonora noch einen Moment mit ihren Eltern allein haben konnte. Als auch sie ihren Vater betrachtete, stellte sie entsetzt fest, dass der dunkle Fleck auf dem Verband in der kurzen Zeit, die sie hier war, noch größer geworden war.

»Die Dunkelheit zerstört ihn«, sagte Athela leise. »Ganz gleich, wie sehr ich es versuche, meine Magie ist zu schwach, um ihn zu heilen.«

»Es liegt nicht an dir, sondern an der Wunde selbst«, erwiderte Eleonora. »Vielleicht kannst du die Lunara um Rat bitten? Möglicherweise kennen sie eine Heilmethode, welche die Dunkelheit aufhält …«

Athela nickte. »Daran habe ich nicht gedacht, aber das werde ich gleich machen.«

»Soll ich bei ihm bleiben, damit du dich ein wenig erholen kannst?«, schlug Eleonora vor. »Ein wenig Zeit habe ich noch.«

»Nein. Du solltest noch mit deiner Großmutter sprechen, bevor sie aufbricht«, erwiderte Athela und lächelte tapfer, obwohl sie erschöpft wirkte. »Ich schaffe das schon und werde hier sein, wenn du von deiner Reise zurückkommst.«

Die Elfe klang zuversichtlich. Diesmal hatte sie keine Vision, wie bei Eleonoras letztem Aufbruch, als sie prophezeit hatte, dass nicht alle zu ihr zurückkehren würden. Wie recht Athela damals doch gehabt hatte.

Mutter und Tochter umarmten sich noch einmal und Eleonora strich Lordor behutsam über seine eiskalte Hand. Dann erhob sie sich und verließ das Zimmer.

Zu ihrer Überraschung wartete Sarina allein vor der Tür auf sie.

»Ich habe Dano zu Lucius gebracht, damit wir noch kurz reden können.«

Sie deutete mit ihrem Kopf auf ein offen stehendes Zimmer und trat ein. Eleonora folgte ihr und schloss die Tür hinter sich.

»Du willst mir etwas über das Amulett erzählen, nicht wahr?«, fragte sie ihre Großmutter.

»Dano wäre dafür besser geeignet, schließlich haben die Auronen es geschmiedet, aber ich fürchte, er ist dazu im Moment nicht in der Lage.«

»Die Auronen? Ich dachte, die Elfen …«

»Nein, es waren die Auronen. Wir mussten dir erzählen, dass es von Elfen stammt. Ihre Schmiedekunst ist einzigartig genug, aber in diesem Schmuckstück ruht eine Magie, die jenseits der Vorstellung von elfischen Kleinoden liegt.« Sie seufzte. »Dein Großvater Theodor hat allerdings geholfen. Ohne ihn wäre dieses Amulett vielleicht nie fertiggestellt worden.«

Ihre Augen glänzten erneut und die Lunara wandte sich ab.

Eleonora fühlte ein Ziehen in der Brust. Theodor war vor vier Monden bei dem ersten Kampf gegen den Schatten ums Leben gekommen, als er Athela beschützt hatte. Ihr Großvater hatte sie immer auf Abstand gehalten und Eleonora dachte lange, es sei, weil sie zur Hälfte Magier war. Aber vermutlich hatte er nie gewusst, wie er mit ihr umgehen sollte.

Jetzt bedauerte sie, ihn nicht besser kennengelernt zu haben. Immerhin hatte Sarina ihn von Herzen geliebt …

»Alle Völker mussten ihre Magie während des Schmiedens einweben«, erklärte Sarina weiter. »Theodor hat dabei geholfen und die elfische Magie gegeben, die nötig war. Ich gab jene der Lunara und Dano die der Auronen. Valeria half uns als Magierin aus.«

»Valeria?« Eleonora war sicher gewesen, dass Seratus oder Lordor ihre Magie eingesetzt hatte.

»Es musste eine Magierin ohne andere Wurzeln sein. Damit fielen dein Vater und Seratus aus. Lady Graie vertraute der jungen Direktorin und sonst konnten wir niemanden einweihen, nicht einmal den Wächter der Magier beim Schattenkristall. Je weniger Leute wussten, dass es dich gibt, umso besser war es für deine Sicherheit.«

»Aber wozu die Magie?«, wollte Eleonora wissen.

