Читать книгу Rosa-weiße Marshmallows - Bettina Ehrsam - Страница 11
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ОглавлениеAm nächsten Morgen hörte Lisa schon auf den Stufen zur Küche die Kinder lachen. Auch Agnes und Dave waren bereits am Frühstücken. Sie unterhielten sich über Felder oder Ferkel, sie konnte sie vom Flur aus nicht richtig verstehen. Nur Tom hörte sie nicht, doch der sprach nie viel. An der Wand neben der Tür hing der Kalender mit den Landschaftsbildern. Sie hob Blatt um Blatt. Der 14. Oktober war rot umkreist. Sie überschlug in ihrem Kopf, wie lange ihr noch blieb.
Die Tür wurde aufgerissen, und die Knaben stürmten an ihr vorbei durch die Diele.
„He, Roy, komm zurück!“, rief Lisa. Der Blondschopf verschwand in letzter Zeit immer auffallend schnell, sobald sie auftauchte, und war dann nicht mehr aufzufinden. Was gingen sie die Lesekünste des Jungen an? Doch er war ihr ans Herz gewachsen, und vielleicht konnte sie ihm ja helfen. „Du musst mir noch vorlesen“, rief sie ihm nach. Die Tür fiel laut krachend ins Schloss. Sie ging ins Kinderzimmer, achtete darauf, nicht auf einen Legostein zu treten, und schaute sich das dürftige Bücherregal an. Lisa nahm das Bilderbuch ‚Der Grüffelo‘ heraus und schlug es auf.
In der Geschichte ging es um eine kleine Maus und ihren Freund, den schrecklichen Grüffelo, den sie sich nur ausgedacht hat und der dann aber auf einmal wirklich auftaucht. Lisa mochte dieses Buch, klemmte es unter ihren Arm und ging zu den anderen in die Küche. Außer den Kindern saßen alle noch am Tisch. Sie legte das Kinderbuch hinter sich auf den Fenstersims, trank den Kaffee, den Agnes ihr eingeschenkt hatte, und aß dazu ihre Eier und den Toast. Keiner sprach mit ihr.
„Wo ist eigentlich BigWam? fragte Lisa. „Es ist schon ein paar Tage her, dass ich ihn gesehen habe.“
„Der kommt und geht, wie es ihm passt“, sagte Agnes und seufzte tief.
Lisa schaute zu Agnes, dann zu Dave und zu Tom. Keiner sagte mehr zum Thema, obwohl BigWams Kommen und Gehen Agnes ganz offensichtlich besorgte.
„Kann ich in nächster Zeit die Nachmittage frei haben? Ich will nach Lake Geneva“, sagte Lisa.
Dave schaute Agnes an und zuckte mit den Schultern. Tom trank seinen Kaffee, als würde es ihn nichts angehen, und Agnes schaute Lisa mit nachdenklichem Gesicht lange an.
„Natürlich kannst du nachmittags nach Lake Geneva. Du kannst auch eines der Autos nehmen, wenn keiner es braucht. Was willst du denn jeden Nachmittag dort machen?“, fragte Dave.
Agnes warf ihm einen schnellen Blick zu, sagte aber nichts.
„Ich wollte nur wissen, ob ihr mich am Nachmittag entbehren könnt.“
Dave nickte und brummelte eine Zusage, Tom stellte seine Tasse auf den Tisch und stand auf. Nur Agnes hätte gerne mehr erfahren, das konnte Lisa an ihrem neugierigen Blick erkennen. Aber sie fragte nicht, und Lisa erklärte nichts.
Beim Mittagessen sprachen Tom und Dave über Saatgut, Kevin schaute sich die Bilder auf seiner Kamera an und stieß einen Fluch aus, als ihm Suppe auf das Display tropfte. Roy schwieg und schaute in seinen Teller. Die Vitamintablette lag neben dem extra für ihn gekochten und mit fein gehacktem Gemüse vermischten Reis. Agnes hatte sich mit dem Kleinschneiden des Gemüses wirklich Mühe gegeben. Hinten auf der Fensterbank lag noch immer ‚Der Grüffelo‘. Roy hatte das Buch noch nicht gesehen, da war sich Lisa sicher. Sie schaute ihm zu, wie er den Löwen mit einem Glas Wasser hinunterspülte. Dann verteilte er den Reis im Teller und drückte ihn flach, fuhr mit der Gabel hindurch, als würde er Schnee räumen, und häufte das Essen am Tellerrand auf.
