Читать книгу Das Erbe der Skye O'Malley - Bertrice Small - Страница 20

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»Habe ich dich gewarnt, du sollst den Mund halten, kleiner Bruder?«, schalt Kipp St. Denis den Marquis von Hartsfield. »Du hast Königin Annes Gunst verloren, und jetzt wirst du wahrscheinlich auch die des Königs verlieren. Nichts hast du von diesem Aufenthalt am Hof, der uns so viel gekostet hat! Du hattest alle Möglichkeiten, Piers, und du hast sie leichtfertig verspielt, weil du Lady Lindley belästigen wolltest, die jemand anderen dir vorgezogen hat. Schon Vater sagte immer, du seist ein kindischer Narr.«

»Es war unser Vater, der unser ganzes Vermögen verschleudert und Mutter buchstäblich mittellos hat sterben lassen«, schnarrte Piers St. Denis. »Und außerdem ist keineswegs alles verloren. Ich kann den König immer noch um Verzeihung bitten. Mittlerweile bin ich ein Fachmann im Betteln geworden, Kipp. Und denk daran, wir haben unseren Plan noch nicht durchgeführt.«

»Du hast das Spiel verloren«, erwiderte Kipp. »Der Herzog von Lundy wird beim Grafen und der Gräfin von Glenkirk bleiben.«

»Nicht, wenn man sie für die Mörder von Lord Stokes hält«, sagte der Marquise leise. »Und Jasmine hat uns direkt in die Hände gespielt, indem sie öffentlich erklärt hat, sie würde jeden umbringen, der versucht, ihr die Kinder wegzunehmen. Findet man Stokes tot auf, wird sie die Erste sein, die man des Mordes verdächtigt, und Lord Leslie wird als ihr Komplize gelten. Man wird ihr Kind ihrer Obhut entziehen, und sie werden gewiss wie Somerset und seine zänkische Frau im Tower landen.«

»Selbst wenn du das erreichst, ist das noch keine Garantie dafür, dass man dir den Herzog von Lundy gibt, vor allem jetzt, wo die Königin laut und deutlich ihren Abscheu vor dir bekundet hat, Piers. Versuch, mit dem König ins Reine zu kommen, damit du irgendetwas aus dieser Angelegenheit gewinnst, bevor wir den Hof verlassen müssen. Mach wenigstens einen kleinen Sieg aus dieser Niederlage!«

»Ich will das Kind haben! Du hättest den selbstgefälligen Ausdruck auf Villiers Gesicht sehen sollen, Kipp. Wenn die Königin nicht dabei gewesen wäre, hätte ich ihn erwürgt. Ich muss das Kind bekommen, Kipp! Sein Einkommen wird uns retten. Du weißt selbst, wie wenig Geld noch übrig ist. Ich will nicht den Hof verlassen und nach Hartsfield Hall zurückkehren. Ich hasse das verdammte Landleben! Ich will hier sein, im Mittelpunkt des Weltgeschehens, wo so viel Aufregendes passiert. Nur am Hof ist man lebendig, Kipp!«

»Wir haben nicht die Mittel, um noch länger hier zu bleiben, Piers«, rief ihm sein Bruder ins Gedächtnis. »Wenn du nicht wenigstens eine Erbin heiratest, sind wir ruiniert! Schließlich sind wir deshalb an den Hof gekommen, und es war ein Geschenk Gottes, dass du dem König aufgefallen bist. Du brauchst eine reiche Frau, um Hartsfield Hall restaurieren und am Hof bleiben zu können. Ansonsten sind wir verloren. Der König ist deine einzige Hoffnung, um an eine vermögende Frau zu gelangen! Ich verstehe, dass du wütend bist und dich am Grafen von Glenkirk und Jasmine Lindley rächen willst, und vielleicht bekommst du ja eines Tages auch deine Rache, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«

»Du hast doch den Grafen von Bartram beobachtet, Kipp«, sagte der Marquis, als habe er die Worte seines älteren Bruders gar nicht gehört. »Geht er abends aus? Das wäre natürlich der beste Zeitpunkt, um ihn aus dem Weg zu schaffen. Wir sollten es selber machen, damit es keine Zeugen gibt.«

»Es wäre sinnlos, jetzt ein solches Verbrechen zu planen, Piers«, sagte Kipp in einem letzten Versuch, seinen Bruder zu überzeugen. »Jetzt, wo der Graf von Glenkirk aus Schottland zurückgekehrt ist, wird er mit Lady Lindley sicher in das Haus ihrer Großmutter in Worcestershire fahren, um die Hochzeit vorzubereiten.«

»Wir werden den Grafen von Bartram heute Abend umbringen«, sagte der Marquis von Hartsfield ruhig. »Und heute Abend werden Glenkirk und seine Hexe noch da sein.«

Kipp St. Denis wusste, dass er seinen Bruder nicht mehr von seinem Plan abbringen konnte. Er würde sicher fehlschlagen, aber Piers würde ihn durchführen, und Kipp konnte sich nicht weigern, ihm zu helfen. Wenigstens musste er aber sicherstellen, dass der Marquis von Hartsfield nicht mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht würde, damit der König wenigstens seinen früheren Favoriten mit einer reichen Frau belohnen konnte. Kipp glaubte nicht eine Sekunde lang, dass sie die Vormundschaft über den kleinen Herzog von Lundy bekommen würden. Die Königin hatte mehr Einfluss auf ihren Gatten, als die jungen Männer um James Stuart glaubten. Das war der Irrtum seines Bruders gewesen. Er hatte es nicht sehen wollen und sich Königin Anne zur Feindin gemacht. George Villiers dagegen hatte die Lage richtig eingeschätzt und sein Wissen klug genutzt. Kipp wusste, wie arrogant und gedankenlos Piers sein konnte. Am Ende würde der Marquis einsehen müssen, dass es für ihn keine Zukunft bei Hof gab. Dann konnten sie nach Hause gehen und die reiche Erbin mitnehmen.

