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Graueneregende Tagträume

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Die Bilder, von denen ich hier berichte, sind ein wenig verschwommen, denn ich hole sie aus den Untiefen meines Gedächtnisses hervor, von dort, aus einem weit entlegenen Winkel meines Hirns, wo sie für mehrere Jahrzehnte tief vergraben waren. Es sind Kindheitserinnerungen, die es gar nicht geben sollte, jedenfalls nicht in dieser Charakteristik. Das Wort Erinnerungen trifft es nur halbrichtig, denn ich sehe Bilder und Szenarien von Ereignissen, die nie geschehen sind. Und trotzdem habe ich sie erlebt, in meiner Fantasie, die in meinem Fall, wie ich glaube, sehr, sehr ausgeprägt war. Einige waren harmlos, aber viele waren unheilvoll. Ich kann nicht genau sagen, wie alt ich war, als sich erstmals Bilder in meinem Kopf formten, die geeignet waren Furcht, Angst und Ekel bei Menschen hervorzurufen, aber ich glaube, dass ich noch nicht einmal 10 Jahre alt gewesen bin.

Die Bilder, die mich rückblickend glauben lassen, dass all die ›Perversionen‹, die in meinem Kopfkino immer und immer wieder ablaufen, und die ich immer und immer wieder versuche in die Realität umzusetzen, mir nicht erst als Erwachsener begegneten, sondern bereits als frühpubertierender Junge. Perversionen? Ja, heute, aber damals waren das keine Perversionen. Es waren unheilvolle eigenartige Sehnsüchte, die im Laufe der Zeit immer mehr Besitz von mir ergriffen. Niemand sonst wusste davon, und niemand sollte je Einblick in die Abgründe meiner Gedanken erlangen, denn wenn ich eine Kunst schon immer beherrschte, dann ist es die, Geheimnisse zu bewahren. Wenn mir auch sicher nicht bewusst war, wie sehr mein Gedankengut bei anderen Menschen auf Unverständnis stoßen konnte, so war mir doch irgendwie bereits als kleiner Junge klar, dass es Gedanken waren, über die man nicht sprach.

Zum ersten Mal in meinem Leben teile ich diese Erinnerungen, indem ich sie hier zu Papier bringe. Die Bilder, die ich sah, hatten oft etwas Apokalyptisches. Sie waren in keinerlei Handlung gebettet und suchten mich ohne jede Vorwarnung zu jeder Zeit heim. Neben den Bildern verspürte ich eine Reihe von Empfindungen. Ich erinnere mich an Angst, an Lust, an das Herzklopfen, wenn diese ungewöhnlichen Gedanken mein Hirn durchstreiften, an Aufregung und an einige andere, die ich damals nicht einordnen konnte. Jede dieser Empfindungen steckt bis heute in mir, und das ist umso erschreckender, als das eine davon Todessehnsucht war. Als Kind war diese Todessehnsucht nur ein Gefühl, und die Gedanken dazu beschränkten sich darauf, dass ich überlegte, wie ich mir das Leben nehmen konnte. Von Zeit zu Zeit hielt ich die Luft an. Der Plan war, das solange durchzuhalten, bis der Tod eintrat. Natürlich gelang das nie, denn mein Körper und meine Instinkte unterwarfen sich niemals meinen dunklen Fantasien. Trauer spielte ebenso wenig eine Rolle, wie ein Ereignis, dass diese Sehnsucht befeuerte. Ein solches Ereignis hat es nie gegeben. Die Frage nach dem ›Warum‹ stellte ich nie, jedenfalls nicht als Kind. Als Erwachsener, sehr viel später, gab es Situationen, die einen Freitod hätten rechtfertigen können, als Kind jedoch ging es für mich um nichts.