»Jedes Volk besitzt besondere Fähigkeiten, wie du weißt. Du vereinst sie alle, aber als Kind hättest du damit nicht umgehen können. Das Amulett hat dich beschützt und deine Kräfte absorbiert, um sie dir zurückzugeben, wenn du sie benötigst. Deswegen verändert es sich ständig.« Sarina legte den Kopf schief. »Du bemerkst diesen Wandel, oder?«

»Ja, es fühlt sich … anders an. Nach dem ersten Kampf gegen den Schatten habe ich es bemerkt und jetzt, nach der Prüfung der Lunara … Heißt das, meine Kräfte sind von dem Amulett abhängig?«

»Nein, du wärst auch ohne den Anhänger mächtig«, erwiderte Sarina schnell. »Aber es hat so lange Magie von dir aufgenommen, dass es dir noch mehr Kraft schenken kann, wenn du sie benötigst. Ich nehme an, der Schatten will es haben, weil er diese Magie für sich nutzen möchte und sichergehen will, dass du keinen Vorteil besitzt.«

Eleonora umschloss das warme Metall, das zu summen begonnen hatte, mit ihren Händen. »Er wird es nicht bekommen. Niemals.«

Die Lunara nickte. »Wenn du bei den Auronen bist, kannst du sicher von der Königin noch etwas dazu erfahren. Immerhin musste sie den Auftrag dafür geben.«

Da fielen Eleonora die Worte der Mondgöttin ein. »Stimmt es, dass Dano ein Prinz bei den Auronen ist?«

»Woher weißt du das?«, flüsterte Sarina verwirrt. »Er hat es niemandem außer mir verraten. Noch nicht einmal Lordor hat es je erfahren.«

»Die Mondgöttin …«

Sarina sog die Luft ein. »Es steht mir nicht zu, all seine Geheimnisse preiszugeben. Aber wenn du es bereits weißt, sprich ihn darauf an und erzähle ihm von der Mondgöttin. Ich bin sicher, er weiht dich in seine Vergangenheit ein. Denn eines kann ich dir sagen: Dass Dano nicht unter den Auronen lebt, liegt nicht nur daran, dass er dir helfen will. Denn er verließ die Auronen, lange bevor du geboren wurdest.«

Aus dem Hof drangen Rufe und die ersten Flügelpferde stiegen vor den Fenstern in den Himmel auf. Eleonora entdeckte Seratus, der einige Magier und Lunara, darunter Lamir und Wyn, mit sich nahm, um in Lumeno die Stellung zu halten.

»Wir müssen los«, meinte sie.

»Ja, es wird Zeit«, stimmte Sarina zu. Sie zog ihre Enkeltochter in eine Umarmung. »Ich verabschiede mich hier von dir, mein Kind. Sonst weiß ich nicht, ob ich die Kraft habe, zu gehen.«

Eleonora schmiegte ihren Kopf an Sarinas Oberkörper. Die Lunara überragte sie deutlich, obwohl sie leicht in die Knie gegangen war.

»Hör zu, Eleonora«, sagte Sarina mit sanfter Stimme. »Welche Prüfungen du auch bestehen musst, denk immer daran, dass du Freunde hast. Starke Herzen, die für dich kämpfen und dich unterstützen.«

Tränen traten in Eleonoras Augen und sie blinzelte rasch, als Sarina sich von ihr löste und in ihr Gesicht blickte.

»Was auch immer geschieht, du wirst alle Herausforderungen meistern. Ich glaube an dich, so wie all deine Freunde an dich glauben. Gib ihnen die Möglichkeit, dir zu helfen, auch wenn du dich um sie sorgst.« Sarina strich über ihre Wange. »Lass dich vom Kummer um Aestus nicht vom Weg abbringen. Vertrau auf dein Herz, Eleonora. Dann wirst du alles bestehen.«

Sarina rang sich ein Lächeln ab und hauchte einen Kuss auf die Stirn ihrer Enkeltochter.

»Ich bin stolz auf dich, meine Kleine. Und deine Eltern sind es auch.«

Damit ließ sie Eleonora los, ging rückwärts zur Tür und schlüpfte hindurch.

»Auf Wiedersehen, Großmutter«, hauchte Eleonora.

Sie hätte ihr gern noch mehr Fragen gestellt, aber da hörte sie bereits, wie Daphne ihren Namen rief. Schnell wischte sie sich mit dem Ärmel über die Augen und machte sich auf den Weg in den Hof.

Die Weltportale (Band 3)

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