Am nächsten Morgen war der König gerade aufgestanden und hatte in das Silberbecken gepinkelt, das einer seiner Kammerdiener zu diesem Zweck unter ihn hielt, als ihm die Nachricht überbracht wurde, dass man den Graf von Bartram heute früh vor den Toren seines Hauses ermordet aufgefunden hatte. James Stuart war zutiefst schockiert und verlangte eine sofortige Erklärung. Ihm wurde gesagt, dass niemand etwas wisse.

»Wie ist er getötet worden?«, fragte der König.

»Mit einem Messer, Euer Gnaden, das ihm durch die Rippen ins Herz gedrungen ist«, war die Antwort. »Der Torhüter schwört, er habe keinen Laut gehört.«

»Wer ist dafür verantwortlich?«, war die nächste Frage des Königs.

»Das ist nicht bekannt, Sire.«

»Was hat er denn vor seinen Toren getan?«, fragte sich der König. »Es war doch Nacht.«

»Lady Mary sagt, er habe eine handschriftliche Nachricht erhalten, als sie gerade zu Bett gehen wollten. Daraufhin erklärte der Graf, er müsse rasch noch etwas erledigen und würde in Kürze zurück sein. Er sagte zu seiner Frau, sie solle schon zu Bett gehen, was sie als pflichtbewusste Gattin auch tat. Als sie heute früh erwachte, sah sie, dass ihr Mann nicht zurückgekommen war und sandte nach dem Torhüter, um ihn zu fragen, ob er Seine Lordschaft gesehen habe. Der Torhüter erinnerte sich, dass er Lord Stokes hinausgelassen und beobachtet hatte, wie er um die nächste Straßenbiegung gegangen war. Während er auf die Rückkehr seines Herrn wartete, ist er eingeschlafen. Nachdem seine Herrin ihn befragt hatte, ging der Torhüter ebenfalls die Straße entlang. Er fand Lord Stokes direkt hinter der Straßenecke tot auf.«

»Und wo ist die Nachricht, die Lord Stokes aus der Sicherheit seines Hauses gelockt hat?«, fragte der König. »Wo ist sie?«

»Sie wurde nicht gefunden, Euer Majestät. Lady Mary erinnert sich, dass er sie nicht ins Feuer geworfen hat. Sie glaubt, er habe sie in die Tasche gesteckt, aber sie ist sich nicht sicher. In seiner Tasche fand sich jedoch nichts.«

»Es sieht so aus«, sagte der König, »als ob Dickie einen Feind gehabt hat, nicht wahr? Nun, wer hätte den armen Mann töten wollen?«

»Lady Lindley sagte, sie würde jeden Mann töten, der ihr ihre Kinder wegnehmen würde, Mylord«, piepste der Page des Königs. »Ich habe gehört, wie sie das geäußert hat!«

Ein allgemeines Murmeln erhob sich im Schlafzimmer des Königs, während seine Gentlemen ihm beim Ankleiden halfen. »Ja, ja ... ich habe es auch gehört!«

»Jedermann bei Hof hat es gehört«, meinte der König schmunzelnd. »Jasmine Lindley hat ein aufbrausendes Temperament, aber ich glaube nicht, dass sie den armen Dickie wirklich umbringen wollte. Sie hat keinen Grund dazu, Gentlemen.«

»Es ging das Gerücht, Ihr wolltet den Herzog von Lundy in die Obhut des Grafen von Bartram geben, Euer Gnaden«, sagte einer der Herren.

»Das Gerücht ist falsch«, erklärte der König. »Sie stürmte aus dem Saal in meine Privatgemächer und wollte wissen, ob es stimmte. Ich versicherte ihr, dass es keineswegs so sei und dass sie keine Angst zu haben brauche; sie solle ihre Kinder selbst aufziehen, solange sie meine königliche Autorität respektiere. Ich habe dann mein Gespräch mit Glenkirk beendet und ihn angewiesen, mit ihr nach Hause zu fahren, sie zu heiraten und ihr ein paar Kinder zu machen, damit sie beschäftigt ist«, schloss der König schmunzelnd.

»Außerdem«, warf George Villiers ein, »ist Lady Lindley eine schlanke Frau und vermutlich nicht besonders stark. Wie hätte sie den armen Stokes mit einem Messer ermorden sollen? Sie hätte ihn vielleicht verwunden können, aber es heißt doch, das Messer habe den sofortigen Tod verursacht. Welche Frau kann so geschickt mit einer solchen Waffe umgehen, meine Herren?«

»Sie ist eine Ausländerin«, sagte einer der Gentlemen. »Und was ist mit ihrem Diener mit dem Turban? Es sieht ziemlich gefährlich aus.«

»Lady Lindley ist Engländerin, ganz gleich, wo sie geboren wurde«, sagte der König. »Ich bin Englands König, und ich bin in Schottland geboren. Und was ihren Diener angeht, Adali, so ist er ihr zwar äußerst ergeben, aber er ist kein Mörder. Er ist ein Eunuch, meine Herren, und wir wissen, dass ein kastrierter Mann nie wild, sondern eher zartfühlend ist, wie ein Mädchen. Nein, nein, meine Lieben, es war nicht Adali.«

