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1.3 waltant got: Hildebrands Transzendenzen

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Hadubrands Strategie der Unterstellung hebt sich auch deshalb ab, weil Hildebrand strategisch anders kommuniziert und handelt. Doch greift er in andere Richtung aus. Während die Latenzstrategie des Sohnes dazu neigt, die Komplexität möglicher Vorgeschichten einzulagern, lagert der Vater jeglichen Begründungsbedarf aus – in berühmten, aber religionsgeschichtlich schwierig einzuschätzenden Transzendenzbezügen.1 Auch diese Transzendenzgesten haben zunächst epistemische Implikationen. Statt nämlich auf das Sagenwissen seines Sohnes mit nur einem Wort korrigierend einzugehen, bekräftigt Hildebrand lediglich seine Sippenzugehörigkeit durch einen Schwur zu Gott »oben im Himmel«:

»wettu irmingot«, quad Hiltibrant, »obana ab hevane,

dat du neo dana halt mit sus sippan man

dinc ni gileitos.«

(V. 30–32)

»Ich rufe als Zeugen«, sprach Hildebrand, »Gott oben im Himmel,

daß du doch niemals mit einem so nah Verwandten

einen Streit geführt hast.« (Übers. Haug)

Hadubrand indes locken solche Schwüre kaum aus der Reserve. Ganz im Gegenteil zieht er auch transzendente Zeugen in das latente Täuschungskalkül hinein: Bei Gott zu schwören, könnte nur ein neuer Zug der List sein. Ein zweites Mal, nur umgekehrt greifen die Strategien ineinander, als Hildebrand dann doch in eher kryptischer als signalhafter Anspielung an das Vorwissen des Sohnes anknüpft: Wohl kaum habe der Junge die Mühen der Verbannung ertragen müssen. Doch wieder wendet sich Hildebrand von solchen Aufdeckungsmöglichkeiten jäh ab (V. 49): »welaga nu, waltant got«, quad Hiltibrant, »wewurt skihit.[«] Auch über diesem Vers türmen sich Forschungskontroversen. Ausführlich hatte die ältere Forschung darüber debattiert, ob hier der christliche Gott über germanische Schicksalsauffassung hereinbreche.2 Hält man sich hingegen textnah an die Formen solcher Transzendenzbezüge, lässt sich erkennen, dass auch Hildebrand mit diesen Wendungen jegliche Unbestimmtheiten der Interaktion ausräumt – ist das Geschehen mit solchen Worten als wewurt gefügt, hat der Streitdialog keine Möglichkeiten mehr zu verhandeln, sondern bloß noch Wirklichkeit abzuwickeln, zu der es keine Alternativen gibt.3 Sogleich sind die Schwerter zur Hand. Während Hadubrand also komplexe Differenz auf Latenz herunterrechnet, rechnet sie Hildebrand zu Transzendenzen hoch. Beide Gesten bleiben auf die Figurenebene begrenzt und werden dadurch eigentümlich ausgestellt: Statt eines umfassenden Gottesurteils, das eben zur Zeit der Aufzeichnung des Textes in Fulda zur Diskussion stand, präsentiert das Hildebrandslied somit Bearbeitungsformen in der Rede von Streitfiguren, die auf Kontrast angelegt sind.

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