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Ich hänge an einer Art Schaukel. Das Brett, auf dem man normalerweise sitzt, ist durch eine Stange ersetzt. An dieser Stange hänge ich kopfüber. Meine Kniekehlen umschließen sie, und ich glaube, dass meine Hände links und rechts daran gefesselt sind. Es ist nicht dunkel, aber sehr zwielichtig. Es gibt keine Stille. Ein ständiges Brausen, wie von einem Orkan, erzeugt ein Gefühl von Monotonie in mir. Die vorherrschende Farbe ist rot. Blut? Falls ja, ist es meins? Ich kann mich nicht an Schmerzen erinnern, sehr wohl jedoch an das Verlangen nach ihnen. Die Stange hängt an Seilen, die im Nirgendwo enden, und es gibt keine Decke. Der Junge an der Stange bin ich. Ich sehne mich nach fühlbarem Schmerz und bin sehr aufgeregt, ja sogar freudig erregt. Das Licht in dieser Unendlichkeit wechselt ständig die Intensität. Wo bin ich? Das hier ist das Nirgendwo. Das Brausen wird immer lauter, aber das stört mich nicht. Ich glaube, dass ich geschlagen werde und sehe rote Flüssigkeiten aus aufgeplatzten Hautpartien fließen. Schmerz? Nein! Ich bin enttäuscht. Meine Haare hängen nach unten, und ich bin völlig verdreckt. Es geht mir gut, denn ich weiß, dass das hier nur ein Bild ist. Ich weigere mich die Fantasie zu verlassen, denn das Bild macht mir keine Angst. Ich mag es und fühle mich wohl. Mein Herz klopft. Irgendwo hier in diesem Nebel treibt ein Messer sein Unwesen, und ich glaube, dass es benutzt wurde. Blut tropft von seiner Schneide. Jemand wurde verletzt. Ich? Ich weiß es nicht. Es könnte sein. Ich muss das Bild verlassen, irgendetwas stört mich und entreißt mich diesem apokalyptischen Traum.

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Zu keiner Sekunde habe ich erkannt, dass diese Fantasien den Grundstein dessen bilden würden, was ich mehrere Jahrzehnte später trieb. Wie sollte ich auch? Ich war ein kleiner Junge, der diesen Dingen überhaupt keine Bedeutung zukommen ließ und litt nicht unter meinen Fantasien. Im Gegenteil. Sie lösten ein Wohlgefühl in mir aus, und natürlich konnte ich weder erkennen noch ahnen, dass ich sehr viel später darunter sehr zu leiden haben würde.

Mal waren diese Tagträume, es waren niemals nächtliche ›echte‹ Träume, sehr abstrakt, mal nahmen sie eine gewisse Gestalt an. Sie waren fast immer von extremer Gewalt geprägt. Es ging um das Erleben von Schmerzen, das Erleiden von Verletzungen und Verstümmelungen, manchmal auch um die Zerstörung von Körpern und damit um den Tod. Mal war es der eigene, mal waren es die Körper von anderen. Fast immer gab es sie, diese Menschen, die in meinen Träumen verbrannt oder in Stücke gerissen wurden. Fast immer handelte es sich um Gleichaltrige, somit also anfangs um Kinder.

Mir ist es sehr wichtig an dieser Stelle festzuhalten, dass ich das was ich träumte nicht als die Gewalt, die es war, erkannte.

Niemals hatte ich ein schlechtes Gewissen, und niemals hatte ich das Gefühl etwas wirklich Verbotenes zu tun. Das Gegenteil war der Fall. Ich unterschied in meinen Träumen nicht zwischen anderen und mir. Wir alle erlitten das Gleiche. Diese Tagträume verbanden sich immer mit der Aufregung, die ein Kind empfindet, wenn es heimlich im Schlafzimmerschrank der Eltern nach Weihnachtsgeschenken sucht. Sonderbarerweise war das sehr spannend und auf irgendeine Art und Weise eben doch verboten. Das Verbotene jedoch bestand nicht im Träumen, sondern darin, dass meine Wahrnehmung mir etwas Spannendes, etwas Aufregendes und später durchaus auch sowas wie eine sexuelle Empfindung darbot.

