Читать книгу Wettkampfkulturen - Bent Gebert - Страница 27
1.4 Grenzen des Wettkampfs
ОглавлениеTrotz aller Dynamik: Wettkämpfe gelangen aus den verschiedensten Gründen an ihr Ende. Ressourcen, Kapazitäten und Motivation für Fortsetzungen können sich erschöpfen;1 materielle Infrastrukturen können überfordert zusammenbrechen;2 Gewalt kann Formbildung jäh unterbrechen, institutionalisierte Regeln können die Verkettungsdynamik von Kämpfen stoppen.3 Auch vor dem formalen Abschluss von Wettkämpfen können sich alternative Ausweichmöglichkeiten anbieten, um aus Wettkämpfen auszuscheren. Solche Abbruchbedingungen sind stets in Rechnung zu stellen. Jedes Interesse an der Komplexität von Wettkämpfen stößt auf solche einfachen Zustände.4
Aus ihrer formalen Anlage heraus scheinen Wettkämpfe jedoch Fortsetzbarkeit zu begünstigen, nicht fixierte Unterschiede.5 Oder pointiert gesagt: Wenn Wettkämpfe von Potenzierungsstrukturen vorangetrieben werden, können sie nicht ›einfach‹ enden – sie benötigen begrenzende Abbruchprozeduren. Auch dies ist aus alltäglichen Kommunikationszusammenhängen bekannt: Man beharrt auf einer Position, einigt sich auf ein Ergebnis oder verweigert nächste Schritte – und muss dafür weitere Einsätze investieren. Je nach Kontext und Streittypik bieten sich dafür unterschiedliche Lösungen, doch gehen sie auf wenige Operationen zurück:
(1.) Insistieren: Wettkämpfe können abbrechen, indem sie ihre Werte wiederholen, ohne Differenzen erneut umzubesetzen. In diesem Fall schrumpfen Wettkämpfe zu einfachen Formen, die keine weiteren Kontexte erschließen, indem sie alternative Hervorhebungen und Seitenwechsel aktiv ausschließen. Insistieren bedeutet nach dieser Transformation: Die Form wird zwar rekursiv fortgeführt, bleibt so gesehen produktiv, doch erlischt ihre Wettkampfstruktur.
(2.) Blockieren: Umgekehrt enden Wettkampfformen, die den Zustand ihrer Variablen festhalten, ohne diese erneut zu reproduzieren. Während insistierende Verhaltensweisen rasch die Wettkampfform auflösen und mit repetitivem Aufwand vergessen machen, bewahren Blockaden einen Strukturzustand der Wettkampfrelation. Siege basieren in diesem landläufigen Sinne auf formalen Blockaden.
(3.) Stabilisieren: Eine dritte Art der Begrenzung entwickeln Wettkämpfe, die ihre Form auf Gedächtniseffekte umstellen, also die Werte ihrer Variablen festhalten und wiederholen. Formal betrachtet kombinieren sie Momente des Insistierens (indem sie die Form reproduzieren) mit Momenten des Blockierens (indem sie Werte festhalten). Stabilisierte Wettkämpfe sichern dadurch nicht bloß Relationen als Ergebnisse, sondern stellen diese für weitere Formbildung zur Verfügung. Das Ende des Kampfes wird dadurch beispielsweise zum Beginn von Tradition.