»Wer war es dann?«

»Vielleicht sollten wir nach jemandem Ausschau halten, der vom Tod des armen Lord Stokes einen Gewinn hat«, schlug Villiers vor. »Oder jemand, der dachte, es brächte ihm einen Vorteil, wenn der Graf von Bartram nicht mehr unter den Lebenden weilt.«

»Steenie«, sagte der König, »ihr müsst mit Dickies armer Witwe sprechen. Vielleicht kann sie ja die Angelegenheit erhellen.«

Aber George Villiers erfuhr nichts von Mary Stokes, das ihnen bei ihrer Suche nach dem Mörder helfen konnte. Die arme Frau hatte sich eingeredet, unterstützt von dem Geistlichen, der bei ihr war, dass Jasmine Lindley für den Tod von Richard Stokes verantwortlich sei. Der Favorit des Königs erklärte der hysterischen Witwe vorsichtig, der König sei überzeugt davon, dass es nicht Jasmine gewesen sei, und er erläuterte ihr auch die Gründe dafür.

»Lady Lindley hatte keinen Grund, Eurem Gatten etwas anzutun, Madame«, schloss er. »Sie hatte keinen Streit mit ihm.«

»Sie bedrohte meinen Dickon, weil der König uns den Herzog von Lundy geben wollte, damit wir ihn anständig erziehen«, weinte Lady Mary.

»Bevor Lady Lindley gestern den Hof verlassen hat, erklärte ihr der König, dass dieses Gerücht nicht stimme, Madame; ich selbst war dabei, als er Eurem Gatten sagte, der Junge bliebe bei seiner Mutter und seinem Stiefvater. Ich sage Euch noch einmal, dass Lady Lindley keinen Grund hatte, jemanden umzubringen. Der König hält sie und alle, die mit ihr verbunden sind, für unschuldig in dieser Angelegenheit.«

»Wir müssen die Meinung des Königs akzeptieren, meine gute Lady«, sagte der Geistliche zu Mary Stokes. »James Stuart mag zwar fehlgeleitet sein, aber er ist ein guter Mann.«

»Wenn diese schreckliche Frau meinen Dickon nicht umgebracht hat, Pastor Goodfellowe, wer war es dann?«, jammerte die Witwe.

»Diese Frage kann ich Euch nicht beantworten, Madame, aber Gott kennt den Missetäter und wird ihn mit ewigem Höllenfeuer bestrafen! Ihr müsst diese Angelegenheit denen überlassen, die dafür zuständig sind, Madame. Jetzt solltet Ihr Euch auf Euer eigenes Heil konzentrieren, denn der Tod kommt dann, wenn wir ihn am wenigsten erwarten, wie der arme Lord Stokes erfahren musste. Ihr müsst bereit sein, wenn Ihr vor Euren Schöpfer tretet, Lady Mary«, sagte der Pastor streng.

Ein Puritaner, dachte George Villiers, und zwar einer von der gefährlichen Sorte. Vielleicht ist er ja der Schuldige. Ich war doch dabei, als Richard Stokes Seiner Majestät gesagt hat, er würde den Geistlichen seiner leicht beeindruckbaren Frau wegjagen. Lord Stokes war kein Lügner. Jetzt ist er jedoch tot, und blitzschnell ist der unruhestiftende Puritaner in seinem Haus, obwohl die Leiche noch nicht einmal kalt ist. Stokes hatte sich bestimmt ein wenig für seine alten Tage zur Seite gelegt. Einen Teil davon wird seine Witwe erben, und vielleicht möchte der Puritaner ja für seine Zwecke an dieses Geld herankommen. Ich glaube, ich muss den König informieren, und der neue Graf von Bartram muss so schnell wie möglich hierher kommen, um seine Mutter zu beschützen.

Noch vor Ende des Tages wurde Pastor Simon Goodfellowe festgenommen und in den Tower gebracht, wo man ihn zum Tod des Grafen von Bartram verhörte. Er stritt jede Beteiligung an dem Verbrechen ab und erklärte seine Unschuld. Sein Alibi wurde überprüft, und tatsächlich hatte er den Abend im Gebet bei seiner Familie verbracht, deren einziger Sohn schwer krank war. Das Kind war im Morgengrauen gestorben, und der Geistliche hatte das Haus erst verlassen, nachdem sein Diener ihn an die Seite der Gräfin von Bartram gerufen hatte. Es lag auf der Hand, dass er mit dem Mord nichts zu tun haben konnte.

»Sollen wir ihn freilassen?«, fragte der wachhabende Offizier George Villiers, der sich auf Geheiß des Königs im Tower aufhielt.

»Noch nicht«, erwiderte der junge Mann. »Ein Puritaner ist er ganz gewiss. Peitscht ihn aus, setzt ihn für eine Woche auf Wasser und Brot, peitscht ihn noch einmal aus, und dann könnt Ihr ihn laufen lassen. In der Zwischenzeit wird der neue Graf in London angekommen sein, und seine trauernde Mutter wird von solchen Menschen wie Pastor Goodfellowe in Sicherheit sein.«

»Jawohl, M’lord«, erwiderte der Captain der Wache.

Mit einem Nicken wandte George Villiers sich ab, wobei er dachte, dass ihm der Klang der Bezeichnung M’lord gut gefiel. Er wusste, dass er geduldig sein musste; die Königin hatte ihm den Titel bis Weihnachten in Aussicht gestellt. Alles in seinem Leben hätte so vollkommen sein können, wenn nicht dieser Piers St. Denis ständig versuchen würde, beim König wieder in Gnaden aufgenommen zu werden. Villiers war klar, dass der Marquis eine reiche Frau brauchte, und nur der König konnte ihm eine verschaffen. Die Königin jedoch war fest entschlossen, kein anständiges Mädchen in die Nähe von Piers St. Denis gelangen zu lassen.

