Читать книгу Die Missionen 131-140 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21014 - Bernd Teuber - Страница 26

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Der größte aller Schatten war eingetroffen.

Innerhalb des ersten Schattens regierte ein zweiter, schwärzer und bedrohlicher noch als der erste, über ein Reich aus weiteren Schatten. Macht hatte eine Anziehungskraft, die jener gravitätischen der Schwarzes-Loch-Region im galaktischen Zentrum spottete.

Der erste Schatten, Vieth Mangálas Schiff, gebar den zweiten Schatten: Das Schiff der sogenannten Vollstreckerin selbst.

Haro wappnete sich. Er sah hinauf, und weiter hinauf. Mit einem hohlen Rauschen und Kondensstreifen an den Flügelspitzen näherte sich die Landungsfähre den Türmen wie ein Greifvogel auf der Jagd.

Darunter vereinte ein endloser Passantenstrom auf den Promenaden, Boulevards und Freiluftmarktplätzen einen repräsentativen Querschnitt aller Schichten der galaktischen Bevölkerung: Diplomaten, Lobbyisten, Aristokraten, Oligarchen, Prominenz aus Politik und Kultur. Aber auch Kriminelle tummelten sich dort. Sie alle hielten inne, um hinaufzublicken.

Die Mangála wünschte keinen förmlichen Empfang auf einer Landeplattform. Das Treffen fand stattdessen im Großen Audienzsaal statt. Jeder sollte es mitbekommen. Um klar zu machen, wer hier das Sagen hat, dachte Haro auf dem Weg dorthin. Der Funke eines Gedankens blitzte auf: Die Mangála hat es eilig. Aber um was zu erledigen?

Haro langte im Audienzsaal an und erklomm wie angeordnet das ausladende Ehrengastpodest. Es herrschte gespenstische Ruhe. Dies war keine gut organisierte Scharade. Die Angst, der Wunsch zu entfliehen ... alles echt.

In der Zwischenzeit waren axaraborianische Marinesoldaten anwesend, durchliefen die Gänge und Hallen auf dem Weg zum Podest. Kailásh war auch bereits zugegen. Dieser Schuft wusste mehr über Mangálas Vorhaben als Haro.

Vieth Mangála trat durch die sich vor ihr öffnenden Türhälften, eine Kohorte Elitesoldaten im Schlepptau. Die Kämpfer schwärmten aus, besetzten die Zugänge und den strategisch wichtigen Aufgang zu dem Podest.

Haros Atem kam stockend, er merkte es nicht einmal. Die Agentin stand unter einem monolithischen Türsturz.

Wer steckte unter dem Gefechtshelm? Man hatte die Mangála bislang immer nur maskiert gesehen. Sie mochte vieles zugleich sein: Würdenträgerin, Fanatikerin, Vollstreckerin.

Mangála schritt zu Haro. Haro verbeugte sich vor aller Augen.

»Agentin Mangála, Ihr Erscheinen bedeutet mir eine große Ehre ...«

»Admin Shapton, ich bin keinesfalls, wie Sie vielleicht hoffen, in Unkenntnis Ihrer Misere.«

Haro blinzelte, schöpfte leise und lange Atem.

»Sie denken, ich will Sie nach dem Verräter Llonar Caucal befragen. Und dann vermuten Sie, ich wäre wegen Toryn Fendt gekommen. Letzteres stimmt allerdings. Aber ich bin aus noch einem anderen Grund hier.«

Die Mangála hob einen Arm, vollführte eine umfassende Bewegung, und die Menge teilte sich vor ihr.

»Der Gewählte Hochadmiral ist ungehalten wegen der Tatsache, dass immer mehr dieser Banden diesen Teil des Sternenreiches unsicher machen.«

Sie zeigte auf zwei Personen in der Menge. Eine Frau und ein Mann. Haro kniff die Augen zusammen, fixierte die beiden Menschen. Der Mann war von kleiner Statur, aber mit akzentuiertem Körperbau und starken Händen, mutmaßlich ein Handwerker oder Mechaniker.

Oder Kämpfer.

Die Frau trug eine zerschlissene Kampfjacke, kombiniert mit enger Nylonhose und schwarzen Stiefeln, die auch einer Infanteristin gut zu Gesicht stehen würden. Ihr Gesicht, ansonsten hübsch anzusehen, zierte eine leuchtende Narbe vom rechten Haaransatz über die halbe Wange bis zum Mundwinkel.

Haros Blick blieb an der Narbe haften. Eine Nadlerwunde; die verbrannten Ränder sind unverkennbar.