Meine Träume führten mich zum Teil an fiktive nichtexistierende Orte. Meist jedoch fand ich mich in einer mir bekannten realen Umgebung wieder. Ob die Teilnehmer eine Opfer- oder eine Täterrolle einnahmen, war von der persönlichen Beziehung zu mir oder Geschehnissen im echten Leben völlig unabhängig.

Gerne ließ ich mich in diesen Träumen von Freunden

oder Klassenkameraden, durchaus auch von Mädchen, quälen und am Ende auch umbringen. Ich tat dasselbe mit ihnen oder sah einfach nur zu, wie sie sich gegenseitig und untereinander verletzten. Die Geschehnisse zeichneten sich oft dadurch aus, dass die Dinge, die ich mit den Augen wahrnahm, sehr detailliert waren. Wenn ein Messer einen Unterarm aufschnitt, einen Finger abtrennte oder sich in ein Auge bohrte, war das ganz genau zu sehen. Woran ich mich nicht erinnern kann sind Schreie, die derlei gemarterte Menschen ganz sicher ausgestoßen hätten. Niemand schrie. Alle empfanden es immer wie ich als ein sehr erregendes Ereignis. Niemals unternahm jemand einen Fluchtversuch. Alle Probanden wollten es genauso, wie es stattfand.

Es ging nicht immer ausschließlich um Gewalt, sondern auch um das, was ich im zarten Alter eines Frühpubertierenden für ekelhaft hielt. Dazu gehörten in jedem Fall auch Mädchen, beziehungsweise der Teil der Mädchen, der sich von uns Jungen unterschied, aber natürlich auch genau dieser Teil von Jungen, der unter normalen Umständen unter der Kleidung verborgen blieb. Diesen Ekel galt es zu überwinden, und das taten wir, indem wir unsere kindlichen Körper verschüchtert aneinander kuschelten. Berührungen mit den Händen waren eher zufällig als gewollt. Trotzdem war das wahnsinnig aufregend. Diese Körperkontakte fanden zwischen Jungen und Jungen, wesentlich seltener aber auch zwischen Jungen und Mädchen statt. Meine Träume erklärten mir nie, warum das mit Mädchen sehr viel aufregender war. Vielleicht vermischte sich hier Reales mit Fiktion. Mädchen waren damals für mich unantastbar und darüber hinaus auch doof. Was ein Geschlechtsverkehr war, wusste ich ganz sicher nicht. Das ein Orgasmus das war, was ich empfand, wenn ich als kleiner Junge mit meinem Penis spielte, war mir nicht bewusst. Also hatten diese Dinge in meinen Träumen für mich keinerlei Bedeutung.

*****

So verabredete ich mit einem Mädchen, dessen Gesicht ich heute, mehrere Jahrzehnte später noch vor Augen habe, deren Namen ich jedoch nicht mehr weiß, dass wir Dinge tun würden, die ekelig waren. Vorsicht, es wird ziemlich schlimm, aber so war es nun mal.

Zunächst gab es nicht viel, was die kleinen Körper miteinander anstellen konnten. Wir begegneten ihnen, dem Alter entsprechend, völlig unvoreingenommen, denn wenn man sich nicht gerade ein Knie aufgeschlagen hatte, weil man beim Toben zu Boden gegangen war und deshalb wie am Spieß brüllte, spielte der eigene Körper im täglichen Leben eines Kindes doch kaum eine Rolle.

Wir unterschieden uns nur, aufgrund unserer Anatomie, die normalerweise in unseren Schlüpfern verborgen blieb. Und genau deshalb richtete sich unser Augenmerk explizit darauf. Wir begannen uns vorsichtig zu berühren. Das war nicht sonderlich schlimm, aber dann kosteten wir uns dort unten, und das war zunächst das Scheußlichste, was wir miteinander anstellen konnten.

