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2 der Kelche

Liebe

Dieses Mal ziehe ich keine zweite Karte.

"Hast du schon einmal seine Kollegen oder Freunde getroffen?", fragte Vanessa, während wir über den Marienplatz Richtung Stachus schlenderten. Meine Freundin wollte einkaufen gehen. Anstatt die Luxusgeschäfte anzusteuern, wie ich es erwartet hätte, wollte sie außerdem in den New Yorker, zu Zarah und zu H&M.

Ich begleitete sie, fest entschlossen, kein Geld auszugeben. Das würde nicht einfach werden, aber mein Monatsbudget neigte sich seinem Ende zu. Außerdem hatte ich seit der Sache mit Susanna keine Tarotberatungen mehr durchgeführt. Was bedeutete, dass der nächste Monat finanziell gesehen nicht gut aussah.

"Nein, warum fragst du?"

"Ich finde es seltsam. Ihr seid immer nur zu zweit, geht kaum weg, wenn man von dem Date im Paulaner absieht."

"Na und? Wir sind noch nicht lange zusammen. Das ist am Anfang normal, erst einmal Zeit alleine zu verbringen und dann die jeweiligen Freunde zu treffen."

"Stimmt. Ich bin manchmal zu paranoid", sagte Vanessa und blieb abrupt vor einem Schaufenster stehen. "Diese Schuhe muss ich haben", sagte sie und deutete auf ein Paar, das mehr als fünfhundert Euro kostete. "Komm." Vanessa griff meinen Arm und zog mich hinter sich her.

Es dauerte gefühlte drei Jahre, bis wir den Laden wieder verließen. An Vanessas Handgelenk baumelte eine Hochglanztüte. Wobei "Tüte" nicht ganz der richtige Ausdruck für die schwarze Lacktasche war. Ich seufzte. Manchmal wünschte ich mir, viel Geld zu haben, vor allem wenn ich mit Vanessa shoppen ging.

Sechs Stunden später lag ich erschöpft auf meiner Couch. Meine Füße schmerzten nach dem Marathon durch die Münchner Innenstadt. Vanessa nahm ihre Shoppingtouren ernst. Ich war mir sicher, wir hatten jedes Geschäft betreten, das zwischen dem Marienplatz und dem Stachus lag.

Ich hätte aufstehen müssen, um zu duschen, denn Lex wollte bald kommen, aber ich fand nicht die Kraft dazu. Nur ein paar Minuten …

Ein Klingeln riss mich aus meinem Schlaf. Für einen Augenblick wusste ich nicht, wo ich mich befand, welcher Tag es war. Dann fiel es mir ein. Verdammt! Das musste Lex sein.

Ich sprang hoch und sprintete zur Tür. Im Flur wagte ich einen Blick in den Spiegel. Ein Fehler. Meine Haare waren auf einer Seite an den Kopf geklatscht. Auf der anderen hingen sie in wirren Locken, die aussahen, als wäre noch nie eine Bürste in ihre Nähe gekommen. Auf meiner Wange hatte sich das Muster des Sofabezuges eingeprägt.

"Bitte lieber Gott, lass es nicht Lex sein", murmelte ich. Ein Blick durch den Spion bewies, dass Gott wichtigere Dinge zu tun hatte. "Wer ist da?", fragte ich trotzdem.

"Ich bin's. Mach auf."

"Kannst du in ein paar Minuten wiederkommen?"

"Jana, was soll das? Lass mich rein."

"Ich sehe schrecklich aus."

"Das kann ich mir nicht vorstellen."

"Glaube mir."

"Bitte, Jana."

"Okay, aber du wirst schreiend davonlaufen."

Ich öffnete die Tür, senkte den Kopf, damit er meine Wange nicht sah, und trat einen Schritt zur Seite.

"Ich habe dich vermisst." Lex trat ein, hob mein Kinn mit seiner Hand und sah mir in die Augen. Dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. "Schönes Muster", meinte er.

"Ich sagte doch, ich sehe fürchterlich aus."

"Psst." Lex küsste mich auf die Wange. Dann arbeitete er sich zu meinem Mund vor. Es dauerte nicht lange und ich presste mich an die Wand, schlang meine Arme um ihn und zog seinen Kopf zu mir herunter.

"Wie wäre es, wenn wir das ins Wohnzimmer verlagern?"

"Gute Idee." Widerstrebend löste ich mich von ihm und ging voraus. "Vorher muss ich duschen. Ich war mit Vanessa einkaufen. Leistungssport ist nichts gegen eine Shoppingtour mit ihr."