»Der flüchtige Sperrai Mercer Ken´dish alias Gari Ozzak«, erklärte die Mangála.

Haro sah den Mann an. Nie von ihm gehört, aber das heißt nichts.

»Und Irae Skarda, das bedeutend interessantere Subjekt von beiden.«

»Ihr habt gar nichts erreicht!«, rief die Frau rebellisch. »Sie mögen uns enttarnt haben, aber in der Zwischenzeit entwischen Ihnen hunderte andere von uns!«

Ein Soldat ging zu ihr und zertrümmerte ihr mit dem Gewehrkolben die Kniescheibe. Schreiend und zitternd vor Schmerz ging die Frau in die Knie.

»Hol Sie der Teufel«, krächzte sie.

Haro war von der plötzlichen Brutalität des Soldaten schockiert. Ihm stand der Mund offen. Er wünschte, er wäre nicht hier.

Ken´dish ging in die Hocke, versuchte die Frau zu beschützen.

Die Mangála blickte zu ihnen hinab. »Überführte Anhänger einer Untergrundorganisation, die im Verdacht steht, Anschläge auf axaraborianische Installationen verübt zu haben.«

»Lassen Sie das propagandistische Geschwätz! Sie wissen, wie die Dinge liegen«, sagte die Frau mit vor Zorn erstickter und schmerzverzerrter Stimme. »Die Fassade Ihres ach so gerechten Sternenreiches bröckelt an etlichen Fronten!«

Die Agentin erwiderte ruhig: »Wenn das so ist, werde ich meine Bemühungen verdoppeln, um alle Aufständischen zu ergreifen. Abführen!«

Keine fünf Sekunden später war von Ozzak und Skarda weder etwas zu sehen noch zu hören. Haro hatte Fragen, viele Fragen, doch war außerstande, auch nur eine zu stellen. Die Ergreifung der Renegaten schien nur als Dreingabe inszeniert, als Fingerzeig an jene, denen eine Auflehnung gegen die vorherrschende Ordnung vorschwebte.

Haro spürte es genau: Dahinter steckte noch etwas, das ihn direkt anging.

Vieth Mangála wandte sich ihm zu. »Mitglieder der Nachtdolche, Admin.«

Haro wurde bleich. »Das ist ...«

»Unmöglich? Verraten Sie mir, wie Sie es bewerkstelligen wollen, mich vom Gegenteil dessen zu überzeugen, dass Sie diesen gesuchten Extremisten Unterschlupf vor der axaraborianischen Jurisdiktion gewährt hätten.«

Daher weht der Sonnenwind. Mangála folgt einem Plan, in dem ich selbst eine Rolle spiele, nur dass sie nicht mit Details herausrückt. Es geht um Abhängigkeiten, darum, mir aufzuzeigen, dass es keine Alternative zu einer Kooperation mit der Regierung, dessen Gesandte sie ist, gibt.

»Agentin Mangála, bei allem gebührenden Respekt, aber ich bin nicht gesetzlich dazu verpflichtet, Ausschau nach gesuchten Straftätern zu halten.«

»Aber Sie sind angehalten, die von der axaraborianischen Strafverfolgung im Rahmen des Bestrebens zur Demilitarisierung der aufständischen Milizen ausgegebenen Fahndungsbriefe einzusehen und etwaige Beobachtungen umgehend an die lokalen Behörden weiterzuleiten. Mutmaßlich existieren dahingehend weitreichende Verfehlungen Ihrerseits.«

Aufgeregtes Tuscheln kam auf, aber es erstarb sofort, als Vieth Mangála das Haupt hob.

Haros Verzweiflung wuchs. Ihre Worte, der modulierte Tonfall, ließ seine geringe Hoffnung auf ein Entrinnen aus dieser Situation zu einer hässlichen Schlacke werden.

Er richtete sich schockiert auf.

»Irgendwelche Einwände oder Rechtfertigungen, Admin?«

»Weder noch, Agentin. Verraten Sie mir nun den eigentlichen Grund Ihres Besuches?«

Worum immer es ihr geht, mutmaßte Haro, Vieth Mangála hat einen Plan umzusetzen, der nichts mit den ergriffenen Straftätern zu tun hat. Sie selbst hat Toryn Fendt erwähnt. Jetzt galt es für ihn, die losen Fäden miteinander zu verknüpfen.