Beachtenswert ist, dass das in diesem Augenblick nicht das Geringste mit Erotik zu tun hatte, denn was wir hier absolvierten, war wirklich ›nur‹ so eine Art Ekeltraining. Meine Erinnerung beschränkt sich diesbezüglich darauf, dass meine Zunge sie zwischen den Beinen berührte. Ob das umgekehrt auch stattgefunden hat, wage ich zu bezweifeln, denn es ging wirklich niemals um Zärtlichkeiten, sondern ausschließlich darum die eigenen Ekelbarrieren soweit aus dem Weg zu räumen, bis es irgendwann keinerlei Grenzen mehr gab.

Und so war es dann auch. Das vorsichtige Zungenspiel reichte irgendwann nicht mehr aus, und so begannen wir Körperflüssigkeiten auszutauschen. Es begann mit harmlosem Spucken und endete vorläufig damit, dass wir uns gegenseitig anpinkelten. Aber auch das war irgendwann nicht mehr schlimm, denn das Training machte sich langsam bezahlt. Wir begannen unseren Urin zu trinken. Anfangs füllten wir ihn in Gläser, später ließen wir den Umweg Glas einfach weg und verrichteten die Notdurft direkt dorthin, wo sie schlussendlich landen sollte, in den Mund des jeweiligen Gegenübers.

Irgendwann war auch das nicht mehr spannend, und folgerichtig gingen wir den letzten Schritt und richteten unser Augenmerk auf das, was unsere Körper noch zu bieten hatten, aber was dann geschah werde ich an dieser Stelle nicht beschreiben, denn obwohl ich selbst sehr freizügig mit gemeinhin als pervers verschrienen Praktiken umgehe, empfinde ich heute detaillierte Beschreibungen von Kindern, die mit ihren Exkrementen spielen als grenzüberschreitend.

*****

Träume dieser Art haben mein junges Leben über mehrere Jahre begleitet. Mit dem Heranrücken echter Erlebnisse eines Pubertierenden, die niemals auch nur im Ansatz etwas mit den Träumen meiner Kindheit zu tun hatten, verblassten sie langsam. Irgendwann vergaß ich sie einfach. Ich wuchs auf wie ein völlig normaler Junge, nein, ich war ein völlig normaler Junge.

Es vergingen einige Jahre, in denen ich mich an derlei Träume nicht erinnern kann. Sie müssen im Alter von Anfang bis Mitte zwanzig wiederaufgetaucht sein. Irgendwann rückten sie wieder in meinen Focus, ohne allerdings die Erinnerung an frühere Träume wieder aufleben zu lassen, jedenfalls nicht zu dieser Zeit.

Sie veränderten sich nicht grundsätzlich, allerdings verbanden sie sich nun durchaus mit meiner Sexualität, und ich empfand Lust. Auch der Schmerz anderer, war plötzlich interessant. Selbstredend war mir zu jedem Zeitpunkt bewusst, dass ich diese Bilder niemals in die Realität umsetzen würde. Ich war und bin weiß Gott nicht zimperlich, aber eine Fantasie, die mir als besonders abstrus in Erinnerung blieb, zeigt, wie ich den Penis eines mir fremden Mannes oral befriedige.

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Dieser Mensch ist an eine Art Andreaskreuz gefesselt. Ich bin mir sicher, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass es Menschen gibt, die ein Andreaskreuz in ihre erotischen Spiele einbauen. Aber ich denke über derlei Dinge nicht nach und nehme sie einfach als gegeben hin. Das Andreaskreuz befindet sich in einem Raum, den es nicht gibt und der nirgendwo ist. Ich kniee auf einem Boden, den es ebenfalls nicht gibt, allenthalben erinnere ich mich an eine wolkenartige Oberfläche, die eben deshalb keine Oberfläche ist und somit keinen Halt bieten kann. Und doch kniee ich vor ihm und bin völlig allein mit diesem Menschen.

