Читать книгу Die Iden des März - Barry Strauss - Страница 32
Caesars Blick gen Osten
ОглавлениеBevor er nach Parthien aufbrach, wollte Caesar zunächst in Rom für Ordnung sorgen.24 Er sagte, er sei besorgt darüber, dass seine Gesetze missachtet würden.25 Doch Caesar verbrachte zu wenig Zeit in Rom, als dass wir annehmen können, dass er sich wirklich Sorgen darüber machte. Wahrscheinlicher ist, dass er das politische Tagesgeschäft in Rom frustrierend und langweilig fand, verglichen mit seiner Lieblingsarena – dem Krieg. Vielleicht glaubte Caesar auch, eine Atempause würde dafür sorgen, dass sich die Römer leichter an seine Herrschaft gewöhnten. Wenn diejenigen, die er zurückließ, um sich um seine Angelegenheiten zu kümmern, hinter seinen Standards zurückblieben, dann sehnte sich das Volk vielleicht sogar danach, dass er zurückkehrte.26
Er versammelte eine riesige Armee. Sie war so groß, dass die Planungen dafür spätestens im Herbst 45 v. Chr. begonnen haben müssen. Es wäre die größte Streitmacht, die Caesar je befehligt hatte – 16 Legionen mit insgesamt 80.000 Infanteristen und 10.000 Kavalleristen (bei voller Stärke). Sechs dieser Legionen überwinterten in der Nähe von Apollonia (im heutigen Albanien), am westlichen Ende der Via Egnatia, einer Römerstraße, die nach Osten bis zum Hellespont reichte. Caesar plante, am 18. März 44 v. Chr. in Rom aufzubrechen, dem üblichen Datum für Feldzüge, die im Frühjahr begannen – ein Jahr und einen Tag nach seinem Sieg bei Munda.
Auf den ersten Blick erscheint einem Caesars Partherfeldzug wie eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit, aber bei näherem Hinsehen erkennt man die explosiven Folgen, die er für die Innenpolitik hatte. Beim Argument der nationalen Sicherheit ging es darum, die Ostgrenze des Imperiums gegen ein rivalisierendes Reich zu verteidigen, das bereits ins römische Syrien eingefallen war. Das mächtige Partherreich erstreckte sich (in modernen Begrifflichkeiten) vom östlichen Iran bis in den Osten der Türkei und nach Kurdistan. Parthien war der einzige Staat, der Roms Grenze bedrohte. Ein Sieg über die Parther würde die Bedrohung beenden, und dennoch gab es in Rom zwei unterschiedliche Linien, was diesen Krieg betraf: Die Popularen waren die Falken, die Op timaten die Tauben.
Ermuntert von Caesar, hatte Crassus die Parther bereits 53 v. Chr. angegriffen – und verloren. Für Caesar war Parthien ein weiterer großer Feldzug, wie der Gallienkrieg, aber dieses Mal ging es, anders als im Bürgerkrieg, wieder gegen Ausländer und nicht ge gen römische Landsleute. Durch den Sieg in Gallien war Caesar Diktator auf Lebenszeit geworden; der Sieg in Parthien konnte ihn zum König machen. Niemand, der noch an die Republik glaubte, durfte diesen neuen Krieg einfach so hinnehmen.
Bei ehrgeizigen jungen Römern stand dieser Krieg hingegen sicherlich hoch im Kurs, und das sowohl bei der Elite als auch beim einfachen Volk. Der Grund war ganz einfach: Durch den Krieg in Gallien waren abertausende Soldaten wohlhabend und einflussreich geworden. Der Partherkrieg verhieß den ehrgeizigeren jungen Männern die Chance auf einen ähnlichen Erfolg, und diese Chance wollte sich kaum jemand entgehen lassen.
Ein ganz bestimmter junger Römer hatte bei diesem Krieg indes mehr zu gewinnen als irgendjemand sonst: Octavian. Im Dezember 45 v. Chr. schickte Caesar ihn nach Apollonia, einer großen römischen Militärbasis, um dort zusammen mit den Legionen und einem Ausbilder den Winter zu verbringen. Der Ausbilder sollte ihn in der Kriegskunst unterrichten, mit den Legionen konnte Octavian seine politischen Fähigkeiten üben. Die Aktion diente Caesar dazu, den Soldaten seinen designierten Erben vorzustellen. Das war für jeden, der die Lage genau beobachtete, ein weiterer Grund, den Partherkrieg zu fürchten.
In der Republik wären Einwände gegen einen Krieg lautstark im Senat diskutiert worden. Es hätte Debatten ohne Tabus gegeben, feurige Reden, Anschuldigungen, Prahlereien, Parteinahmen, Abstimmungen und Folgewirkungen. Jetzt entschied der Diktator.
Caesar behauptete zwar, er besitze schon genug Ruhm27, aber vielleicht war das gar nicht der Fall. Vielleicht wollte er seine militärische Laufbahn beenden, indem er gegen Ausländer kämpfte, nicht nach einem Bürgerkrieg. Vielleicht war es auch seine dignitas, Crassus’ Niederlage gegen die Parther 53 v. Chr. zu rächen – immerhin hatte er, Caesar, ihn zu diesem Feldzug ermutigt. Vielleicht wollte er auch andere rächen, die in der damaligen Entscheidungsschlacht bei Carrhae gefallen waren – Crassus’ Sohn Publius, der für Caesar als Offizier in Gallien gekämpft hatte, sowie eine Einheit gallischer Reiter. Vielleicht wollte er aber auch nur die Möglichkeit aus der Welt schaffen, dass die Parther Pompeius’ Sohn Sextus unterstützten, der sich noch immer auf freiem Fuß befand.
Auf seinem Weg nach Parthien würde sich Caesar mit der Situation in der römischen Provinz Syrien befassen müssen. Im Jahr 46 v. Chr. hatte Quintus Caecilius Bassus, ein fähiger und gefährlicher Mann, dort die Kontrolle übernommen. Bassus war Anhänger des Pompeius, und er zögerte nicht lange, Caesars Cousin Sextus ermorden zu lassen. Als Caesar im folgenden Jahr einen neuen Statthalter nach Syrien schickte, wurde dieser von Bassus besiegt. Jetzt wollte Caesar sich Bassus persönlich vornehmen.