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Feminismus als Individualismus

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Aber egal, wie man zu dieser neuen Liebe von Konzernen zu feministischen Botschaften steht: Diese Kampagnen berühren wohl die meisten und das Auge bleibt nur selten trocken.

Wenn ein Mädchen sagt, »›wie ein Mädchen‹, das klingt eher nach etwas Schlechtem«, und ein Bub meint, diese Beschreibung würde seine Schwester nicht beleidigen, Mädchen im Allgemeinen schon, aber nicht seine Schwester – dann ist das schlichtweg traurig und ja, auch erhellend. Die Mädchen und Buben in dem Video aus der Kampagne sprechen reflektiert darüber, dass Bezeichnungen wie diese als Beleidigung wirken, während sie sie gleichzeitig selber auch als Abwertung verwenden. Allerdings nicht alle: Manche beschreiben etwa »rennen wie ein Mädchen« mit »so schnell, wie man nur kann« oder sie koppeln Fähigkeiten vom Geschlecht ab, indem sie sagen, das bedeute »rennen, wie ich es tue«. Andere in dem Spot verstehen die Beschreibung »wie ein Mädchen« dahingehend, möglichst tollpatschig zu laufen. Die althergebrachten Bilder von »weiblichen« oder »männlichen« Fähigkeiten sitzen tief und werden durch Kinder weiter in die Zukunft getragen.

Allerdings passt diese Art der Stärkung des Selbstbewusstseins, wie sie Always hier betreibt, auch perfekt in eine neoliberale Erzählung. Procter & Gamble führt Emanzipation und Antidiskriminierung in derlei Kampagnen mit kompetitiven Kategorien zusammen; mit Konkurrenz, Gewinnen, Kraft. Eine Botschaft der Kampagne #likeAGirl ist neben der Abwertungsrhetorik auch, dass Mädchen Rennen gewinnen können, nicht zu stoppen und konkurrenzfähig sind. Die Kampagne versucht eine Aufwertung der Zuschreibung »wie ein Mädchen« auch durch eine Aufwertung von Mädchen in den Rang von Leistungsträger*innen oder besser das, was man in einer vorrangig leistungsorientierten Gesellschaft darunter versteht: fit für den Wettbewerb zu sein. Der weibliche Körper, der lange als Argument für die Unterdrückung von Frauen herhalten musste, darf in der Vorstellung von Gleichberechtigung kein Hindernis mehr sein. Es geht um den Glauben daran, wer Gleiches leiste, wäre gleichgestellt.

Spots wie dieser verraten somit viel über die aktuellen Anforderungen an junge Menschen, in diesem Fall insbesondere an Mädchen, die »nicht zu stoppen« sein sollen. Es ist eine zentrale Erzählung unserer Zeit, dass Leistungsfähigkeit der Schlüssel zu einem guten Leben ist und zu einem selbstbestimmten Leben führt. Und welches Narrativ würde da besser ins Marketingkonzept passen als Feminismus? Oder zumindest passende Aspekte daraus?

Es gibt somit zwei zentrale Probleme von Werbung mit gesellschaftspolitischer Stoßrichtung: Erstens geht es vorrangig darum, etwas zu verkaufen, statt darum, etwas zu verändern. Und zweitens folgt diese Werbung aus ebendiesem Grund bestimmten und somit eingeschränkten Interessen und nutzt bestimmte Botschaften. Eine solche Botschaft ist zum Beispiel, dass Feminismus als Erfolg der Einzelnen präsentiert wird, als individuelle Überwindung bestimmter Zuschreibungen.

Carolyn Tastad, Nordamerika-Chefin von Procter & Gamble und konzernweit Beauftragte für Diversity, hat den Kurs, Marken in einen engen Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Bewegungen zu bringen, bei P & G vorangetrieben. Sie ist überzeugt, dass Vorurteile durch Werbung aufgeweicht werden. Weniger überzeugt ist sie womöglich davon, dass Leistung sehr oft nicht ausreicht, um sich gegen patriarchale Strukturen durchzusetzen. In einem Interview (Frankfurter Allgemeine Zeitung 2018) erzählt sie aus ihrer eigenen Geschichte: »Bei uns zu Hause gab es keine Mythen, da hieß es immer nur: Arbeite hart und gib dein Bestes, egal ob Tochter oder Sohn. Das war mein Glück.«

Der verkaufte Feminismus

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