»Es heißt, er habe unnatürliche Veranlagungen«, sagte sie zum König. »Mir wurde erzählt, dass er seine Frauen sogar mit seinem niederträchtigen Halbbruder teilt, Jamie. Du kannst ihm nicht so ein armes junges Mädchen anvertrauen.«

»Aber ich werde ihn doch nicht los, wenn ich ihm nicht eine Braut aussuche«, beklagte sich der König bei seiner aufgebrachten Frau.

»Natürlich wirst du ihn los«, erwiderte die Königin. »Schließlich bist du der König. Ist dein Wort nicht Gesetz?«

»Ich habe den Jungen jetzt seit Monaten begünstigt, Annie. Wenn ich ihn mit leeren Händen wegschicke, dann hält man mich für gemein, und das will ich nicht sein. Wir müssen eine Frau für ihn finden.«

»Vielleicht eine vermögende Witwe?«, schlug George Villiers vor. »Natürlich eine, die noch jung genug ist, um ihm einen Erben zu schenken, aber doch alt genug, um sich von ihm und seinem Bruder nicht einschüchtern zu lassen.«

»Ja!«, stimmte der König begeistert zu. Er wandte sich an seine Frau. »Ich überlasse dir die Angelegenheit, Annie, aber die Braut muss Geld haben und ihm Kinder schenken können.«

»Nun gut, Mylord, ich tue, worum du mich bittest, aber wenn es nach mir ginge, würde ich ihn mit leeren Händen wegschicken«, erwiderte die Königin. »Ich traue deinem Marquis nicht. Er ist viel zu begierig darauf, die Schuld an Richard Stokes’ Tod Jasmine und James Leslie in die Schuhe zu schieben.« Die Königin erhob sich. »Er ist zu sehr auf seine Rache bedacht, und ich glaube, er hält es immer noch für möglich, dass wir ihm unseren Enkel anvertrauen.«

»Nein, nein, Annie«, sagte der König. »Er ist ein empfindlicher Junge, unser Piers, aber er hat ein gutes Herz. Er ist einfach nur enttäuscht, weil er Jasmine Lindley verloren hat.«

»Der König war immer schon zu gutmütig«, sagte die Königin am Abend zu George Villiers. »Ich hatte geglaubt, St. Denis würde jetzt entlassen und nach Hause geschickt. Wie hat er es nur eingefädelt, die Gunst meines Gatten wieder zu erlangen, Steenie?«

»Wahrscheinlich, während ich mich auf Geheiß des Königs um diesen puritanischen Pastor gekümmert habe«, erwiderte George Villiers. »Ich glaube, der König fühlt sich schuldig wegen der Geschichte mit Lady Lindley. Er weiß, dass es ein Fehler war, St. Denis zu ermuntern, ihr den Hof zu machen, damit der Marquis nicht schlecht von ihm denkt. St. Denis hat so darauf beharrt, Glenkirk habe mit Lord Stokes’ Tod zu tun, dass der König eine Nachricht an James Leslie und seine Braut diktiert hat, in der er beide bittet, in England zu bleiben, bis der Fall gelöst ist. Der Marquis hat es persönlich übernommen, die Botschaft des Königs nach Queen’s Malvern zu schicken. Das war bestimmt nicht das Hochzeitsgeschenk, das Braut und Bräutigam erwartet haben«, schloss Villiers.

»Verdammter Kerl!«, rief die Königin zornig. »Ich kann mir vorstellen, was Jemmie und Jasmine sich gedacht haben mögen, als sie diese Nachricht erhielten. Nun, ich hoffe, die Angelegenheit wird geklärt, bevor sie im Herbst nach Schottland reisen wollen.«

»Wann findet ihre Hochzeit statt?«, fragte Villiers.

Königin Anne dachte einen Moment lang nach und sagte dann: »Nun, ich glaube, sie ist morgen, Steenie. Morgen ist doch der fünfzehnte Juni, nicht wahr, mein lieber Junge?«

»Ja«, stimmte er zu.

»Dann ist sie morgen. Oh, ich hoffe, dass sie glücklich werden, Steenie! Jasmine hat in ihrem Leben schon so viel Kummer erfahren. Ich möchte einfach nur, dass sie glücklich wird. Unser Hal würde das auch wollen, Gott sei seiner lieben Seele gnädig.«

»Amen«, sagte George Villiers, der Prinz Henry nur vom Hörensagen kannte. »Und mögen Lady Lindley und Lord Leslie ein langes, glückliches Leben miteinander führen.«

»Amen, Steenie«, erwiderte die Königin.

»Ein langes und glückliches Leben, meine Lieben«, sagte Robin Southwood, der Graf von Lynmouth, und erhob seinen Kelch auf seine Nichte und James Leslie.

Sie war wieder eine verheiratete Frau, dachte Jasmine und lächelte glücklich, als sie den Trinkspruch und die guten Wünsche ihrer Familie entgegennahm. Während sie vor dem anglikanischen Priester stand und zum drittenmal, mit dem dritten Ehemann, ihr Hochzeitsgelöbnis sagte, betete Jasmine, gleichzeitig, dass diese Ehe nicht wie ihre zwei vorigen ein gewaltsames Ende nähme. Sie wollte unbedingt glaube, was Jemmie und ihre Großmutter sagten: dass der Tod von Jamal Khan und Rowan Lindley nur unglückliche Zufälle gewesen waren, und nichts weiter. Hatten sie Recht? Sie war mit beiden Ehemännern glücklich gewesen, und jetzt hatte sie eine dritte Chance bekommen. Obwohl die Drei ihre magische Zahl war? Jasmine Leslie betete darum, dass es so sein möge.

