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III. Kompetenzen, Vertragsänderung
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Das nahezu allumfassende Aufgabenspektrum des Europarates steht in bemerkenswertem Gegensatz zu seinen Kompetenzen. Das Ministerkomitee ist im Wesentlichen auf die Verabschiedung von Empfehlungen (Recommendations) an die Adresse der Mitgliedstaaten beschränkt. Die Parlamentarische Versammlung verabschiedet vornehmlich Entschließungen (Resolutions) sowie an das Ministerkomitee gerichtete Empfehlungen (Recommendations). Völkerrechtlich bindend sind hingegen die über 220 Konventionen, welche die unterschiedlichsten Sachbereiche betreffen und in einer eigenen Vertragssammlung („Council of Europe Treaty Series“ [CETS], bis 2004: „European Treaty Series“ ([ETS]) veröffentlicht werden. Bindend sind sie aber nur für diejenigen Staaten, die den Vertrag auch ratifiziert haben. Nur wenige Verträge werden als derart essentiell erachtet, dass die Mitgliedschaft im Europarat mit ihnen verknüpft ist. Heutzutage ist namentlich die Ratifizierung der → Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950 (Sart. II Nr. 130) sowie des 6. Zusatzprotokolls über die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten von 1983 (Sart. II Nr. 134) eine (politische) Grundbedingung für die Aufnahme in den Europarat.
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Die Europaratssatzung ist in der Vergangenheit nie formell geändert worden. Einige informelle Änderungen sind durch die Statutory Resolutions (Rn. 730) verabschiedet worden, bspw. die Schaffung des KGRE. Die heutige Praxis ist allerdings durch eine Vielzahl weiterer Organe geprägt, die faktisch wie Organe des Europarats fungieren, ohne jedoch Organstatus im formellen Sinne zu haben. So gilt der → Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vielen als judizieller Arm des Europarates, formell ist er jedoch lediglich ein internationales Gericht, das die Einhaltung der Verpflichtungen aus der EMRK kontrolliert. Die sog. Venedig-Kommission (Rn. 743) agiert ebenfalls wie ein Organ des Europarates; ihre Rechtsgrundlage ist jedoch ein sog. Erweitertes Abkommen (Enlarged Agreement), d.h. ein separater völkerrechtlicher Vertrag, an dem neben sämtlichen Europaratsmitgliedern auch Drittstaaten (u.a. die USA, Israel, Mexiko oder das Kosovo) beteiligt sind. Andere Organe wiederum sind auf sekundärrechtlicher Grundlage entstanden, z.B. die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), die auf einer Entschließung des Ministerkomitees beruht (Rn. 741).
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