"Gute Idee. Ich komme mit."

Es wurde eine ausgiebige Dusche. Als wir aus dem Badezimmer kamen, war meine Haut verschrumpelt und meine Haare hingen in wirren Strähnen um mein Gesicht. Heute war ein Tag, an dem ich definitiv nicht mein bestes Aussehen zeigte. Ich verschwand wieder in den mit Wasserdampf gefüllten Raum und versuchte mit dem Föhn und einer Haarbürste etwas hinzubekommen, das wie eine Frisur und nicht wie ein Wischmopp aussah.

"Wo warst du so lange?" Lex zog mich in eine Umarmung, als ich wieder zum Vorschein kam.

"Das weißt du doch. Ich habe versucht, mich in einen Menschen zu verwandeln, anstatt wie ein Zombie herumzulaufen, der in einen Sturm geraten ist."

"Du gefällst mir immer." Lex küsste mich hinter dem Ohrläppchen. Seine Lippen wanderten meinen Hals hinab. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus. Mein Körper drängte sich ganz von selbst an ihn.

"Lex?", fragte ich, entschlossen, mit ihm zu reden, solange ich noch einen klaren Gedanken fassen konnte.

"Hmmm?"

"Was ist mit uns?"

Lex hob den Kopf. Konnte er nicht weitermachen? Wir könnten reden und gleichzeitig … oder vielleicht auch nicht. Seit dem Gespräch mit Vanessa war mir die Frage nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Wir sahen uns jeden Tag, aber ich hatte noch nie jemanden getroffen, der mit Lex arbeitete oder mit ihm befreundet war. Wir gingen nie aus und er hatte es noch immer nicht geschafft, zu einer Verabredung mit Vanessa zu kommen.

"Was soll mit uns sein?" Lex zog mir den Bademantel von den Schultern. Ich legte meine Hand über seine, um ihn zu stoppen. Blöde Idee, rief eine Stimme in meinem Kopf, aber ich ignorierte sie. Mit einem Mal war nichts wichtiger, als herauszufinden, was er über uns dachte.

"Haben wir eine richtige Beziehung oder ist das für dich nur eine Affäre?"

Lex trat einen Schritt zurück. "Hast du den Eindruck, wir haben eine Affäre?"

"Nein, aber ich weiß nicht, ob du eine ernsthafte Beziehung möchtest oder nicht. Ich weiß, wir sehen uns jeden Tag. Aber ich habe noch nie deine Freunde getroffen und wir gehen nicht mehr zusammen aus. Vanessa hast du auch noch nicht kennengelernt. Irgendwie scheint immer etwas sehr Wichtiges dazwischen zu kommen."

"Wow! Augenblick." Lex hob abwehrend die Hände. "Ich bedaure es genauso wie du, dass es mit Vanessa noch nicht geklappt hat, aber in meinem Beruf habe ich keine regelmäßigen Arbeitszeiten. Das weißt du, ich habe daraus nie ein Geheimnis gemacht. Mist!" Er setzte sich und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Dann sah er auf. "Ich wollte nichts mit dir anfangen. Glaube mir. Am Anfang war ich entschlossen, dir auszuweichen."

In meinem Magen machte sich ein flaues Gefühl bereit. Ich hätte nicht fragen sollen. Er sieht aus, als wolle er Schluss machen. Wie von selbst tastete sich meine Intuition vor, wollte herausfinden, ob er wirklich das sagte, was er dachte.

"Bisher hat keine Beziehung meinen Job überlebt. Ich habe mir geschworen, von Frauen so lange fern zu bleiben, bis ich meine Arbeitszeiten im Griff habe. Bis ich einen Job habe, neben dem ich außerdem noch eine Beziehung führen kann. Aber dann kamst du."

Ich setzte mich neben ihn auf das Sofa. "Ist das gut?"

"Ich weiß es nicht. Sag du es mir. Bisher bedeutete eine solche Diskussion immer das Ende."

Ich holte tief Luft. "Mit deinen Arbeitszeiten kann ich leben. Auch damit, dass wir kaum ausgehen, oder du noch immer meine beste Freundin nicht kennst. Aber ich möchte wissen, wie ernst das Ganze für dich ist."

"Hast du das noch nicht begriffen?" Lex zog mich zu sich heran. "Ich bin in dich verliebt", flüsterte er in mein Ohr. "Egal was passiert. Vergiss nie, dass ich dich liebe."

Lügner küssen besser

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