»Du bist die schönste Braut, die ich je gesehen habe«, flüsterte ihr der Graf von Glenkirk ins Ohr.

»Ich konnte ja auch schon oft genug üben«, neckte sie ihn mit strahlendem Lächeln.

Sie traten aus der kleinen Kapelle in Queen’s Malvern. Wieder einmal, wie bei ihrer Hochzeit mit Rowan Lindley, hatten die vier geschnitzten Eichenbänke nicht ausgereicht, um alle Familienmitglieder aufzunehmen, und viele waren draußen im Saal geblieben. Ihre Hochzeit mit Rowan hatte im Morgengrauen stattgefunden; die aufgehende Sonne hatte durch die bunten Glasfenster geschienen, farbige Schatten auf den Marmoraltar mit dem irischen Spitzentuch geworfen und sich an dem goldenen Kruzifix und den großen Kerzenleuchtern gebrochen. Heute jedoch hatte man für die Trauung die Mittagszeit vorgesehen, und draußen fiel leise der Regen. Jemand machte eine Bemerkung darüber, er hoffe nicht, dass es Unglück bringe, aber Jasmine lachte die Besorgnis einfach weg. Bei ihren ersten beiden Hochzeiten hatte jedes Mal die Sonne geschienen, und jede Ehe hatte mit einem gewaltsamen Tod geendet. Ein grauer Tag machte ihr überhaupt nichts aus.

Das Hochzeitsfest, das ursprünglich auf dem Rasen hatte stattfinden sollen, war jetzt in die Halle verlegt worden, und die Diener eilten geschäftig mit Essen und Getränken hin und her. Skye hatte für dieses Fest keine Kosten gescheut. Weil es Sommer war, waren alle ihre Kinder gekommen, um der Hochzeit ihrer Nichte mit dem Grafen von Glenkirk beizuwohnen. Sogar Ewan O’Flaherty und seine Frau, Gwynneth Southwood, waren aus Irland angereist. Der Herr von Ballyhennessy war neunundfünfzig, ein schwerer Mann mit gerötetem Gesicht und eisengrauem Haar. Er war ein einfacher irischer Landjunker – und genau das wollte er sein. Sein Bruder Murrough, achtundfünfzig Jahre alt, fuhr jetzt nicht mehr zur See; er lebte friedlich in Devon und überwachte von dort aus die Fahrten der Handelsflotte der O’Malley-Smalls. Seine Frau, Joan Southwood, war froh, ihren Mann nach all den Jahren auf See wieder zu Hause zu haben; doch trotz seiner häufigen Abwesenheit war es Murrough gelungen, drei Söhne und drei Töchter zu zeugen.

Willow, die Gräfin von Alcester, und ihr Gatte, James Edwards, waren ein paar Tage früher mit vier ihrer acht Kinder, drei Schwiegerkindern und diversen Enkeln eingetroffen. Nur ihr jüngster Sohn, William, war noch unverheiratet, aber er war auch erst zwanzig. William war der einzige von Willows Kindern, dem man die spanischen Vorfahren ansah. Er ähnelte Willows Vater sehr. Bei seinem Anblick fühlte Skye sich immer um Jahrzehnte zurückversetzt in die Zeit, als sie die angebetete Frau von Khalid el Bey, dem Herrn aller Huren von Algier gewesen war, der in Wirklichkeit als spanischer Renegat agiert hatte. Gräfin Willow wusste natürlich nichts von der farbigen Geschichte ihres Vaters und hielt ihn für einen Kaufmann, der den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hatte. Skye beobachtete ihre spröde und ordentliche englische Tochter, die immer versuchte, alles in den Griff zu bekommen und an jedem herummäkelte. Verschmitzt dachte sie daran, dass sie Willow eines Tages, bevor sie starb, noch von Khalid el Bey erzählen musste. Das würde sie ein wenig von ihrem Sockel herunterholen.

Nach der fünfundfünfzigjährigen Willow kamen Robin Southwood, der Graf von Lynmouth, der jetzt zweiundfünfzig war, und seine immer noch schöne Frau Angel. Dann erschienen Deirdre Burke, siebenundvierzig, mit ihrem Mann, Lord Blackthorne, und ihrem Bruder Padraic, Lord Burke, sechsundvierzig, sowie seine Frau Valentina, und natürlich zum Schluss Velvet de Marcisco, die Gräfin von BrocCairn, zweiundvierzig, das jüngste von Skyes Kindern, mit ihrem Mann Alexander Gordon, dem Grafen von BrocCairn. Sie hatten Jasmines fünf Halbbrüder mitgebracht, die im Alter von fünfzehn bis zweiundzwanzig waren. Sybilla, Jasmines Stiefschwester, die Gräfin von Kempe, und ihr Mann, Tom Ashburne, waren ebenfalls zur Hochzeit gekommen, zusammen mit Jasmines Großonkel Conn, Lord Bliss, und seiner Frau Aidan. Und natürlich nahmen auch Jasmines ergebener Diener Adali mit Toramalli und Rohana teil.

Willow hatte sich ihren Geschwistern gegenüber besorgt darüber geäußert, dass das Hochzeitsfest in der Halle unglückliche Erinnerungen für Skye heraufbeschwören könnte. Damit wäre die Familie zum ersten Mal wieder vollständig versammelt nach Adam de Mariscos unerwartetem Tod vor fünfeinhalb Monaten. »Sie ist alt, und es könnte sie schmerzen«, sagte Willow, aufrichtig besorgt um ihre Mutter.