Ich blase seinen Schwanz mit großer Leidenschaft, und der Mensch bringt seine Empfindungen durch laut vernehmbares Stöhnen zum Ausdruck. Offensichtlich mache ich das, was ich tue, sehr gut. Ich blicke nach oben, um in sein Gesicht zu sehen, aber so sehr ich mich auch darum bemühe, ich kann es nicht erkennen. Natürlich hat er Augen, Mund und Nase, doch ich nehme diese Details nicht wahr und bin einfach nicht in der Lage aus dem was ich sehe, ein normales menschliches Gesicht zu formen.

Also blase ich den Schwanz eines Gesichtslosen, und das mit noch mehr Hingabe als bisher. Das Stöhnen des Gesichtslosen wird lauter. Ich spüre das Pulsieren seines Geschlechtsorganes in meinem Mund und weiß, er wird jeden Augenblick zu einem Orgasmus kommen und halte nun inne. Ich ahne, dass mich ein Paar ungläubige Augen anstarren. Das Gesicht, das ich nicht erkennen kann, nimmt einen fragenden Ausdruck an. Erneut suche ich vergeblich nach seinen Augen und nehme seine Eichel behutsam wieder in den Mund. Sein Blick ruht auf mir. Eine Minute liebkose ich ihn noch mit den Lippen und meiner Zunge. Dann aber übertrage ich diese Aufgabe meinen Zähnen. Statt mit dem bisherigen Rein und Raus fortzufahren, verstärke ich ganz langsam den Druck meines Kiefers. Ich weiß, dass er mich nun zum zweiten Mal ungläubig anstarrt, doch sein Gesicht bleibt für mich noch immer unsichtbar.

Er schreit nicht, und er sagt nichts. Dafür beginnt er zu zittern. Von Sekunde zu Sekunde verstärke ich den Druck meiner Zähne. Das mag eine Minute dauern. Er schreit noch immer nicht, sein Körper allerdings krampft, und er wird derart geschüttelt, dass ich Mühe habe seinen Schwanz im Mund zu behalten. Wenn meine Zähne ihn nicht mit großer Kraft festhalten würden, würde er mir ganz sicher entgleiten.

Das aber passiert nicht. Ich wundere mich. Ich wundere mich darüber, dass er nicht schreit, und ich wundere mich darüber, dass dieser Schwanz noch immer hart und groß in meinem Mund pulsiert, ich wundere mich darüber, dass er noch immer nicht blutet, und am meisten wundere ich mich schlussendlich darüber, dass ich als inzwischen fanatischer Hetero, den Penis eines Mannes befriedige. Dann vernehme ich ein lautes platzendes Geräusch.

In dieser Sekunde schlagen meine Zähne zusammen, ohne jedoch die Eichel vollständig abzutrennen. Augenblicklich beginnt er zu kreischen. In meiner Fantasie ist das ein großartiger Moment. Nach wenigen Sekunden sind mein Gesicht und mein Körper von seinem Blut völlig besudelt. Ich nehme den Kopf ein Stück zurück, um mein Werk zu betrachten. Ich habe nicht einen Augenblick das Gefühl etwas Falsches zu tun und sehe nach oben in das für mich unsichtbare Gesicht. Es ist noch immer unsichtbar, und so bleiben mir nur seine Schreie, um mir eine Vorstellung von der Qual zu machen, die er nun empfindet.

Fast zärtlich umschließen meine Lippen seinen stark und pulsierend blutenden Schwanz. Dessen Eichel wird von nicht zerbissenen Adern und Hautresten gehalten. Seine Schwellkörper sind unter dem Druck meiner Zähne explodiert. Die Erektion ist vollständig verschwunden. Sein Schwanz hängt schlaff herunter, und die Eichel ist in einem seltsamen Winkel abgeknickt. Meine Lippen und meine Zunge liebkosen ihn so zärtlich, als sei nichts geschehen, als wäre mein größter Wunsch nun, ihm den Orgasmus zu bescheren, den er ganz sicher erwartet hat. Es ist ein sehr zärtlicher Moment, und dann beiße ich zu, reiße seine Eichel vollständig ab und spucke sie aus.

