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1. Bewusst eingegangene Risikosituation

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Für die Beantwortung der Frage, wem die unerwünscht eingetretenen Folgen zuzurechnen sind, die aus einer sowohl vom Täter als auch Opfer bewusst eingegangenen Risikosituation resultieren,[844] gilt folgender Ausgangspunkt:[845] Von der Einwilligung als Zustimmung in die Verletzung des geschützten Rechtsgutsobjektes ist die Einwilligung in dessen bloße Gefährdung (Risiko-Einwilligung) zu unterscheiden. Bei letzterer ist der Rechtsgutsinhaber in Kenntnis der seinem Rechtsgut möglicherweise erwachsenden Gefahren mit der Vornahme von riskanten Handlungen eines anderen einverstanden. Hierbei handelt er in der Erwartung, dass diese Gefahr sich schon nicht realisieren werde; auf die Arzt-Patienten-Konstellation bezogen: Kenntnis des Patienten, dass bspw. der Arzt ihm lediglich eine den gebotenen Standard unterschreitende Behandlung angedeihen lassen wird, wobei der Patient allerdings optimistisch davon ausgeht, dass er zwar ein Risiko eingeht, hierdurch sein Gesundheitszustand sich aber letztlich nicht verschlechtern wird bzw. sogar Heilung oder Linderung seines Leidens eintreten werden. Diese Risiko-Einwilligung hat mit der Einwilligung (als Rechtfertigungs- oder Tatbestandsausschlussgrund[846]) gemeinsam, dass in beiden Fällen der Inhaber des betroffenen Rechtsgutes von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch macht: Darf er dieses von Dritten verletzen lassen, so ist es ihm auch gestattet, sein Rechtsgut einer bloßen Gefährdung auszusetzen. Diese Gemeinsamkeit rechtfertigt es aber nicht, die Fälle bewusst eingegangener Gefährdungen dem Bereich der Einwilligung zuzuschlagen: Ein Ausschluss des Unrechts bei Erfolgsdelikten setzt voraus, dass neben der Aufhebung des Handlungsunrechts (hier: infolge Zustimmung des Patienten zur standardunterschreitenden ärztlichen Behandlung) auch das Erfolgsunrecht (vorliegend: die Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder gar Tod des Patienten) durch eine hierauf bezogene Einwilligung aufgehoben wird.[847] Würde man demgegenüber bei Fahrlässigkeitsdelikten die Einwilligung allein auf die (möglicherweise) sorgfaltswidrige Täterhandlung beziehen und eine Einwilligung in den Erfolg für entbehrlich halten,[848] so liefe das auf eine Übergewichtung des Handlungsunrechts zu Lasten des Erfolgsunrechts hinaus. Hierbei würde die Bedeutung außer Acht gelassen, die das Strafrecht als Rechtsgüter-Schutzrecht sowohl dem Erfolgseintritt[849] als auch der Schwere des bewirkten Erfolges[850] zumisst. Auch wäre es alles andere als überzeugend, in Fällen, in denen vom Betroffenen für eigene Rechtsgüter bewusst Risiken eingegangen werden, anzunehmen, eine derartige Einwilligung würde sich nicht nur auf die pflichtwidrige Täterhandlung, sondern darüber hinaus auf die dann eingetretene Rechtsgutsverletzung beziehen.[851] Dies liefe auf eine das Opfer strafschutzlos stellende Fiktion hinaus.[852] Es ist ein ganz wesentlicher Unterschied bei der Disposition über die eigenen Rechtsgüter, ob der Rechtsgutsinhaber nur mit einem der Täterhandlung immanenten Risiko einverstanden ist oder ob er nicht nur das Risiko, sondern auch den damit etwa verbundenen Erfolg in Kauf nimmt.[853]

Handbuch des Strafrechts

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