Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Bernd Heinrich - Страница 87

bb) Fahrlässigkeitsstrafbarkeit der Angewiesenen (Delegat)[611]

Оглавление

99

Im Fall der Arbeitsteilung können sich die Angewiesenen ihrerseits umgekehrt grundsätzlich auf die Richtigkeit der ihnen erteilten Anweisungen verlassen und brauchen sie, auch soweit ihnen dies möglich wäre, nicht zu überprüfen.[612] Hierdurch wird zwar die Ausführung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst fehlerhaften Anweisung nicht vom Makel objektiver Sorgfaltswidrigkeit befreit: Das Verabreichen einer überhöhten Dosis eines Medikaments ist objektiv sorgfaltswidrig, gleichgültig, ob der Arzt selbst oder auf seine Anweisung eine Krankenschwester handelt. Der Vertrauensgrundsatz wirkt sich hier also nicht auf der Ebene der objektiven Sorgfaltsnormen, sondern auf der Ebene der Fahrlässigkeitsschuld als eine Begrenzung der auf den Inhalt dieser Normen bezogenen sog. Erkenntnisverschaffungspflicht aus. Ein Handeln in Unkenntnis dessen, was rechtliche Sorgfaltsnormen gebieten, bleibt objektiv sorgfaltswidrig, weil das Recht – jedenfalls bei seiner Festlegung objektiver Handlungsbefugnisse – die Möglichkeit dieser Kenntnis bei jedermann voraussetzen muss.[613]

100

Der Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit ist allerdings in den hier fraglichen Fällen nur dann begründet,[614] wenn sich die Unrichtigkeit einer Anweisung (etwa infolge fachlicher Unvertretbarkeit der gewählten Methode oder aufgrund des erkennbaren Fehlens der für die angewiesene Tätigkeit erforderlichen eigenen Qualifikation) der Hilfsperson nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auch ohne besondere Nachprüfung hätte aufdrängen müssen.[615] Sind für den Angewiesenen derartige Anhaltspunkte erkennbar, so besteht für ihn die Pflicht zu gefahrvermeidendem Innehalten und zur Rückfrage (Remonstration).[616] Unterlässt er dies, kann er sich anschließend nicht darauf berufen, seine (unterbliebene) Remonstration wäre erfolglos geblieben, weil der Anweisende seine fehlerhafte Anweisung wiederholt hätte.[617] Sollte der Anweisende seine fehlerhafte Weisung wiederholen, so muss vom Angewiesenen trotz des auch im unterschiedlichen Fachkenntnisstand wurzelnden hierarchischen Gefälles verlangt werden, dass er eine Anweisung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn dies bei einer Weisung, deren Fehlerhaftigkeit dem Delegaten sicher bekannt ist oder die zumindest offensichtlich fehlerhaft war,[618] erkennbar mit einer erheblichen Gesundheits- oder gar Lebensgefährdung des Patienten verbunden wäre.

101

Zusätzlich trifft den Angewiesenen die Pflicht, die ihm übertragene Aufgabe fachgerecht durchzuführen. Zweifelt er an seinen eigenen Fähigkeiten hierzu, so hat er ggf. die Umsetzung der Weisung abzulehnen.[619]

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх