Читать книгу Kalte Zukunft - Benjamin Blizz - Страница 13
Kapitel 11
ОглавлениеZwei Stunden später lag Shane im Pyjama auf seinem Doppelbett und starrte an die Decke. Er fand keinen Schlaf. Selbst das leise Summen der Klimaanlage, das sonst immer eine beruhigende Wirkung auf ihn hatte, vermochte ihn heute nicht einzuschläfern. Estella ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.
Wieso nur hatte der Schemen ausgerechnet in dem Moment auftauchen müssen, als es zwischen ihnen zu knistern begonnen hatte? Wenn er einmal eine Frau kennenlernte, die ihn wirklich verstand, musste natürlich alles schiefgehen. Aber so war das Leben: genauso wenig perfekt wie die Liebe.
Er dachte an das, was sein könnte, beschwor Bilder herauf, über die er früher nur gelacht hätte. Shane O’Brien, der daran denkt, sesshaft zu werden! Das war wirklich skurril!
Dennoch konnte er die Gefühle, die Estella in ihm weckte, nicht einfach ignorieren. So eine aparte junge Frau, mit der sich sogar ein Mann wie er eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnte, begegnete einem schließlich nicht zweimal im Leben.
Während seine Augen allmählich zufielen, spulte sein Gehirn ihr Gesicht in Endlosschleife ab.
***
In Estella Meinhards Verstand schien ein Tornado zu wüten, der ihre Gedanken durchpflügte und eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Aus der anfänglichen Sorge um die Fotovoltaik-Anlage war inzwischen ein Sturm unterschiedlichster Gefühle geworden, von dem Augenblick an, als Shane in ihr Leben getreten war. Er war völlig anders als die Männer, mit denen sie für gewöhnlich ausging – junge, durchschnittliche Typen, die ihr das Gefühl gaben, überdurchschnittlich, ja unerreichbar zu sein. Shane rief keines dieser Gefühle in ihr hervor. Er war reifer, fordernd, männlich, ungestüm, aber auch gebildet, kultiviert und auf eine sehr spezielle Art und Weise verständnisvoll. Eine Mischung, die, wie sie zu ihrem eigenen Erstaunen feststellen musste, ihren eigenen Charakter widerspiegelte. Er war der Typus Mann, dem eine Frau gefallen wollte und nicht andersherum.
Wäre sie nicht wegen der bevorstehenden Präsentation und des schwer zu fassenden Gefühls der Bedrohung – das sich in ihrem Hinterkopf festklammerte, seit Fritzsch ihr von den Zwischenfällen erzählt hatte – so aufgewühlt gewesen, hätte sie ihre Bemühungen, Shane zu verführen, wahrscheinlich intensiviert, doch so hielt sie ihn lieber vorerst auf Abstand, obwohl ihr das schwerfiel.
Auch sie lag allein auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Was er wohl in diesem Moment dachte? Drehten sich seine Gedanken um sie oder um den seltsamen Vorfall heute Abend?
Beide hatten zweifelsohne jemanden gesehen – und dass es ein Techniker gewesen war, war ausgeschlossen. Vor dem Zubettgehen hatte Estella die Logdateien überprüft. Zwar hielten sich mehrere Techniker auf dem Gelände auf, aber alle weitab von der Stelle, an der sie gestanden hatten. Hätte Fritzsch sie nicht über die vorangegangenen Ereignisse informiert, hätte Estella dem kleinen Erlebnis wohl keine Bedeutung zugemessen, doch so bereitete ihr die merkwürdige Beobachtung große Sorge. Andererseits wollte sie auch nicht grundlos Alarm schlagen und eine Hysterie riskieren, falls dort vielleicht doch nur ein Tier oder etwas anderes Harmloses herumgestreunt war.
Mit einem unguten Gefühl schlief sie endlich ein.