„Spiel nicht, iss endlich!“ Agnes’ Augen funkelten ihren Sohn an.
Roy schob sich lustlos ein paar Reiskörner in den Mund und rutschte gleichzeitig an den Rand der Bank. Er schob sich noch eine Gabel in den Mund und beobachtete seine Mutter. In dem Moment, als Agnes ihrem Mann ein zweites Mal Suppe schöpfte, stand der Junge blitzschnell auf, rannte durch die Gartentür hinaus und war verschwunden. Agnes stand auf und rief Roy mit drohender Stimme hinterher. Der Junge kam nicht. Sie rief ihn ein weiteres Mal, ging ein paar Schritte bis zur Hausecke und kam zurück. Sie schüttelte den Kopf.
„Lass nur“, sagte Dave. Er legte Agnes die Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. „Der verhungert schon nicht.“
„Das hat er noch nie gemacht“, meinte Agnes.
Er hat das Buch gesehen, dachte Lisa, sagte aber nichts. Ein letzter Versuch, versprach sie sich. Ein allerletzter Versuch, Roy zum Lesen zu bewegen. Dann würde sie das Kind in Ruhe lassen.
Die anderen waren aus der Küche verschwunden – zurückgeblieben waren nur die beiden Frauen, die nun den Abwasch machten. Gesprochen wurde wenig. Das Radio lief und spielte Hits aus den Achtzigern. Agnes drehte Lisa die ganze Zeit den Rücken zu. Lisa hatte den Eindruck, dass Agnes ihr auswich.
„Ich würde gerne mit Roy den ,Grüffelo‘ lesen. Denkst du, ich mute ihm damit zu viel zu?“, fragte Lisa und stellte die trockenen Teller in den Schrank.
„Ob du ihm mit einem Kinderbuch zu viel zumutest?“ Agnes’ Stimme klang höhnisch.
Was war denn bloß los mit ihr? Ohne den Blick von Agnes zu nehmen, hängte Lisa mit ungeschickten Fingern das Geschirrtuch an den Haken. Agnes stellte das Radio ab, und Lisa atmete insgeheim auf. Sie hatte dieses Lied schon immer gehasst.
„Du hast ihm erzählt, dass du dich töten wolltest.“ Der Hohn in ihrer Stimme war verschwunden.
Lisa bekam eine Gänsehaut. Mit zusammengepressten Lippen wartete sie auf Agnes’ Ausbruch.
„Warum denkst du wohl, haben wir den Kindern nichts gesagt?“, fragte Agnes gefährlich leise.
Lisas Magen zog sich zusammen. Die Luft wurde dick, und als ihr klar wurde, dass sie jetzt etwas sagen musste, war ihr Kopf leer. „Was?“, stotterte sie.
Agnes stützte die Arme in die Seiten und reckte ihren Hals. Die Finger wurden weiß, so sehr krallten sie sich an ihrer Taille fest. „Wie kannst du nur einem kleinen Jungen so was Schreckliches erzählen und von ihm verlangen, dass er’s für sich behält?“ Agnes holte zittrig Luft. „Er ist so zart und zerbrechlich.“
„Das weiß ich doch auch“, ging Lisa dazwischen. „Ich weiß das. Aber was hätte ich tun sollen? Er wollte sie unbedingt berühren, und anschließend wollte er wissen, warum ich solche Narben habe. Was hättest du gesagt? Hättest du ihn angelogen?“ Schweiß rann Lisa zwischen den Brüsten herunter.
„Warum wollte er deine Narben anfassen?“ Agnes schüttelte ungläubig den Kopf.
„Die Kinder hatten eine Wette am Laufen, wer als Erster meine Narben berührt.“
Jetzt war Agnes sprachlos. Lisa nutze diesen Moment und sprach mit einer etwas festeren Stimme weiter.