*****

Ich wurde Mitte der Sechzigerjahre als Jüngstes von drei Geschwistern in Bochum in Westfalen geboren. Es gab bereits einen älteren Bruder und eine ältere Schwester. Mein Vater war kaufmännischer Angestellter, meine Mutter, wie damals üblich, Hausfrau.

Wir alle wohnten im Haus meiner Großeltern. Es war ein großzügiges fast villaartiges Gebäude in einer für Bochum ziemlich exponierten Lage. Zeitweise lebten hier vier Generationen. Meine Eltern, ich und meine zwei Geschwister teilten uns die erste Etage mit Balkon. Das Dachgeschoss stand nach dem Tod meiner Urgroßmutter leer und wurde später im Wechsel vom Besuch meiner Großeltern und zeitweise auch von uns Geschwistern bewohnt. Immer wenn einer von uns das Bedürfnis hatte, sich eine Weile zurückzuziehen und ein paar Tage oder auch Wochen für sich zu sein, wurden einfach die Bettwäsche und ein paar andere wichtige Dinge nach oben gebracht, und schon hatte man seine Ruhe.

Ursprünglich lebten wir Kinder alle gemeinsam in einem Zimmer. Bis heute kann ich die Bilder dieser Zeit aus den verborgensten Windungen meines Gehirns freilegen. In meiner Erinnerung war alles gut, so wie es war, und ich empfinde meine früheste Kindheit als sehr behütet. Die Aufgabe unserer Erziehung teilten sich meine Mutter und meine Großmutter. Wie selbstverständlich gingen wir Kinder durch sämtliche Räumlichkeiten unseres Hauses. Obgleich meine Großeltern in einer für sich abgeschlossenen Wohnung lebten, stand deren Tür jedoch zu jeder Zeit für uns offen. Die ersten Jahre verliefen sicherlich ohne wesentliche Ereignisse, jedenfalls erinnere ich mich nicht an irgendwelche Besonderheiten. Meine Mutter erzählte mir später, dass ich ein ausgesprochen fröhliches Kind war, das sehr viel gelacht hat. Mit sechs Jahren wurde ich eingeschult, und damit begann für mich bereits der Ernst des Lebens.

Während die meisten Kinder zumindest anfangs gern zur Schule gingen, hasste ich sie bereits am ersten Tag. Schule war zu keinem Zeitpunkt meins. Noch weniger als den Schulbesuch mochte ich Hausaufgaben. Statt sie einfach zu erledigen, quälte ich mich schon als kleiner Junge damit, sie immer wieder zu unterbrechen und zwischendurch irgendwas anderes zu tun. So brauchte ich dafür, sechs Reihen kleine ›e’s‹ oder Ähnliches auf die damals übliche Schultafel zu schreiben, oftmals den ganzen Nachmittag. Das betrieb ich hartnäckig über mehrere Jahre so. Schon zu dieser Zeit hatte ich das Gefühl überhaupt keine Freizeit zu haben, und ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Mutter, in dem ich mich bitter darüber beklagte, dass die Schule mir jede Form der Erholung verwehrte. Schon damals wusste ich, dass nach der Schule irgendwann, in welcher Form auch immer, eine Arbeit auf mich warten würde. Ich erinnere mich darüber hinaus an eine Empfindung, die mich in diesem Zusammenhang überkam. Es war ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und damit verbunden auch ein Gefühl großer Trauer. Mein Leben war bereits beendet, so jedenfalls sah ich es.

In der Grundschule lernte ich Thomas kennen. Wir gingen für vier Jahre in dieselbe Klasse und freundeten uns an.

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