»Keine Sorge, sie hat alles selber geplant, Schwester«, unterbrach sie Deirdre sanft. »Warum sollte sie auch die Halle für immer meiden, nur weil Papa dort gestorben ist, Willow.«

Willow öffnete den Mund, um ihre Schwester mit scharfen Worten zurechtzuweisen, aber ihr Bruder Robert Southwood kam ihr zuvor.

»Willow«, sagte er ernst, aber mit einem spitzbübischen Grinsen, »du warst niemals so jung, wie unsere Mutter selbst heute noch ist.«

»Wie gewöhnlich, Robert, sprichst du in Rätseln«, erwiderte Willow.

»Du bist schon als alte Frau auf die Welt gekommen«, teilte er ihr unverblümt mit. »Mama wird, unabhängig von ihrem Alter, niemals alt sein. Ihr Herz ist jung. Das ist es immer gewesen, und es wird es immer sein. Sie wird nie in der Vergangenheit leben, wie es so viele aus ihrer Generation tun. Adam, Gott sei seiner großzügigen Seele gnädig, ist tot und von uns gegangen. Aber Mama lebt noch, und sie wird solange leben, bis Gott sie zu sich ruft. Ich weiß, dass du es gut meinst, aber behellige sie nicht mit dem Hochzeitsfest in der Halle. Wo sonst sollte es bei dem Wetter stattfinden?«

»Nun, ich weiß sowieso nicht, warum ein solcher Aufwand getrieben werden muss«, murrte Willow. »Schließlich ist es Jasmines dritte Ehe, und wir sind eine Familie, die um ihren Vater trauert.«

»Der Aufwand wird getrieben«, sagte James Edwards, Willows Gatte, in einem seltenen Zornesausbruch, »weil Adam es so gewollt hätte, und das weiß unsere Lady Skye. Und jetzt hör auf, herumzunörgeln, meine Liebe. Ich kann es nicht mehr hören. Am besten, ich mache jetzt einen Spaziergang im Garten, Madame, und du wirst mich begleiten.«

»Aber es regnet doch!«, protestierte Willow.

»Es nieselt vielleicht ein bisschen«, korrigierte der Graf von Alcester seine Frau. »Das tut deinem Teint gut, Madame. Komm jetzt!« Er ergriff sie fest am Arm und schob sie beinahe aus dem Raum hinaus, wo sie sich alle vor dem Hochzeitsgottesdienst versammelt hatten. »Wenn der Gottesdienst beginnt, sind wir wieder zurück, meine Liebe.«

Natürlich waren sie das auch, denn nun versammelte sich die Familie in der Halle von Quenn’s Malvern, um die Hochzeit zu feiern, die gerade stattgefunden hatte. Die Tische bogen sich unter den Zeichen von Skyes Gastfreundschaft. Es gab eine Rinderhälfte, die am Spieß gebraten worden war; Platten mit Lammstücken, Kapaune in Pflaumensauce und Ente in Orangensauce; einen riesigen Landschinken, knusprige Pasteten aus Wildvögeln und Kaninchen; Flussforellen auf Kressebett; zwei Kisten Austern in Meerwasser; Aal in Gelee; Schüsseln voll mit jungen Erbsen oder winzigen Karotten in Sahnesauce; Salate aus dem Küchengarten, ein Rad Cheddarkäse und ein Rad Brie aus der Normandie; Steintöpfchen mit süßer Butter und runde Laibe frisch gebackenen Brotes. Zum Trinken gab es Wein, Ale und Apfelwein. Und als Nachtisch Erdbeeren, geschlagene Sahne und kleine Zuckerwaffeln, die mit süßem Marsalawein gereicht wurden, eine alte Tradition, um Braut und Bräutigam dabei viel Glück zu wünschen.

Zahlreiche Trinksprüche wurden auf James und Jasmine Leslie ausgesprochen, manche herzlich und liebevoll, andere neckend und frech. Mit jedem Kelch Wein, den Jasmine trank, wurde sie sentimentaler. Sie dachte an ihre Hochzeit mit Jamal Khan. Damals hatte sie Scharlach und Gold getragen, und ihre Kleidung war übersät gewesen mit Diamanten und Rubinen, wie es sich für eine königliche Mogulprinzessin geziemte. Dreizehn Jahre war sie alt. Als sie mit Rowan Lindley, dem Marquis von Westleigh, verheiratet wurde, hatte sie das Hochzeitskleid getragen, in dem schon ihre Mutter und ihre Großmutter vor den Altar getreten waren; ein Kleid aus apfelgrüner Seide mit goldener Stickerei. Damals war sie sechzehneinhalb.

Jetzt war sie fast fünfundzwanzig und hatte zum dritten Mal geheiratet. Ihr Brautkleid bestand aus schwerem cremefarbenem Seidenbrokat. Der tiefe viereckige Ausschnitt war mit winzigen Perlen bestickt, über die ein zarter Spitzenkragen fiel. Das Unterkleid war am Saum mit schmalen Silberbändern gerafft. Der Rock war glockenförmig und schmal in der Taille. Die Ärmel des Kleides hatte man mit schmalen Silberbändern unterteilt und in den Schlitzen mit Silberstoff unterlegt. Die Manschetten bestanden aus weicher Spitze. Unter dem knöchellangen Kleid trug Jasmine ein Hemd mit Bändern, verschiedene Schichten seidener Petticoats und Seidenstrümpfe, die mit winzigen Bienen bestickt waren. Ihre cremefarbenen Brokatschuhe waren mit Perlen geschmückt, und um den Chignon auf ihren dunklen Haaren hatten die Zofen schmale Silberbänder und perlengefasste Seidenrosen gewunden.