„Ich nahm ihm das Versprechen ab, dass er mir dafür regelmäßig vorliest, wenn ich es ihm verrate.“
Agnes zog einen der Stühle zu sich und setzte sich rittlings hin. Lange schaute sie Lisa an. „Er fragt mich dauernd, warum es Menschen gibt, die sich das Leben nehmen wollen. Er will wissen, wie man ihnen rechtzeitig helfen kann. Woher ich sicher sei, dass du dir nichts mehr antun würdest, und ob Tiere sich auch das Leben nehmen würden. Und wie Kühe sich das Leben nehmen würden, und wie es Hühner anstellen würden – und Rufus, könnte er sich mit der Kette erwürgen?“
„Ich spreche mit ihm“, sagte Lisa, und erst als Agnes nickte, verließ sie mit dem Bilderbuch unter dem Arm die Küche.
Sie traf zuerst auf Kevin. Er lag inmitten der Hühnerschar und ließ sich von ihnen in den Körper hacken. Die Tiere standen auf seinem Bauch und zogen ihn an den Haaren.
„Was machst du da?“ Lisa nahm den Kessel und ging zu ihm ins Gehege.
Sie hatte nicht mehr so viel Angst wie zu Beginn. Die Hühner kamen immer noch angerannt, sobald sie den Eimer erblickten. Doch Lisa hatte einen Trick: Wenn keiner hinsah, ließ sie zwei Handvoll Futter von außerhalb des Drahtgitters in die Ecke rieseln. Dann erst trat sie ins Gehege und warf das restliche Futter auf den Boden, holte die Schalen, leerte das Wasser vom Vortag aus, füllte die Gefäße neu und stellte sie wieder hin. Seit sie die Hühner allein fütterte, holte sie auch die Eier und brachte sie Agnes in die Küche.
Lisa warf die Körner in eine Ecke. Die Hühner flatterten von Kevin weg und rannten dem Futter hinterher, als hätten sie seit Wochen nichts mehr bekommen. Dabei hatte Lisa sie auch heute wie immer direkt nach dem Frühstück gefüttert. Da erst sah sie, dass Kevin mit seiner Kamera auf dem Boden lag. Er hatte Kratzspuren im Gesicht.
„Machst du Bilder, wie die Hennen dich killen?“, fragte sie. Kevin stand auf, und Lisa klopfte ihm das T-Shirt von hinten sauber. „Was machst du da?“
„Ich will an einem Wettbewerb mitmachen. Tierbilder ist das Thema“, erklärte er.
„Darf ich mal sehen?“
Kevin zeigte ihr die Bilder aus der Froschperspektive: eine ganze Speicherkarte voll von Hühnern mit riesengroßen Schnäbeln und hungrigen Augen.
„Das ist echt gruselig!“
„Mal was anderes.“ Kevin folgte ihr aus dem Gehege.
„Wie bist du auf diese Idee gekommen?“ Sie stellte den Kessel an seinen Platz und nahm das Kinderbuch.
„Das ist mein ,Grüffelo‘!“, rief Kevin. „Wer hat dir erlaubt, das Buch aus dem Zimmer zu holen?“
„Das wusste ich nicht. Ich dachte, es gehört euch beiden. Ich will mit Roy lesen.“
„Er hat eigene Bücher. Das ist meins!“ Kevin schob den Kiefer vor und wirkte genauso grimmig wie sein Onkel.
„Und wenn ich dir verspreche, dass du mich einen ganzen Tag lang fotografieren darfst?“
Kevins Augen leuchteten auf. „Und du machst, was ich will?“
„Ich bleib angezogen“, entgegnete sie streng und war sich nicht sicher, was genau sie glaubte, in Kevins Gesicht gesehen zu haben.
