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Eine Ostsee-Sandbank – kein sicherer Warteplatz für Nichtschwimmer

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Ich erinnere mich an ein anderes Ostsee-Erlebnis einige Monate vor dem Bernsteinabenteuer, als ich gerade anfing, mich schwimmend über Wasser zu halten. Wir waren wieder in Warnemünde, und meine älteste Schwester Renate, eine ausgezeichnete Schwimmerin, ging mit mir bis zur ersten Sandbank. Hier war das Wasser ganz flach: „Warte dort auf mich. Ich schwimme noch ein bisschen raus und bin bald wieder bei dir. Da du noch nicht richtig schwimmen kannst, darfst du die Sandbank nicht verlassen. Versprichst du mir das?“ Ich wartete eine Weile und merkte mit wachsender Angst, dass das Wasser plötzlich schnell anstieg. Von Renate weit und breit keine Spur!

Als mir das Wasser fast bis zum Hals kroch, blieb mir nichts anderes übrig, als selbst zum Ufer zurückzuschwimmen; denn stehen konnte ich nirgends mehr. Ich gelangte schwimmend ans rettende Ufer und war stolz, es geschafft zu haben.

Wenig später kam Renate zurück – aufgelöst, zitternd und bibbernd vor Angst und Schuldgefühlen. Sie dachte, ich sei ertrunken, weil sie auf der Sandbank selbst nicht mehr stehen konnte. Ich weiß noch, wie sie mich – befreit von der Zentnerlast der Schuld – glückselig in ihre Arme schloss, mich herzte und liebkoste. Einfach nur, weil ich da war – unversehrt und quicklebendig. Solch wohltuende Liebkosungen waren für mich ein neues, als einmalig empfundenes Erlebnis.

Renate bat mich, von alledem Mutti nichts zu erzählen. Ich versprach es und hielt schon eingedenk der Streicheleinheiten gern mein Wort. Künftig brauchte ich niemanden mehr, der beim Baden auf mich aufpasste. Ich konnte, noch keine sechs Jahre alt, gut schwimmen, verspürte keine Angst und liebte den Wellengang. Je höher die Wellen, umso größer der Spaß und das Gefühl von Freiheit. Ich schwamm in der Folgezeit so gern und ausdauernd, dass ich frühzeitig das Frei- und Fahrtenschwimmerabzeichen ablegte und später den Rettungsschwimmerausweis erwarb. So durfte ich als Lehrerin rechtlich mit Schülern zum Schwimmen gehen.

Im Gegensatz zu den Bergen, die mir fremd blieben und denen ich wenig abgewinne, faszinierte mich das Meer zeitlebens und verleitete mich zu leichtsinnigen Abenteuern. So auch in den USA, als ich mich im Rahmen des vom TENNIS MAGAZIN gewonnenen Hauptpreises ungewollt in ein Haifischgebiet abtreiben ließ. Welch’ Glück, von den gierigen Raubfischen nicht entdeckt zu werden und unversehrt ans rettende Ufer zu gelangen – einige Kilometer vom Startplatz entfernt. Je höher die Wellen, umso lieber schwamm ich und spürte Seelenverwandtschaft mit einer Meeresjungfrau.

Warum ich das Lachen und Singen verlernte (Autobiografie)

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