»Träumst du?«, flüsterte ihr Ehemann ihr ins Ohr. »Hoffentlich von mir, geliebte Jasmine.« James Leslie ergriff Jasmines Hand und drückte einen leidenschaftlichen Kuss in ihre Handfläche. Heute war der glücklichste Tag seines Lebens. Er erinnerte sich daran, wie er ihr zum ersten Mal begegnet war. Er war mit dem König nach Queen’s Malvern gekommen, und man war davon ausgegangen, der verwitwete Graf von Glenkirk sei ein passender Ehemann für Sybilla Gordon, Jasmines Stiefschwester, die glaubte, in ihn verliebt zu sein. Er war jedoch Jasmine vorgestellt worden und hatte sich auf der Stelle in sie verliebt. Das lag nun zehn Jahre zurück. Er zog ihre Hand an die Lippen und knabberte an ihren Fingern. »Wie lange müssen wir denn noch aushalten?«, flüsterte er.

»Es wird noch getanzt«, erwiderte sie leise.

»Oh?«

»Und dann gibt es auch noch irgendeine Unterhaltung, glaube ich«, sagte sie.

»Könnten wir uns nicht selber unterhalten«, schlug er vor.

»Jemmie!«, schalt sie ihn scherzhaft. »Diese Hochzeit bedeutet Großmama so viel. Du musst Geduld lernen, Mylord. Schließlich ist es ja nicht so, dass wir unsere sinnlichen Gelüste nicht schon befriedigt hätten.« Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, aber er ließ sie nicht los.

Stattdessen saugte er an jedem ihrer Finger, und als er damit fertig war, zog er ihre Hand unter den Tisch mit der weißen Leinentischdecke und drückte sie gegen seinen Schritt. »Wie du siehst, Madame, bin ich sehr hungrig. Ich wette, deine Großmutter würde meine Gefühle verstehen.«

Er war hart wie ein Fels, und Jasmine stieg die Röte in die Wangen, aber sie konnte ihre Hand nicht wegziehen. Also streichelte sie ihn eine Weile, wobei sie sich auf ihrem Stuhl wand, weil ihr frühere Begegnungen in den Sinn kamen. Sie erschauerte. »Mylord!«, flehte sie leise.

Er lachte. »Du bist genauso heiß nach mir wie ich nach dir, meine geliebte Jasmine. Nun gut. Wir werden tanzen und uns ansehen, was deine Großmama vorbereitet hat; aber wenn alles vorbei ist, Madame, werde ich mit dir zu Bett gehen und all deine Gedanken an andere und anderes aus deinem Kopf vertreiben!« Jetzt erst ließ er ihre schmale Hand los.

»Du wirst für deine Frechheit teuer bezahlen, Mylord!«, versprach sie ihm und zog zögernd ihre Hand zurück.

»Ebenso wie du, geliebte Jasmine, weil du mich warten lässt«, erwiderte er drohend, wobei er sie mit seinen grüngoldenen Augen lachend anblickte. »Gleichgültig, wie viele Jahre wir verheiratet sind, ich werde deiner niemals überdrüssig werden.«

»Ein kühnes Versprechen, aber du bist ja auch ein kühner Mann, Jemmie Leslie«, sagte Jasmine.

Plötzlich wurde der Raum von schrillen und unheimlichen Geräuschen erfüllt. James Leslie blickte rasch auf. Ein Mann in einem grünen Kilt mit einem schmalen roten und einem schmalen weißen Streifen, genau wie der, den James Leslie an diesem Tag trug, kam in die Halle. Während er mit gemessenen, würdigen Schritten vortrat, spielte er Dudelsack. Vor dem Podest, auf dem die Brautleute saßen, blieb er stehen und intonierte eine zu Herzen gehende melancholische Weise. Als er fertig war, verbeugte er sich tief vor dem Grafen von Glenkirk.

»Alpin More!«, rief James Leslie lächelnd. »Wie kommt Ihr denn heute hierher? Es ist ein weiter Weg von Glenkirk!«

»Eure Geschwister dachten, ich sollte heute hier sein, Mylord, und Lady de Marisco willigte ein. Sie hat meine Reise nach Süden arrangiert. Ich habe in der Tat einen weiten Weg zurückgelegt, aber wir konnten Euch doch nicht ohne Euren Dudelsackpfeifer heiraten lassen, Mylord. Ich habe für Euch gespielt, als Ihr Lady Isabelle – Gott möge ihrer Seele den ewigen Frieden gewähren – geheiratet habt, und jetzt habe ich für Euch und Eure neue Lady aufgespielt. Gott möge Euch beide segnen!« Er verbeugte sich erneut.

»Jasmine, das ist Alpine More, mein Dudelsackpfeifer«, sagte James Leslie zu seiner Braut. »Alpin, meine Frau, Lady Jasmine Leslie.«

»Ich habe noch nie jemand den Dudelsack so wundervoll spielen hören, Alpin More«, sagte Jasmine. »Ich hoffe, Ihr werdet bald uns wieder einmal mit einer Melodie erfreuen.«

Der Dudelsackpfeifer verbeugte sich noch einmal vor seiner neuen Herrin. Sie war viel schöner als die erste Frau des Grafen. Er hoffte nur, dass sie Kinder bekommen konnte, denn sein Herr brauchte einen Erben. Die Braut war zwar nicht mehr jung, aber sie war auch noch nicht zu alt, und sie hatte schon Kinder, so hatte man ihm jedenfalls erzählt. »Ich wünsche Euch ein langes Leben und viele Kinder«, sagte er galant lächelnd zu Jasmine.