„Roy kann nicht lesen“, sagte Kevin. „Er kann das einfach nicht. Ich habe es mit ihm auch schon versucht.“
„Ja, ich denke, das wird schwierig. Weißt du, wo er ist?“
Kevin hob seine Kamera und machte ein Bild von ihr. „Er liegt unter seinem Bett.“
Lisa ging mit dem Buch an den Ort zurück, wo sie es entwendet hatte, und legte den ,Grüffelo‘ auf das untere Stockbett. Um nichts in der Welt würde Kevin seinen Bruder oben schlafen lassen, vermutete sie. Sie faltete die Pyjamas zusammen und legte sie unter die Kissen, schüttelte die Bettdecken auf, begann, die Legosteine zusammenzuräumen, summte dabei und schaute unter das Bett, als wäre es reiner Zufall.
„Du hast versprochen, mit mir zu lesen.“
Reglos lag Roy unter dem Lattenrost. Seine Augen waren rot umrandet, die Lippen fest verschlossen.
„So schlimm?“
Roy nickte.
„Das versteh’ ich gut. Manchmal ist etwas so schlimm, da möchte man mit niemandem darüber sprechen. Ich könnte nie mit jemandem über meine Narben sprechen. Nur mit dir. Kommst du mir zuliebe unter dem Bett vor?“
„Ich habe es Mom verraten“, sagte er leise und schob sich mit Händen und Füßen noch weiter unters Bett.
„Ja, ich weiß. Für ein Mal hast du Glück gehabt. Es ist nicht so schlimm. Sie hat es vor dir gewusst.“ Lisa streckte ihm die Hand entgegen. „Komm jetzt.“
„Ich dachte, du hättest nur mit mir über deine Narben gesprochen ...“, entgegnete Roy.
„Hab’ ich auch. Maude hat es deiner Mutter gesagt.“
„Dann hast du’s Maude gesagt?“ Roy kroch unter dem Bett hervor.
„Nein, habe ich nicht. Sie kennt mich schon sehr lange und weiß das auch so.“ Lisa lachte und strich ihm über seinen Kopf. Der Teppichboden hatte sein Haar aufgeladen. „Komm, wir lesen draußen unterm Baum.“ Lisa stand auf und zog Roy mit sich.
„Das gehört Kevin.“ Roy zeigte auf das Buch unter ihrem Arm. „Er will nicht, dass ich seine Sachen nehme. Wenn er’s merkt, schlägt er mich.“
„Keine Angst. Kevin weiß davon und ist einverstanden. Ist er viel stärker als du?“ Lisa ging mit Roy an der Hand durch den Flur zur Tür hinaus, und sie überquerten den Vorplatz. Rufus stand auf und begann zu knurren. Als er Roy sah, hörte er auf und schaute ihnen nach. Sie bog, Roy hinter sich herziehend, in Richtung Hühner ab.
„Manchmal spucke ich in sein Bett. Das werde ich ihm nie sagen. Erst, wenn ich größer und stärker bin als er. Dann sag’ ich’s ihm“, sagte Roy entschlossen.
Lisa begann zu lachen, und als sie beim Apfelbaum ankamen und sich daruntersetzten, lachte sie noch immer – und Roy lachte mit.
„Was ist denn so lustig“? Tom stand plötzlich bei ihnen.
„Tom, hat dich mein Dad verhauen, als ihr noch Kinder wart?“
„Ja, das hat er eine Zeit lang jeden Tag gemacht“, sagte Tom mit gerunzelter Stirn.
„Wann hast du dich mit Dad vertragen?“
„Irgendwann. Ich weiß es nicht mehr.“
Lisa fühlte Toms Blick auf sich ruhen. Sie zwang sich, nicht zu ihm hochzuschauen, schlug vermeintlich ruhig das Bilderbuch auf und begann zu lesen. Die Maus spazierte im Wald umher. Der Fuchs sah sie kommen und freute sich sehr. Sie las die beiden Zeilen in Gedanken immer wieder, und irgendwann hob sie doch den Kopf und blickte Tom direkt ins Gesicht. Er stand neben ihr, seine Hände steckten in den Gesäßtaschen. Das Haar war ihm ins Gesicht gefallen. Sein weicher Mund war einmal nicht zu einem hämischen Grinsen verzogen. Lisa konnte nicht anders, sie starrte auf diese weichen Lippen.
„Was liest du?“, fragte Tom mit einer Stimme, die ihr die Hitze in den Kopf trieb.