Die Mangála erklärte ihm: »Die Ereignisse, die mich hergeführt haben, sind von großer Tragweite. Und noch etwas: Mein Vorhaben lässt sich mit oder ohne Ihre Zustimmung oder Ihrem Mitwirken umsetzen. Ich überlasse es allein Ihnen.«

Die Umstehenden schauten gespannt zum Admin-Operator. Auf Haros Stirn trat der Anflug von Schweiß. Er schluckte einmal. Seine Stimme kam angespannt und leise: »Sie haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit.«

Die Scharfrichterin lachte spöttisch auf und umriss in kurzen Sätzen die Situation. Haro war mit Stummheit geschlagen, aus gleich mehreren Gründen. Aber er kam gar nicht dazu, die Dinge für sich zu erörtern, weil die Agentin bereits weitersprach.

»Wie lautet nun Ihre Antwort auf mein Angebot?«

Das Publikum hielt kollektiv den Atem an. Haro wollte etwas äußern, Vieles zugleich. Sein ratloser Blick schweifte über die Menge. Er wollte das sogenannte Angebot aus einem ersten närrischen Impuls heraus ausschlagen. Dann dachte er an das Schicksal der Station und an sein eigenes Schicksal. Er dachte an diesen Mistkerl aus ferner Zeit namens Fendt, der auf dem Weg zu ihm war.

Die Agentin stieg vom Podest hinab und trat ein paar Schritte durch den Saal. Die Menge wich vor ihr zurück. Sie blieb stehen und wandte sich erneut Haro zu. »Shapton, ich überlasse es Ihnen, wie in Zukunft mit dieser Anlage verfahren werden soll.«

Eine unverhüllte Drohung. Nicht überraschend, einfach nur planmäßig.

Vieth Mangála ließ weitere Worte folgen. »Mein Eindruck ist, dass Sie ein Mann mit Einsicht und dem Blick auf die Gesamtheit einer Situation sind. Der weiß, wann er sich als Verräter zu erweisen hat.« Eine Pause. »Trotz dieses misslichen Eintrages in Ihrer Akte wegen Mittäterschaft bezüglich Staatsterrorismus und Sabotage.«

Ein erschrecktes Raunen ging durch die Anwesenden.

Haro warf einen gehetzten Blick in die Menge. »Agentin, sicher beabsichtigte ich damals nicht ...«

»Ferner haben Sie bei Admiral Bakuer um Hilfe ersucht, die Ihnen verwehrt worden ist. Bis die Schiffe eines abtrünnigen Offiziers erschienen, um Ihre Orbitalstation vor der Warengilde zu retten. Sie boten Caucal Ihren gesamten An'rum-Vorrat, damit er Ihnen hilft. Sie haben einem Kollaborateur geholfen, aus der Raumflotte zu desertieren!«

»Das ist nicht richtig! Caucals Entschluss stand bereits fest, als er hier eintraf. Und er sprach erst nach dem Gefecht die Bezahlung an. Dies war keinesfalls vorab abgemacht!«

Eine unheilschwangere Pause, dann: »Sie werden an meine Ermittler überstellt, Admin, und mit dem kompletten Sachverhalt konfrontiert – es sei denn, Sie nehmen mein Angebot an.«

Die Blicke aller Umstehenden schweiften von der Carnifex zu Haro und verblieben dort. Wie ihr Admin es in der kurzen Spanne auch drehte und wendete, es gab keinen Ausweg.

»Nun, dann akzeptiere ich wohl.«

Sie hat soeben die Stadt in Geiselhaft genommen und bietet mir ein Geschäft an, das ich nicht ausschlagen kann – wie auch immer die Konditionen lauten mögen. Nicht, falls ich nicht alles aufgeben und zudem verhört und gefoltert werden will.

Und er begriff noch etwas: Die Mangála hat schlicht keine Zeit, die Kontrolle über die Station erst an sich zu reißen und selbst ein Bühnenbild zu entwerfen, das gut genug ist, um Toryn Fendt zu täuschen. Es ist alles wohl kalkuliert. Ich bin ihre Marionette und ihr Fassadenbauer, ihr Trickbetrüger und Lakai für die Illusion.

Um eine Falle auszuheben, die Toryn Fendt gilt. Wie treffend und abgefeimt eingefädelt.

»Haben wir nun eine Übereinkunft, Shapton?«, fragte sie ihn.

Haro musste nicht lange überlegen; er hatte keine Wahl. »Die haben wir in der Tat.«

Er spürte ihr Lächeln hinter dem Helmvisier eiskalt erblühen.

Sie sagte: »Ihr Verhalten entspricht in jeder Hinsicht meinen Erwartungen an Sie.«

Die Missionen 131-140 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21014

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