»Was für ein schöner Wunsch, Alpin More!«, erwiderte Jasmine. »Ich möchte meinem Lord viele Söhne schenken, und möget Ihr auch für sie eines Tages spielen.«

Der Dudelsackpfeifer grinste breit, erfreut von ihren Worten, die er nach seiner Rückkehr auf Glenkirk allen wiederholen würde. Vielleicht trug sie ja bereits den Erben der Leslies in sich, wenn der Graf seine Frau nach Schottland brachte? Das würde sicher allen gefallen.

»Da ihr den Dudelsackpfeifer jetzt gehört habt«, sagte Skye leise zu dem Brautpaar, »wollt ihr die Halle wohl verlassen?«

»Aber Großmama, hast du nicht noch Tanz und andere Unterhaltungen geplant?«, fragte Jasmine überrascht.

»Mein liebstes Kind, willst du wirklich hierbleiben, wo dein Gatte solches Verlangen nach dir hat?«, meinte ihre Großmutter lachend. »Ich bin bestimmt heute Abend die Älteste hier, aber mein Gedächtnis ist noch intakt. Eine Hochzeitsnacht, ob es nun die erste oder die dritte ist – und ganz gleich, ob ihr Euch vorher schon geliebt habt –, ist immer noch eine wundervolle Nacht. Ich erinnere mich an all meine Hochzeitsnächte bis ins kleinste, köstliche Detail, sogar an die unglücklichen. Zwar ist es jetzt im Juni noch recht hell draußen, und die Nacht dauert nur kurz, aber möchtest du diese Zeit nicht lieber allein mit James Leslie verbringen? Wenn ich du wäre, täte ich es!«

Der Graf von Glenkirk erhob sich und zog seine Braut mit hoch. Er verbeugte sich vor der Gräfin von Lundy, ergriff ihre Hand und sagte: »Madame, Ihr seid eine überaus empfindsame Frau, ich verneige mich vor Euch!« Dann küsste er ihre Hand. »Ich freue mich, dass ich mich mit meiner Frau von diesem prächtigen Fest, das Ihr uns geschenkt habt, zurückziehen darf.« Er ließ ihre Hand los, verbeugte sich noch einmal und verließ dann mit seiner errötenden Braut im Schlepptau die Halle. Hinter ihnen brandeten die Jubelrufe seiner neuen Verwandten auf.

Skye sah ihnen nach. Ihre blauen Augen waren verschleiert, und ein nachdenkliches Lächeln lag auf ihren Lippen. Nun, alter Mann, bist du jetzt zufrieden?, dachte sie. Ich habe sie sicher mit Lord Leslie verheiratet, und nächstes Jahr um diese Zeit gibt es bestimmt einen neuen Abkömmling dieser Linie. Ach Gott, ich wünschte, du wärest noch hier bei mir, Adam! Es heißt, die Zeit lindert den Schmerz, aber wahrscheinlich vermisse ich dich heute Abend mehr als an dem Abend, an dem du mich so plötzlich verlassen hast. Und es dauert noch etwas, bis ich zu dir kommen kann, Adam. Ich spüre es, und ich weiß nicht, ob ich traurig oder glücklich darüber sein soll.«

Ein Arm legte sich ihr um die Schultern, und sie lächelte ihren gut aussehenden Sohn Robin an. Er beugte seinen Kopf herunter und küsste sie auf die Wange.

»Es würde ihm gefallen, Mama. Genau das wollte er für Jasmine«, sagte der Graf von Lynmouth. »Er wollte, dass sie in Sicherheit ist, und das ist sie jetzt.«

»Ich weiß«, antwortete sie.

»Aber?«, forschte er.

»Ich weiß nicht«, sagte sie leise. »Da ist irgendetwas. Ich spüre es, Robin. Doch ich weiß nicht was, und ich kann es mir auch nicht vorstellen.«

»Vielleicht bildest du es dir nur ein, Mama. Schließlich war es ein schwieriges Jahr für dich, angefangen mit Adams Tod, und dann deine Reisen nach Frankreich. Du bist schließlich nicht mehr die Jüngste.«

»Du klingst wie Willow«, warf sie ihm vor.

»Gott bewahre!«, rief der Graf von Lynmouth aus.

»Nein, Robin, irgendein Schatten lauert hinter Jasmine«, sagte Skye. »Und das sind nicht nur die Einbildungen einer alten Dame.«

»Wenn es denn so weit kommt, Mama, werden wir uns, wie wir es immer getan haben, alle zusammenschließen und das Problem lösen«, erwiderte Robin Southwood.

Skye lächelte ihren dritten Sohn an. »Ja, mein Lieber, das werden wir vermutlich. Bis dahin beabsichtige ich, den Sommer mit meiner Tochter und meiner Enkelin zu genießen. Und im Herbst werde ich genauso froh sein, wenn sie nach Schottland fahren, wie ich mich gefreut habe, als sie nach Queen’s Malvern gekommen sind«, schmunzelte sie. »Dann können Daisy und ich einen ruhigen Winter verbringen, was meiner alten Freundin gefallen wird. Ich war immer zu anstrengend für sie, Robin, und ich fürchte, sie ist mittlerweile zu alt, um mich zu ertragen.« Skye kicherte. »Schließlich ist sie näher an achtzig als ich.«

»Langeweile hat dir nie gefallen, Mama«, sagte Robin. »Du kommst bestimmt wieder in irgendeine missliche Lage, daran habe ich keinen Zweifel.«

Skye O’Malley de Marisco lachte über seine Bemerkung. »Ja«, stimmte sie ihm zu. »Das werde ich wahrscheinlich, Robin.«

Das Erbe der Skye O'Malley

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