„,Der Grüffelo‘. Ich lese den ,Grüffelo‘“, antwortete Roy, der nicht bemerkte, dass Tom nicht mit ihm gesprochen hatte. „Und du musst gehen. Ich kann nicht lesen, wenn du dabei bist.“
„Wenn das so ist ...“ Tom hob zum Abschied seine Hand und ließ die beiden unter dem Baum zurück.
Lisa hätte ihm gerne gesagt, er solle bleiben und sich zu ihnen setzen. Sie schaute ihm nach, wie er mit seinen langen Schritten um die Hausecke bog und verschwand.
Roys Kinderstimme holte sie zurück.
„Wie viel muss ich lesen?“
„Alles. Ich kenne die Geschichte nicht.“ Lisa legte das Buch auf seinen Schoß. „Die ersten beiden Zeilen habe ich gelesen.“
Bis Roy Hallo kleine Maus, wohin geht die Reise? entzifferte, dauerte es eine halbe Ewigkeit. Er setzte Buchstaben für Buchstaben zusammen, machte mitten im Wort eine Pause und holte tief Luft, warf Lisa vereinzelte Blicke zu, verrutschte mit seinem Finger und wusste nicht mehr, wo im Text er war.
„Roy, du machst das gut. Du kennst ja alle Buchstaben“, sagte Lisa und zeigte ihm, wo er weiterlesen musste.
Der Knabe lächelte sie an. „Ich bin einfach nicht so schnell wie Kevin.“
„Wer sagt denn, dass du schnell lesen musst? Richtig musst du lesen. Und ich verspreche dir, wenn wir das regelmäßig tun, wirst du richtig gut darin. Wir könnten ein Buch von Geistern und Gespenstern oder ein Abenteuerbuch oder eines über Tiere kaufen. Das lesen wir. Nur du und ich. Wenn du Lust hast, liest du, noch bevor die Ferien ganz zu Ende sind, nach dem Essen den anderen daraus vor. Werden die große Augen machen, wenn du so gut lesen kannst“
Roy wischte über die fleckig-rot gewordenen Wangen. „Ich kann nicht lesen“, klagte er.
„Und was war dann das eben? Warst du nicht dabei, als du mir vorgelesen hast?“, fragte Lisa.
„Ich habe vergessen, was ich gelesen habe.“
„Mein erstes Buch war von Beatrix Potter. Die Geschichte von Schweinchen Softie. Und ich wusste auch nur, dass es um ein Schweinchen ging, weil auf dem Umschlag sein Bild zu sehen war. Du siehst, das ist ganz normal. Du brauchst nur etwas Übung, das ist alles.“
„Wirklich?“
„Ganz bestimmt“, versicherte sie ihm.
Roy las weiter, bis er nur noch Fehler machte. Dann las Lisa das Buch zu Ende, und sie unterhielten sich über die mutige Maus. Wie klug sie war, und dass Stärke zwar gut sei, aber dass derjenige, der was im Kopf habe, es erst richtig weit bringe.
„Toll wäre, wenn wir auch einen Grüffelo hätten“, sagte Roy.
„Warum brauchst du einen?“
„Wegen Bruce. Der ist sogar viel stärker als Kevin. Der kann Köpfe mit links zu Brei schlagen“, sagte Roy und schlug mit der Faust in seine Hand.
„Was würdest du denn mit einem Ungeheuer machen? Da hättest du doch selbst Angst“, lachte Lisa.
„Ich würde ihn anketten, und er würde mich und Kevin in die Schule begleiten.“
„Du hast doch bereits einen Grüffelo. Er liegt angekettet vor dem Haus.“
Roy blickte sie mit offenem Mund an. Dann stand er auf, wollte noch etwas sagen, entschied sich anders und rannte davon. „Kevin!“, schrie er, „Kevin!“
Und noch bevor Lisa etwas sagen konnte, war der Junge verschwunden. Sie blieb zurück, saß noch eine Weile unter dem Baum und las die Geschichte ein weiteres Mal. Sie schaute sich um, doch Tom tauchte nicht wieder auf.